Schon der Buchtitel „SFB mon amour“ hat es in sich. Man fühlt sich an einen Ausspruch des früheren Bundespräsidenten Gustav Heinemann erinnert. Der antwortete auf die Frage, ob er sein Amt liebe, kurz und knapp: Ich liebe meine Frau. Punkt. Schon nach der Lektüre nur weniger Zeilen dieses Buches wird klar, dass man es mit einem begnadeten Selbstdarsteller zu tun hat. Immer nach dem Motto: Ich und der Intendant haben beschlossen. Alexander Kulpok nutzte seine Tätigkeit als Personalratsmitglied zur Förderung der eigenen Karriere. Es gibt in dem Buch kein einziges Foto, auf dem er nicht auch selber zu sehen ist.
Der SFB in der Viermächtestadt war in der Zeit des Kalten Krieges auf die finanzielle Unterstützung der anderen ARD-Anstalten angewiesen. Das führte dazu, dass der damalige Intendant des Süddeutschen Rundfunks in Stuttgart, Hans Bausch, dem der Landesrechnungshof im Nacken saß, beanstandete, dass Kulpok als stellvertretender Personalratsvorsitzender an den Etatberatungen teilnehmen, also doppelt und dreifach in den Führungsgremien vertreten sein könnte. Natürlich hatte Kulpok Zeit, als Intendant Franz Barsig ihn zu sich rief, eine Flasche Kognak auf den Tisch stellte, die nach zwei Stunden geleert war. Sozusagen Funkhausfunktionäre unter sich.
Schon im Prolog des Buches schreibt Kulpok: „Die schlimmsten Fehler in meinen Texten bemerkt kein Kritiker – die kenne ich nur selbst“. Welch ein Irrtum! Das Buch wimmelt nur so von Fehlern. So schreibt er, Intendant Franz Barsig habe mit der sozialliberalen Bundesregierung und dem SPD-Kanzler Willy Brandt voll auf der Linie der Aussöhnung mit dem Osten und des Ausgleichs mit der DDR gelegen. Es ist leider falsch. Der Autor dieser Kritik hat andere Erfahrungen gemacht. Ihm kam der Zufall zu Hilfe. Als Bonner Korrespondent hatte er Brandt um ein Interview gebeten. Brandt hatte nur im fahrenden Zug von Bonn nach Berlin dafür Zeit und bei der Bundesbahn ein Abteil reserviert. Die eigentliche Arbeit, also das Interview, war schon in Bielefeld gemacht. Plötzlich fragte Brandt, ob es stimme, dass Barsig abgewählt werden sollte. Ich bejahte diese Frage. Barsig war inzwischen ein Gegner der Ostpolitik geworden, wie allseits bekannt war. Brandt wurde trotzdem laut. Das komme in keiner deutschen Aktiengesellschaft vor, dass ein Aufsichtsrat, nämlich Rundfunkratsmitglied Wolfgang Haus, zum Vorstandsvorsitzenden gewählt würde. Brandt zeigte Solidarität mit einem alten Genossen, dem er nicht übelnahm, eine andere Meinung zu haben.
Kulpok schreibt, es sei ein antikommunistisches Zeichen gewesen, dass prominente SFB-Autoren wie Mathias Walden, der eigentlich Otto Freiherr von Sass hieß, und andere nach Westberlin gekommen seien. Man kann es auch niedriger hängen. Sie ließen allesamt Teile ihrer Familien zurück und wollten diese vor Repressalien des DDR-Regimes schützen. Unmittelbar nach Kriegsende erschien für kurze Zeit die „Dresdener Zeitung“ wieder. Ernst-Heinrich Kunze, ein liebenswürdiger älterer Kollege, der später im Bonner Finanzministerium arbeitete, erteilte ersten Unterricht in Journalismus. Seine Eleven hatten allesamt Erfolg und waren Kunze zeitlebens dankbar. Mit den Namen der nach Westberlin Geflüchteten gab es mitunter aber auch Probleme. Bei Livesendungen mussten wir höllisch aufpassen, nicht die richtigen Namen zu nennen.
