Zu erwarten war es, und trotzdem hoffte man doch noch darauf, dass sich die Spitzengenoss*innen Nahles und Scholz einen Rest an Vernunft bewahrt hätten. Aber nein: Der mit Abstand populärste Politiker der krisengeschüttelten Unter-20-Prozent-SPD darf nicht mehr ins neue GroKo-Kabinett. Kleinkarierte Rachsucht siegt über Chancenoptimierung.
Geschenkt: Gabriel gilt als sprunghaft, und er war es wohl auch. Er feuerte Querschüsse ab und soll weiland als SPD-Chef die damalige Generalsekretärin Nahles mitunter schlecht behandelt haben. Dass die davor mit ihrem unbändigen Ehrgeiz den beliebten Parteivorsitzenden Müntefering in den Rücktritt getrieben hatte, scheint hingegen vergessen und vergeben zu sein.
Und dem enervierend trockenen Olaf Scholz, bei dem sich der Spitzname „Scholzomat“ regelrecht aufdrängte, dürfte der Temperamts-Bolzen Gabriel kräftig auf die Nerven gehen. Das aber muss nicht gegen Gabriel sprechen.
Andrea Nahles, die unter anderem mit dem Absingen von Kinderliedern im Bundestag und mit heiserer Parteitagsbrüllerei aufgefallen ist, wird niemals das Charisma aufbieten, das Sigmar Gabriel im kleinen Finger hat. Und der Politlangweiler Olaf Scholz erst recht nicht.
Und trotzdem darf der erfolgreiche Außenminister und bei den Wähler beliebteste Genosse nicht weitermachen.
Die SPD ist nach allen Umfragen so tief gefallen wie nie zuvor in ihrer Geschichte. Es wäre die vornehmste Pflicht derer, die in der Partei jetzt das Sagen haben, sämtliche Restchancen zu nutzen und zu optimieren, soll ein Aufstieg überhaupt noch gelingen. Eine ganz große Chance verkörperte jetzt noch Sigmar Gabriel. So muss man die Entscheidung von Scholz und Nahles gegen Gabriel als parteischädigendes Verhalten werten. Aber vielleicht ist der Abstieg der SPD inzwischen so unaufhaltsam, dass das auch nicht mehr ins Gewicht fällt.
Siehe hierzu auch den Gastkommentar von Lutz Mahlerwein: Zu wenig hingelangt!
Bildquelle: flickr, Raul Mee (EU2017EE), CC BY 2.0
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