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Home Politik

„Der Kirchentag ist keine Inszenierungsbühne“

Petra Kappe Von Petra Kappe
19. Juni 2019
BVB-Fanwelt

Wo sonst die Fanwelt des BVB eine Heimat hat, ist jetzt die Pressestelle des Kirchentages zu Hause.

In Dortmund hat der Evangelische Kirchentag begonnen. Mehr als 100 000 Menschen werden an fünf Tagen zu 2300 Veranstaltungen erwartet. Die Dortmunder Messe hat sich rechtzeitig herausgeputzt, die City heißt die Gäste am Abend der Begegnung willkommen. Kirchen, Museen, Konzerthaus, Theater und U-Turm nehmen Veranstaltungen auf. Der Fußballclub BVB ist mit von der Partie. In seinem Stadion findet am Sonntag der Abschlussgottesdienst statt.

Bis dahin wird es fröhlich und nachdenklich, spirituell und kontrovers, lebhaft, bunt und engagiert politisch zugehen. 70 Jahre Kirchentag stehen für die großen gesellschaftlichen Debatten. Krieg und Frieden, Umwelt und Klima, Bildung, Arbeit und Digitalisierung, Rechtsextremismus und Gerechtigkeit in all ihren Facetten stehen auf dem Programm. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Bundeskanzlerin Angela Merkel, Außenminister Heiko Maas, Ministerpräsidenten, Oberbürgermeister und Friedensnobelpreisträger Denis Mukwege werden erwartet. Dazu Prominenz aus Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur. Die geplante Bibelarbeit der zurückgetretenen SPD-Vorsitzenden Andrea Nahles ist gestrichen.

Nicht auf den Podien vertreten sind Funktionäre der AfD. So hat es die protestantische Laienorganisation als Veranstalter entschieden und so verteidigt es der Kirchentagspräsident Hans Leyendecker, ein Journalist mit Dortmunder Wurzeln. Die AfD habe sich radikalisiert, sagt er, da müsse man eine rote Linie ziehen. „Das Wort von Herrn Gauland mit dem Vogelschiss in der deutschen Geschichte – das ist nicht irgendein Ausrutscher. Das ist so elementar. Das reißt uns wirklich den Boden weg“, wird Leyendecker zitiert. Man solle die Rechten nicht mit immer neuen Dialogangeboten hoffähig machen. „Der Kirchentag ist keine Inszenierungsbühne.“

Natürlich nutzt die AfD die Absage, um sich als Opfer von Ausgrenzung zu stilisieren, und auch innerhalb der evangelischen Kirche gibt es Kritik an dem Beschluss der Laienbewegung. Doch Leyendecker lässt sich nicht beirren. Im Interview mit dem Domradio nannte er die AfD „gewissermaßen eine Minderheit, eine Sekte, die sich immer wichtig macht.“ Er sehe „überhaupt keine Grundlage, um mit AfD-Politikern zu reden“. Wichtig sei, „dass wir ein Zeichen gegen Rassismus und Hetzer setzen und uns nicht selbst sozusagen einlullen lassen.“

In zahlreichen Veranstaltungen setzt sich der Kirchentag mit Rechtsextremismus und Rechtspopulismus auseinander. Den Kirchentags-Prinzipien getreu sind alle eingeladen, unabhängig von Religionszugehörigkeit, Weltanschauung, Herkunft und Alter. Zu einem Workshop ausdrücklich auch Anhänger der Rechtspopulisten, die zu ihren Erwartungen und Beweggründen befragt werden sollen.

Die großen Bühnen aber reserviert der Kirchentag für Menschen, die etwas zu sagen haben, wie Leyendecker es formuliert: „die etwas zu tun haben mit dem, was in dieser Welt wichtig ist: Dass man die Würde des Menschen sieht. Dass die Würde des Menschen im Alltag gilt. Dass man sieht, dass man für die Schwachen eintreten muss. Dass die Bewahrung der Schöpfung eine Formel war und wir jetzt endlich ernst machen müssen, wenn wir die Welt noch retten wollen und den Kindern keine zerstörte Welt übergeben wollen.“

„Was ist noch konservativ? Was ist schon rechtspopulistisch?“, heißt eine Podiumsdiskussion mit dem Historiker Andreas Rödder, den Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann und Markus Söder. Das Theaterstück „Auch Deutsche unter den Opfern“ setzt sich kritisch mit der Aufarbeitung der NSU-Morde auseinander. Das Stück erhält durch den Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke zusätzlich brennende Aktualität, ebenso wie die Diskussion zur Geschichte und Aktualität des Rechtsterrorismus in Deutschland.

Mit Leoluca Orlando, dem Bürgermeister von Palermo, setzt der Kirchentag ein Zeichen für die Seenotrettung an den Grenzen Europas. An der Debatte nehmen u. a. der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Heinrich Bedford-Strohm, die Kapitänin der Sea-Watch, Carola Rackete, die westfälische Präses Annette Kurschus, der Düsseldorfer OB Thomas Geisel und Lisa Pflaum von der Seebrücke teil. Ein sinnvoller Beitrag von Rechtspopulisten wäre da nicht zu erwarten. Ein Zuhören aber, Einsicht und Umkehr wären wünschenswert. Zuversicht und Ermutigung zeichnen die Kirchentage aus. Die Losung in diesem Jahr lautet „Was für ein Vertrauen“.

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Tags: DortmundEvangelischer KirchentagKirchentagRechtsextremismusRechtspopulismusReligionThemenToleranzVerständigung
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