Kulpok sieht sich – ihm sei es nachgesehen – in erster Linie als Fernsehstar. Vom guten alten Dampfradio bekam er nicht viel mit. So wusste er nicht, dass zwischen dem Bonner Büro und der Berliner Zentrale werktäglich um 10 Uhr eine Schaltkonferenz mit dem Politikchef Eckart Bethke stattfand, bei der die zu behandelnden Themen abgesprochen wurden. Bei Kulpok wird er überhaupt nur erwähnt, weil er den SFB frustriert verlassen hatte und Chef des NDR-Studios Kiel geworden war.
Das Treffen mit Marlene Dietrich
Was für ein Ereignis, dass der junge und aufwärts strebende Journalist Kulpok in Paris Marlene Dietrich kennenlernte und in ihre Wohnung in der Avenue Montaigne begleiten durfte. Sie wohnte in Paris, so schreibt er, weil sie hoffe – so gehe die Sage – dass ihre große Liebe Jean Gabin sich ihrer noch einmal erinnern würde. Es war keine Sage, es war, wie man aus ihren Memoiren weiß, die Wahrheit.
Es ist sicher richtig, dass in Tunis in einem Luxushotel in der Nähe des Strandes eine Konferenz über ein Teletextsystem in arabischer Sprache stattfand. Aber dass wenige Tage später das dortige Hauptquartier der PLO von der israelischen Luftwaffe bombardiert wurde und 60 Todesopfer zu beklagen waren, scheint dann doch ein Irrtum zu sein. Der Autor dieser Zeilen begleitete den Arabienkenner Hans-Jürgen Wischnewski mit Unterstützung von Intendant Lothar Loewe auf einer Fact-Finding-Mission der sozialistischen Internationale auf der Suche nach Yassir Arafat, die sich über drei Monate hinzog. In Tunis war es endlich soweit. Wir trafen Arafat im Haus des Militärchefs der PLO. Wischnewski fragte „den Herrn Präsidenten“, ob er etwas dagegen habe, dass Journalisten dabei wären. Die Antwort: „Journalists are my very best friends all over the world.“ Wir konnten sogar ein Interview aufnehmen. Doch gesendet wurde es nicht. Irgendein Schlaumeier beim SFB fand, dass Arafat ein Terrorist sei. Wer im Nahen Osten einen solchen Maßstab anlegt, kommt nicht weit. Die meisten führenden Politiker waren einmal Terroristen, Menachim Begin und Golda Meir zum Beispiel, als sie einen Anschlag auf das Quartier der britischen Besatzungsmacht in Palästina, das King-David-Hotel in Jerusalem, verübten.
Wenige Tage nach unserem Treffen mit Arafat geschah es dann. Die israelische Marine unternahm ein Kommando-Unternehmen und tötete den damaligen Militärchef der PLO.
Auf die Idee, das leerstehende Gebäude später noch einmal für PLO-Zwecke zu nutzen, ist seither niemand mehr gekommen. Mein Kontakt zu Arafat ist auch später nie abgerissen, als er schon in Gaza-Stadt ganz legal sein Büro hatte, nachdem die USA für eine Zwei-Staatenlösung votiert hatten.
Als Valentin Falin sich meldete
Kulpok wittert überall alte Nazis und Stasi-Agenten. Dabei übersieht er, dass Bonner Korrespondenten durchweg ihren Hausrussen oder einen Gesprächspartner aus einem der Comecon-Staaten hatten. So lernte der Leiter des Bonner ARD-Studios, Friedrich Nowottny, bei einem feucht-fröhlichen Gelage einen Ceteka-Korrepondenten gleichen Namens kennen. Beide stellten fest, dass ihre Väter nach dem ersten Weltkrieg gemeinsam am Annaberg gegen das eine Gebietserweiterung anstrebende Polen gekämpft hatten. Ein Fall von Agenten-Tätigkeit?
Bei mir meldete sich eines Tages Valentin Falin, der spätere Außenminister Gorbatschows. Er bemängelte, dass die Bundesregierung zu hohe Summen für den Transitverkehr durch die DDR nach Berlin zahle. Es wäre doch gescheiter, dieses Geld unmittelbar der Sowjetunion zur Verfügung zu stellen. Ich war nicht der Einzige, dem Falin diesen Vorschlag machte. Neugierig meldeten sich gelegentlich Ostblock-Korrespondenten bei mir mit der wenig delikaten Frage, ob ich Nazi gewesen sei. Wir verabredeten dann einen Spaziergang am Bonner Rheinufer, wo uns mit damaliger Technik niemand abhören konnte. Die Neugierigen konnten sich nicht vorstellen, dass ich schon in jungen Jahren Bonner Korrespondent geworden war und mussten selber meistens herzhaft lachen.
