Nein, das war kein Ruhmesblatt für die postfaschistischen Deutschländer DDR und BRD als es nach ihrem Gründungsjahr 1949, erst BRD und dann DDR, auch um die Aufarbeitung der NS-Zeit hätte gehen können. Für die DDR war es ganz einfach: Altnazis gab es für das „antifaschistische sozialistische Bruderland DDR“ nur in der BRD, womit klar war, dass die braunen Eliten angeblich nur im Westen zu finden waren.
Prominentes Beispiel dort war Hans Josef Maria Globcke, im NS-Staat Mitverfasser und Kommentator der Nürnberger Rassegesetze und verantwortlich für die judenfeindlichen Namensänderungen. Globke war ein Jahrzehnt, von 1953 bis 1963 Chef des Bundeskanzleramtes in Bonn, und engster Mitarbeiter von Kanzler Konrad Adenauer. Ehemalige Nazis waren nach ihrem vom Bundestag aufgehobenen Berufsverbot seit 1952 wieder als Beamte übernommen worden und machten es der DDR leicht, die Bundesrepublik propagandistisch als Hitlers Nachfolgestaat abzubilden.
Der Bruch zwischen den ehemaligen Bündnispartnern im Zweiten Weltkrieg und der Versuch Moskaus, mit einer aggressiven Außenpolitik die Herrschaft auch über Westeuropa zu erlangen, tat ein Übriges, die Spaltung Deutschlands und Europas zu vertiefen und eine antikommunistische Allianz zu schmieden, in deren Verlauf in der BRD in den 50er Jahren und danach jedes Interesse zur Bearbeitung der Barbarei der Nazi-Zeit als Nestbeschmutzung denunziert und zurückgewiesen wurde.
Erst in den 60er und 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts, vor allem aber nach der Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten in den 90er Jahren wuchs das Interesse an einer Aufarbeitung des Jahrhundertverbrechens des Nationalsozialismus. Zumal zeitgleich, und mit der wachsender Zahl von Kriegsflüchtlingen und Migranten aus dem Nahen Osten, erkennbar wurde, dass in Teilen der Zivilgesellschaft, in Anlehnung an den Rassenwahn der Nazis, sich rechtsradikaler Widerstand gegen eine humane Flüchtlingspolitik entwickelte, den selbst Bundesinnenminister Seehofer und die Sicherheitsbehörden wie das Bundesamt für Verfassungsschutz und die Bundespolizei veranlassten, den Rechtsterrorismus als die derzeit größte Gefahr für Demokratie und Rechtstaat in Deutschland anzusehen.
Vor diesem Hintergrund ist die Forderung mehr als verständlich und geradezu überfällig, den Begriff der „Rasse“ wie von SPD, Grüne, Linke und FDP gefordert, aber von Teilen der CDU zurückgewiesen, im Grundgesetz zu streichen. Dass die AfD vehement dagegensteht, war zu erwarten. Hier geht es wesentlich um eine Änderung von Artikel 3 GG, in dem es heißt:
„Niemand darf wegen seines Geschlechts, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden“.
„Rasse“ ist nur ein soziales Konzept, ohne jede genetische Grundlage, die als Begriff und Entwicklung von Rassentheorien, die mit dem Kolonialismus und Sklavenhandel und die Eroberung Amerikas seit dem 15./16. Jahrhundert einher gingen. Artikel 3 GG ließe sich allein durch die Streichung „Rasse“ verbessern und jedes Missverständnis vermeiden. Alles, was dabei zu beachten ist, fängt ohnehin der Artikel 1 GG auf, in dem es heißt: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu schützen und zu achten ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt“.
Gerade weil sich derzeit rassistische und antisemitische Äußerungen wieder häufen und sich im Netz Hass und Menschenfeindlichkeit austoben, könnte eine Debatte helfen, die von den Müttern und Vätern des Grundgesetzes als Wegweiser des „Nie Wieder“ aufgeschrieben wurden.
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'„Rasse“ aus dem Grundgesetz streichen ist überfällig – die Debatte auch' hat einen Kommentar
20. Juni 2020 @ 12:38 Liman Matthias
Nazis überleben in der DDR
In der SED und in der speziell für gegründeten NDPD
http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_ehemaliger_NSDAP-Mitglieder,_die_nach_Mai_1945_politisch_t%C3%A4tig_waren#Sowjetische_Besatzungszone_und_Deutsche_Demokratische_Republik