Wladimir Putin schwelgt im Hochgefühl des Glücks. Als Gastgeber der Fußballweltmeisterschaft hat der russische Präsident seine Kritiker verstummen lassen, und kaum ist die goldene Trophäe an Frankreichs Nationalelf übergeben, trifft er Donald Trump in Helsinki und krönt damit seinen Triumph. Die Krim, die Ukraine, Syrien und die Einmischung in den US-Wahlkampf: vergeben und vergessen. Schwamm drüber, sagt der US-Präsident, rehabilitiert praktisch den Rechtsbrecher und stößt mit seiner verblüffenden Großzügigkeit die engsten Verbündeten ebenso wie seine Landsleute vor den Kopf.
Nichts bleibt, wie es war, scheint Trumps Leitlinie im Präsidentenamt zu sein, dem er nicht gewachsen ist. Diplomatische Gepflogenheiten und historische Gewissheiten wirft er über Bord, Unberechenbarkeit tritt an die Stelle von Verlässlichkeit, Provokation wird zum politischen Stilmittel. Er demütigt die Freunde und hätschelt die Feinde. Despoten wie der Machthaber von Nordkorea genießen sein Wohlwollen. Autoritäre Regenten sind ihm Brüder im Geiste. Die liberale Weltordnung hat ausgedient.
Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte – tragende Säulen auch des KSZE-Prozesses, der 1975 von Helsinki ausging – verkommen bei Trump zu lästigem Ballast. Und trotz seines überbordenden Nationalismus, schenkt er demonstrativ dem vom Feind zum Konkurrenten gewandelten Putin mehr Vertrauen als den eigenen Behörden. Die Demokraten sprechen von Verrat, die Republikaner reagieren mit Entsetzen. Aus dem Unverständnis für Trumps Zuvorkommenheit gegenüber Putin resultieren Spekulationen, der Kreml könnte den Amerikaner mit irgendetwas Unappetitliches in der Hand haben. Trump ist alles zuzutrauen. Das macht ihn zu einem Angstfaktor, der den bisherigen Freunden Furcht einflößt.
Die Europäische Union hat er zum Gegner erklärt, die Nato an den Abgrund geführt, die Bundeskanzlerin Angela Merkel muss sich von ihm beschimpfen, die britische Premierministerin Theresa May schulmeistern lassen, die Queen bekommt seine fehlende Kinderstube zu spüren. Russland hingegen umschmeichelt Trump. Das russisch-amerikanische Verhältnis sei schlecht wie nie, sagt er, und lastet das einseitig den USA an. Mit ihm werde das nun freilich anders werden. Der konstruktive Dialog sei ein Anfang zum Besseren. Was das konkret bedeuten könnte, bleibt allerdings offen. Drängende Fragen zur Ukraine, zu Syrien, zum Iran, zur Handelspolitik und zur atomaren Abrüstung seien erörtert worden, heißt es lapidar. Antworten gibt es jedoch nicht.
Anders als bei derart hochrangigen Begegnungen in den Zeiten vor Trump üblich, wurden für den Gipfel von Helsinki keine unterschriftsreifen Vorhaben vorbereitet. Das gut zweistündige Gespräch unter vier Augen war bei Licht betrachtet nicht mehr als eine Teestunde zweier Kraftprotze, die zur Imagepflege den Auftritt auf der internationalen Bühne suchten. Verbindliches ist dabei nicht herausgekommen, und am Ende steht ein Aufatmen darüber, dass es zumindest erkennbar keine Abmachungen zu Lasten Europas gab. Das muss freilich nicht so bleiben. Das Vertrauen ist zerstört. Europa ist gut beraten, auf weitere Attacken nach Trumps neuem Freund-Feind-Schema gefasst zu sein.
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