Die CIA erkundigte sich über das Vorleben
Gern hätte ich gewusst, wem es damals mit viel Diplomatie gelang, dem SFB einen Korrespondentenplatz in Peking zu beschaffen. Leider Fehlanzeige. Für den britischen Sektor Berlins war der von den Briten nach dem Vorbild der BBC geschaffene Nordwestdeutsche Rundfunk zuständig. Die britische Besatzungsmacht war auf ihre Weise pragmatisch. Ihr war klar, dass man auf die vorhandenen Polizisten und Ordnungskräfte zurückgreifen musste, weil andere nicht zur Verfügung standen. Das galt auch für Journalisten. Beim RIAS war das, wie Klaus Bölling Jahre später einmal gestand, anders. Da erkundigte sich die CIA gelegentlich bei Nachbarn über das Vorleben von Bewerbern.
Wenn Kulpok recht hat, hat er recht. Der SFB, schreibt er, sei aus der Eitelkeit der Politiker Westberlins entstanden. Anders ausgedrückt: Wer wusste, dass er keine Chance hatte, Regierender Bürgermeister zu werden, bemühte sich um den Intendantenposten. Finanziell war das nämlich kein Unterschied.
Kulpok hält Mittelwelle und UKW nicht auseinander. Obwohl der von ihm hochgelobte technische Direktor Wilhelm Sommerhäuser es ihm sicher gern erklärt hätte. Der irische Sender Athlone arbeitete auf derselben Frequenz wie der SFB. Dies führte dazu, dass der SFB nicht in Richtung Westen ausgestrahlt werden konnte, weil dies zum Fading, der gegenseitigen Störung des Programms, geführt hätte. Dies war überdies der Grund dafür, dass nur vormittags, also am hellichten Tag, ein Magazin für Hausfrauen und Rentner, die „Berolina“ gesendet werden konnte.
Anders bei UKW. Da konnte der SFB weit bis in den Ostblock gehört werden. Ich erinnere mich, dass im Bonner SFB-Studio in Bonn eines Tages ein Brief aus Polen ankam mit der Adresse „Frau Rut Brandt, Sender Freies Berlin, Bonn“. Ich habe den Brief brav ins Kanzler getragen. Neugierige musste ich belehren, dass es doch wohl ein Briefgeheimnis gebe.
Gründungsdirektor Jürgen Engert
Voller Stolz beschreibt Kulpok, wie Jürgen Engert vom SFB am1. September 1997 zum Gründungsdirektor des ARD-Hauptstadtstudios bestimmt und dieses am 22. Mai 1999 feierlich im Beisein von Bundespräsident und Regierendem Bürgermeister eröffnet wurde. Als wäre dies die einfachste Sache von der Welt gewesen. Es gab Schwierigkeiten über Scnwierigkeiten. Da war zunächst der NDR. Dessen Intendant beharrte darauf, dass der NDR das Studio in der Schadow-Straße behielt wie in DDR-Zeiten und erschien zu keiner Konferenz zu diesem Thema. Günther von Lojewski war zwar stellvertretender ARD-Vorsitzender, hatte dies aber in einem Brief zu erwähnen vergessen mit der Folge, dass die für alle Neubauten im Regierungsviertel zuständige Baukommission des Bundestages entschied, der SFB habe doch bereits ein Funkhaus in der Masurenallee.
Andere ARD-Größen hatten noch andere Vorstellungen. Man könne doch ein Studio hoch oben in dem Gebäude errichten, in dem heute die vom französischen Staat mitfinanzierte Galerie Lafayette in der Friedrichstraße untergebracht ist. Schlimmer hätte es nicht sein können. Die Berliner Korrespondenten wären eine Viertelstunde unterwegs gewesen bis zum Bundestag – auf jeden Fall zu spät, um eine kritische Situation, eine Kampfabstimmung zum Beispiel oder einen Hammelsprung mitzuerleben.
