EU

Im Morgengrauen rettet die EU ihre eigene Zukunft

Der Europäische Rat liebt die Einigung im Morgengrauen. Nach zähen und zermürbenden Verhandlungen in den frühen Stunden des anbrechenden Tages endlich erleichtert die Verständigung aller Staats- und Regierungschefs zu verkünden, hat eine gewisse Tradition. Die Symbolik diesmal hat eine besondere Kraft. Die Europäische Union bewährt sich als Solidargemeinschaft, bewahrt sich ihre Handlungsfähigkeit, kurz gesagt: sie hat eine Zukunft.

Ein Scheitern dieses Gipfels hätte den Anfang vom Ende bedeutet. Niemand braucht eine EU, die sich in der schwersten Krise wegduckt und ihre Mitglieder sich selbst überlässt. Zusammenhalt ist das Gebot der Stunde. Solidarität weist den Weg in die Zukunft. Europa wagt neue Wege. Der Marathon-Gipfel ist ein historisches Ereignis und das beileibe nicht nur aufgrund seiner Dauer.

Im Detail bleiben Ärgernisse und Fragwürdigkeiten. Das Europäische Parlament wird den Finger in die Wunden legen, ehe es dem Kompromiss seinen Segen gibt. Der Wiederaufbaufonds bleibt bei dem vorgeschlagenen 750-Milliarden-Volumen, allerdings verschieben sich die Anteile von den Zuschüssen zu den Krediten. Das haben die so genannten „sparsamen Vier“ durchgesetzt, die Niederlande, Österreich, Schweden, Dänemark und Finnland.

Eigentlich sind es also Fünf, und gemessen an ihrem Wortführer, dem niederländischen Premier Mark Rutte, ist ihr Kernanliegen nicht Sparsamkeit, jedenfalls nicht mehr als bei den anderen. Ihre Triebfeder ist der nationale Egoismus. Und auch das haben nicht nur die Fünf gemeinsam. Der Zwang zur Einstimmigkeit fordert die 27 Regierungschefs geradezu heraus, sich ihre Zustimmung durch Zugeständnisse vergolden zu lassen.

Bei den Haushaltsverhandlungen ist das seit jeher gängige Praxis. Dieses Mal noch um die Dimension der Rechtsstaatlichkeit erweitert. Nettozahlerrabatte, Zolleinnahmen und die Aussicht auf vielerlei finanzielle Vorteile sind der Preis für die Einigung. Bei Nachsicht gegenüber Ungarn und Polen jedoch, deren nationalistische Regierungen gegen die gemeinsamen europäischen Werte agieren, ist höchste Wachsamkeit geboten. Die laufenden Vertragsverletzungsverfahren dürfen nicht verwässert werden.

Europa darf nicht eigene Feinde im Innern nähren. Und es muss die Zukunftsaufgaben entschlossen angehen. Kürzungen in den Bereichen Klimaschutz und Forschungsförderung sind angesichts der Herausforderungen jenseits des Corona-Wiederaufbaus schlicht falsch. Der „Green Deal“ von Kommissionschefin Ursula von der Leyen, den die Konservativen im Europaparlament reflexhaft attackierten, kaum dass die Corona-Pandemie ihnen einen willkommenen Anlass bot, bleibt eine richtungsweisende Perspektive.

Bildquelle: Pixabay, Bild von Mediamodifier, Pixabay License

 


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Die promovierte Medienwissenschaftlerin arbeitete mehr als 20 Jahre in der Politikredaktion der Westfälischen Rundschau. Recherchereisen führten sie u. a. nach Ghana, Benin, Bosnien-Herzegowina, Kroatien, China, Ukraine, Belarus, Israel und in das Westjordanland. Sie berichtete über Gipfeltreffen des Europäischen Rates, Parteitage, EKD-Synoden, Kirchentage und Kongresse. Parallel nahm sie Lehraufträge am Institut für Journalistik der TU Dortmund sowie am Erich-Brost-Institut für Internationalen Journalismus in Dortmund wahr. Derzeit arbeitet sie als freie Journalistin.


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