Ich habe einen Traum oder richtiger: gleich zwei Träume. Der erste betrifft die SPD, der zweite die CDU. Gingen beide in Erfüllung könnte unsere ach so labile Demokratie einen richtigen Schub nach vorne und gegen die rechtsradikale AfD erfahren.
Jetzt steht fest: Die wahrscheinlich beliebteste und faszinierendste Figur der SPD, Familienministerin Franziska Giffey darf ihren Doktor behalten. Da träumte mir, die SPD spulte die Entwicklung noch mal zurück; all die wenig bekannten oder wenig beliebten Kandidatenpärchen für den Parteivorsitz stellten ihre Ambitionen hintan und machten der Frau Platz, die sie allesamt in den Schatten stellt: Franziska Giffey mit ihrer Empathie, ansteckenden Fröhlichkeit, Popularität, ihrem Charm und Charisma stellte sich an die Spitze der SPD. Sie wäre der perfekte Gegenentwurf zur verkrampften, pannenbehafteten CDU-Vorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer. Juchuh, was würde das im nächsten Wahlkampf für ein Duell, gleichgültig wie lange die Groko noch hält. Das alberne Modell der Doppelspitze, billige Kopie der Grünen, mit dem sich die Genossen in ihrer Hilflosigkeit wohl auch die Kopie grüner Erfolge erhoffen, könnte mit den Kandidaturen der anderen gleich mit beerdigt werden.
Ich träume weiter: Franziska Giffey würde in Wählerschichten vorstoßen, die für die SPD seit Jahren unerreichbar geworden sind, könnte sie zurückgewinnen.
Leider nur ein Traum. So wird die SPD demnächst von einem Norbert Walter Borjans und einer Saskia Esken geführt, gewiss zwei nette Menschen, die aber relativ unbekannt sind und deshalb wenig Zugkraft haben, oder von Klara Geywitz und Olaf Scholz. Ausgerechnet Olaf Scholz. Hatte der nicht zusammen mit dem Hartz-IV-und-Agenda-Kanzler Gerhard Schröder den verhängnisvollen Abbau sozialdemokratischer Sozial-Kompetenz betrieben, womit das Elend der SPD seinen Anfang nahm?
Und jetzt mein Traum zur CDU: Die gibt in Respekt vor dem Wählerwillen und im Interesse unserer gefährdeten Demokratie endlich ihre Weigerung auf, mit dem eindeutigen Wahlsieger von Thüringen, dem linken Ministerpräsidenten Bodo Ramelow irgendwie zusammenzuarbeiten. Und das tut sie in christlicher Demut eingedenk ihrer eigenen politisch-moralischen Sünden. Denn es ist schon eine Schande, mit welcher Verlogenheit die CDU der Linkspartei die unrühmliche Vergangenheit der DDR von vor über 30 Jahren vorhält. Diese Christdemokraten, die ganz unchristlich niemals vergeben wollen, vergessen darüber ihre eigene Geschichte. Wieviel hohe Kader des DDR-Unrechtsregimes hatten sie nach der Wende aufgenommen, weil es ihnen zum Vorteil gereichte? Aber noch schlimmer: Wieviel Nazis zu Zeiten des legendären CDU-Kanzlers Konrad Adenauer wurden an die Schalthebel der Macht in der jungen Bundesrepublik gesetzt?
Und es dauerte keine 30 Jahre wie jetzt nach dem Zusammenbruch der DDR, sondern nur 21 Jahre nach dem Ende der Hitler-Diktatur, dass der CDU-Politiker Hans Karl Filbinger 1966 Ministerpräsident von Baden-Württemberg wurde. Filbinger, den der Dramatiker Rolf Hochhuth einen „furchtbaren Juristen“ nannte, weil er im Dritten Reich noch bis kurz vor Ende des zweiten Weltkrieges als Militärrichter vier Todesurteile beantragt oder gefällt hatte. Filbinger, dem der ungeheuerliche Satz als Rechtfertigungs-Versuch zugeschrieben wird: „Was damals rechtens war, kann heute nicht Unrecht sein.“ Woher, bitte schön, nimmt diese CDU mit dieser Vergangenheit ihre moralische Legitimation, dem demokratisch gewählten Demokraten Bodo Ramelow jegliche Kooperation zu verweigern ? Wie perfide, dass sie eher die Unregierbarkeit eines Bundeslandes in Kauf nimmt, womit unser demokratisches Parteien-System weiter in Misskredit geriete, was der AfD des Faschisten Björn Höcke weiteren Auftrieb geben würde. Die CDU letztlich also als Wahlkampfhelferin für die Rechtsausleger-Partei AfD. Das wäre dann ein Albtraum, und ausgerechnet der ist real.
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Lieber Herr Lütgert, ich stimme Ihnen zu. Aber nach dem ganzen Vorlauf kann Frau Giffey jetzt nicht mehr in das Wahlverfahren eingeschleust werden. Sie müsste sich um den Bürgermeisterposten in Berlin bewerben. Freundliche Grüße H.P.Opitz