Ein Vorteil des Bonner ARD-Studios war, dass der Weg ins Plenum kurz war. Doch auch in Berlin bot sich eine Lösung an, bei der der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen eine wichtige Rolle spielte. Das Gelände, auf dem das Haupstadtstudio heute steht, gehörte der Humboldt-Universität, und als Landesvater hatte Diepgen dort ein Wort mitzureden. Kurzum: Man traf sich mit den dort tätigen Wissenschaftlern. Diese fanden es eine gute Idee, Journalisten als Nachbarn zu haben. Deutschlandfunk und ZDF legten Wert darauf, eine Adresse Unter den Linden zu haben, was sich für sie später als Nachteil herausstellte.
Kulpok erwähnt die feierliche Eröffnung des ARD-Hauptstadtstudios im Beisein des Bundespräsidenten und anderer Prominenter aus Politik und Parlament. Da ich wenige Wochen vorher in den Ruhestand gegangen war, bekam ich keine Einladung mehr. Mit Hilfe eines guten Freundes und Kollegen, der mittlerweile im Vorzimmer des ARD-Vorsitzenden tätig war, wurde ich doch noch eingeladen. Ich wurde bestaunt wie das siebte Weltwunder. Keiner der Anwesenden hatte bis auf Diepgen auch nur einen Finger für das Hauptstadtstudio gekrümmt.
Überall Nazis in der jungen Republik
Kulpok sieht in der noch jungen Bundesrepublik überall Nazis. Ganz falsch liegt er damit nicht. Ich hatte kaum beim SFB angeheuert, da verstärkte der frühere Pressesprecher der Montan-Union in Luxemburg, der Vater des späteren Intendanten Günther von Lojewski , als Mitarbeiter für Europa-Fragen das Bonner SFB-Büro. Eines Tages erhielt ich eine Einladung zum Tee. Vater Lojewski erklärte mir, dass er im Auftrag der deutschen Besatzer die Prager Volkszeitung herausgegeben hatte. Wovon sonst hätten er und seine Familie denn leben sollen. Ein ehrliches Wort!
Wie viele Deutsche der jüngeren Generation kann sich Kulpok über Nazis wie Adenauers Kanzleramtschef Hans Globke, „den Gestalter und Kommentator der Nürnberger Rassegesetze“ erregen. Doch Recherchen waren Kulpoks Stärke nicht. Jeder Jurist muss bekanntlich in der Lage sein, ein bestehendes Gesetz zu erläutern, ohne sich mit dessen Inhalt zu identifizieren. Adenauer war als Oberbürgermeister von Köln der nach Berlin größten Stadt in Preussen von Amtswegen Präsident des Preussischen Staatsrates. Da er nicht ständig in Berlin sein konnte, ernannte er Globke zu seinem Bürochef. Als Hitler und die Nazis die Macht ergriffen, wurde Hermann Göring preussischer Innenminister. Globke blieb gleichwohl im Amt. Es gibt Dokumente, die beweisen, dass Globke Adenauer das Leben rettete. Ein städtischer Gärtner, der Adenauer gut kannte, war im KZ-Sammellager Brauweiler nahe Köln als Kalfaktor tätig und überbrachte die Nachricht, Adenauer müsse so schnell wie möglich verschwinden, aber diesmal nicht ins Kloster Maria Laach, wo ihn die Gestapo sofort suche, sondern in den Westerwald. Zwei Wehrmachtsoffiziere erschienen mit gefälschten Papieren und führten Adenauer mit sich.
Ein anderes Beispiel ist Adenauers Vertriebenenminister Ernst Lemmer. Als Kriegsverwaltunsrat gab er in Belgien das Blatt der deutschen Besatzungsmacht, die “ Brüsseler Zeitung “ heraus, übrigens nach dem Ersten wie dem Zweiten Weltkrieg. Lemmer wollte seine Memoiren schreiben und suchte dafür einen Ghostwriter. Ein netter Kollege hatte mich vorgeschlagen. Doch vergeblich. Schon der vorgesehene Buchtitel „Von Langemarck nach Bonn“ irritierte mich. Lemmers Generation dachte eben in nationalistischen Kategorien.
