Im Austeilen ist US-Präsident Donald Trump nicht zimperlich, im Einstecken allerdings eine Mimose. Er keift und keilt, droht und beleidigt, prügelt mit Worten auf seine engsten Verbündeten ein, und wenn ihm Demonstranten auf dem Trafalgar Square in London mit einem Luftballon zu verstehen geben, was sie von ihm halten, ist er eingeschnappt. Sehr, sehr gemein.
Gerade so, als wäre es eine Majestätsbeleidigung, gegen den in seiner grandiosen Selbstüberschätzung Allergrößten und Allerbesten aller Zeiten zu demonstrieren. Sehr, sehr böse. Das ist symptomatisch für Trump, der mit den Errungenschaften der Aufklärung und den bürgerlichen Freiheitsrechten auf Kriegsfuß steht, und auch mit den gemeinsamen Werten der westlichen Welt.
Wie kein anderer US-Präsident vor ihm, hinterlässt Trump auf seiner Europa-Reise so viel Zerrüttung unter Freunden, dass es im fernen Washington Fremdschämen bewirkt. Sehr, sehr peinlich. Nicht nur die oppositionellen Demokraten, sondern auch die eigenen Republikaner distanzieren sich scharf von den Attacken gegen Deutschland, Europa und die Nato. Trump ist nicht Amerika, und er ist nicht der Zucht- und Lehrmeister, als der er sich überall aufspielt.
Die britische Premierministerin Theresa May, die mit ihrem Plan für einen sanften Brexit in der eigenen Partei unter erheblichem Druck steht, habe nicht auf ihn gehört, sagte Trump einem Boulevardblatt auf der Insel. Sehr, sehr dumm. Und wer nicht hören will, muss fühlen. Nach dieser Devise zeigt er nun Großbritannien die kalte Schulter. Trump wäre ein brachialer Brexit lieber gewesen und in der Folge eine Schwächung der EU, wenn nicht ihr Scheitern. Sehr, sehr schade.
Nun wendet er sich dem russischen Präsidenten Vladimir Putin zu, den er zu einem ersten Gipfel in Helsinki trifft. Die finnische Hauptstadt steht seit den 1970er Jahren für eine Wende zum Besseren in Europa. Die „Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa“ ebnete den Weg zur Überwindung des Kalten Krieges und legte das Fundament zur deutschen und europäischen Einigung.
Könnte doch nur dieser Geist von Helsinki wieder belebt werden!, möchte man vor dem Treffen der beiden Kraftprotze ausrufen, und auch nach dem schauderhaften Gipfel der Nato. Seit Trump in den USA das Sagen hat, geht es in dem Bündnis nur noch um weitere Milliarden für die Aufrüstung. Dabei werden weltweit schon Jahr für Jahr neue Rekorde bei den Rüstungsausgaben erzielt.
Bedauerlicherweise machen alle Nato-Mitglieder brav ihren Diener dazu und bekräftigen das Zwei-Prozent-Ziel, dabei klaffen doch die Auffassungen von und die Interessen an dem gemeinsamen Militärbündnis erkennbar weit auseinander. Europa, nicht Amerika, bekommt unmittelbar die Folgen der völkerrechtswidrigen Militärschläge zu spüren, die Washington im Nahen Osten führt. Europa, nicht Amerika, trägt die Lasten von Flucht und Vertreibung, zunehmend auch die von Erderwärmung und Klimawandel.
Welch ein Hohn, wenn ausgerechnet Trump mehr Solidarität einfordert. Der Mann, der im Alleingang das Atomabkommen mit dem Iran aufkündigt, den Klimavertrag von Paris torpediert, der reihenweise Organisationen der Vereinten Nationen verlässt und mit den Zahlungen an die Weltgemeinschaft notorisch säumig ist, weiß offensichtlich nicht, was das Wort Solidarität bedeutet. Für ihn heißt es „Amerika zuerst“. Daraus sollten seine Verbündeten ihre Schlüsse ziehen. Sehr, sehr wichtig.
Bildquelle: By DonkeyHotey (Donald Trump – The Celebrity Candidate) CC BY-SA 2.0, via Wikimedia Commons
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