Es war am 21. März 2001. Von einer Agenda 2010 war noch nicht die Rede. Die damalige Bundesregierung beredete mit den Sozialpartnern in einem Bündnis für Arbeit Gegenwarts- und Zukunftsfragen. Kanzler Schröder nannte am 21. März 2001 auf der CEBIT Greencards eine wichtige Leitlinie seiner Politik. Er mahnte aber auch: Die Greencard dürfe nicht als Ausrede dienen, um daheim mit der Qualifizierung nachzulassen.
Viele hatten damals genau zugehört, zumal die Greencard heftig umstritten war. Der CDU- Spitzenkandidat in Nordrhein-Westfalen hatte gefordert, die Kinder an die Computer zu bringen statt Hindus nach Deutschland zu holen. Zugespitzt: Kinder statt Inder. Einer hatte damals besonders gut zugehört: der seit vier Jahren amtierende Präsident der privaten Pflegeanbieter in Deutschland, Bernd Meurer. Er warnte an diesem Tag in diesem Zusammenhang nachdrücklich vor einem kommenden Personalmangel im Bereich der Altenpflege. Damals wurde seine Warnung wenig beachtet beziehungsweise ignoriert. Das ist 18 Jahre her.
Damals steckte die Altenpflege in mancher Hinsicht noch in den Kinderschuhen. Als Zweig der Sozialversicherung war sie eben sieben Jahre alt geworden. Es war Gründerzeit für Pflegebetriebe. Die Pflegewissenschaft bestand aus Wünschen. Die Pflegepraxis lehnte sich nach dem Willen der Versicherungen an den Taylorismus an, maß Leistungen nicht am Bedarf, sondern sie legte Leistung an mit der Stoppuhr gemessenen Zeiten fest. Es hatte aber auch eine Zeit begonnen, die Pflege nicht für Betuchte reservierte, sondern die Pflege für alle möglich machte.
Ein Grundproblem, die Personalknappheit ist freilich nicht gelöst worden. Im Gegenteil. Das Zentrum für Qualität in der Pflege (ZQP) legte dieser Tage repräsentative Zahlen vor: 80 Prozent der ambulanten Pflegebetriebe hätten in den letzten drei Monaten Versorgungs-Anfragen ablehnen müssen, weil sie die Pflege nicht hätten sicherstellen können. Nach Angaben von ZQP haben 13 Prozent erklärt, sie hätten ambulant zu pflegenden Menschen gar gekündigt, weil sie die Vertragsbedingungen nicht mehr erfüllen konnten.
Daher düst der Bundesgesundheitsminister um die Welt, um in fremden Ländern fachlich geschultes Personal anzuwerben. Aber auch das funktioniert nur eingeschränkt. Die Bundesregierung räumte auf Fragen der Linken-Parlamentarierin Filiz Polat ein, dass es in den Staaten des Westbalkan bis zu einem Jahr dauere, einen Termin in diplomatischen Vertretungen der Bundesrepublik zu bekommen, um einen Visum-Antrag zu stellen. Dabei sind im laufenden Jahr schon über 18000 Visaanträge gestellt und rund 14000 positiv beschieden worden. Es könnten also sehr viel mehr sein.
Vielleicht muss man es machen, wie die Hansestadt Hamburg: Alle Akteure zusammenbringen – Gesundheitsbehörde, Schulbehörde, Alten-Pflegeeinrichtungen sowie Krankenhäuser und eine gemeinsame Kampagne auf die Beine bringen. Allerdings bei 80 000 nicht besetzten Arbeitsplätzen ist das auch kein Allheilmittel.
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