Über das Haus des Rundfunks
Lauthals beklagt Kulpok, in welch lamentablenZustand das Haus des Rundfunks an den SFB übergeben wurde. Er übersieht dabei, dass amerikanische Bomben bereits vor Kriegsende dem Poelzig-Bau schwer zusetzten. Die Masurenalle war der letzte Fluchtweg, nachdem die Sowjets die Stadtmitte erreicht hatten und Hitler und die Familie Goebbels Selbstmord verübt hatten. Luftmarschall Hermann Göring machte sich von hier aus in einer „Fieseler Storch“ auf die Flucht nach Bayern, wo er in amerikanische Kriegsgefangenschaft geriet. In den Nürnberger Prozessen wurde er bekanntlich zum Tode durch den Strang verurteilt.Göring nahm sich das Leben
Die Nutzung des „Haus des Rundfunks“ war für die Sowjets und die DDR nicht risikofrei. Genaue Daten darüber gibt es nicht. Aber es ist anzunehmen, dass beim täglichen Personalwechsel auch Mitarbeiter den Sprung in den freien Westen schafften.
Natürlich erwähnt Kulpok, dass Lothar Loewe nach seiner Ausweisung aus Ost-Berlin sich um die Wahl zum SFB-Intendanten bemühte und dies schließlich auch wurde. Kein Wort aber darüber, warum Loewe aus der DDR ausgewiesen wurde. Wieso eigentlich?
Nazis und Stasi-Agenten jagen, das ist Kulpoks Lieblingsthema. Für mich war der FDP-Bundestagsabgeordnete William Borm ein guter Informant. Er wusste immer genau, wie weit die Haushaltsberatungen gediehen waren. Dass auch er Kontakte in die DDR hatte-er war Stasi-Agent seit Ende der 50er Jahre-, erfuhr ich erst nach dem Fall der Mauer. Er war nicht der einzige Westberliner Politiker, der den Gesprächsfaden nicht abreißen lassen wollte. Ob es schädlich war oder von Nutzen, lässt sich nachträglich schwer sagen. Berlin war im Kalten Krieg der ideale Tummelplatz für „Zwei-Schulter-Männer- und Frauen“, Agenten, die für beide Seiten tätig waren, wobei beide Seiten durchaus wussten, dass dem so war.
Als die Magazinitis begann
Auch für den SFB begann, wie Kulpok schreibt, „die Magazinitis“. Aber der Weg dahin war nicht so einfach, wie Kulpok es sich vorstellt. Den Anfang machte nicht der WDR, sondern der Saarländische Rundfunk. In Saarbrücken, das seinerzeit zu Frankreich gehörte, gab es keine Probleme, eine Frequenz zur Verfügung zu stellen. Helmut Prinz, der ältere Bruder des späteren Springer-Chefs Günter Prinz, machte hier ein durchweg interessantes Abendmagazin, das bis ins Rheinland zu hören war. In Köln war man hellhörig geworden. So kam es zum Mittagsmagazin-Leiter Helmut Prinz. Es dauerte eine Weile, bis das Beispiel in Berlin Schule machte. Anfangs dauerte das „Echo am Mittag“, das Wolfgang Slavik betreute, nur eine Viertelstunde. Für Korrespondenten war die Zeit vielfach zu kurz, um das Wesentliche ihres Berichts loszuwerden.
Kulpok ist der Meinung, dass mit dem RIAS eher Kooperation als Konfrontation betrieben wurde. Das Gegenteil ist richtig. Die Chefs beider Sender waren sich spinnefeind. Die Bonner Korrespondenten mussten sich oft den Vorwurf gefallen lassen: Warum hatte dies der RIAS, wir aber nicht? Sie sorgten, ohne dass die Chefs etwas bemerkten, für Abhilfe: Sie sprachen morgens ab, was sie an Themen anbieten wollten.
Es war übrigens gar nicht so einfach, Mitarbeiter für das Bonner Büro zu finden. Es gab in Berlin eine merkwürdige Form von Arroganz. Gelegentliche Besuche in Bonn, Ja. Doch wer zieht schon freiwillig in das so gescholtene „Bundesdorf“. Immerhin wurde dort bis zum Fall der Mauer gute Politik gemacht.