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Was will Markus Söder?

Alfons Pieper Von Alfons Pieper
8. Januar 2020
Markus Söder

Als Markus Söder bayerischer Ministerpräsident wurde und in diesem Amt Horst Seehofer ablöste, wurde er nicht so richtig ernst genommen. Das hatte gewiss mit seiner Vorgeschichte zu tun, er war ja mal Generalsekretär der CSU, also solcher eher grobschlächtig unterwegs, was man in anderen deutschen Regionen mit Wadenbeisser beschreiben würde, aber was eben auch zum Amt eines Generalsekretärs gehört. Man denke an Heiner Geißler, wie der den politischen Gegner, die SPD, malträtiert hat. Aber diese  aggressive bis bissige Art des politischen Kampfes hat der Franke längst hinter sich. Söder ist als Regierungschef des Freistaates und inzwischen ja auch als Parteichef der CSU in eine andere Rolle gewechselt. Vielleicht noch nicht ganz der Landesvater, wofür der gerade 53 Jahren alt gewordene Bayer auch wohl etwas zu jung wäre.

Dass er auf der CSU-Tagung im Kloster Seeon in der Nähe des Chiemsees eine Umbildung des Bundeskabinetts gefordert hat, sorgte für Schlagzeilen auch in Berlin. Wen er damit gemeint haben könnte, wurde und wird gerätselt, wobei eine Personalie als sicher gelten kann: Seehofers Tage als Innenminister dürften gezählt sein. Er ist der älteste Minister im Kabinett Merkel, dass Söder nicht unbedingt zum Freundeskreis des Ingolstädters gehört und umgekehrt, ist kaum eine Nachricht wert.Vorbei die Zeiten, da ein CSU-Chef und Ministerpräsident über seinen ehrgeizigen Finanzmninister Söder lästern konnte, etwa in der Art, dass er ihm irgendwelche „Schmutzeleien“ nachsagen konnte, womit wohl unterstellt werden sollte, dass Seehofer Söder als den eigentlichen Informanten vermutete, der die Geschichte von der Freundin mit dem gemeinsamen Kind in Berlin hintertragen habe. Söder und seine Leute haben das stets bestritten.

Bauern stinkt die Gülle-Verordnung

Aber Söder ist erfahren genug, das jetzt nicht zum Thema zu machen. Seehofer spielt keine Rolle mehr, er hängt an seinem Faden, den er hängenlassen oder duchreißen kann.  Es wird erst dann ernst, wenn auch andere Ressorts andere Leitungen bekommen. So könnte es sein, dass die CSU wieder das Landwirtschaftsministerium übernehmen will, wenn die Ministerien neu vergeben werden. Die Bauern sind nun mal eine zahlenmäßig wichtige Klientel im Freistaat und um die muss sich die CSU mehr kümmern, will sie ihre Position nicht schwächen. Dies hat der Protest von einigen Tausend Landwirten vor dem Kloster Seeon und im Angesicht der CSU-Parteiführung klar gemacht. Und Söder hat dort schon angedeutet, dass er sich kümmern muss.  Die umstrittene Gülleverordnung, die den bayerischen Bauern stinkt, könnte einen CSU-Minister verlangen, wenn es denn geht. 

Was aber nicht heißt, dass der CSU-Chef darauf setzt, dass die SPD die Groko verlässt. Wer hätte etwas davon? Nicht mal die SPD in ihrer jetzigen Verfassung. Die neue SPD-Führung unter Norbert Walter-Borjans muss erst mal Boden unter die Füße bekommen, muss versuchen, sich zu profilieren und die Partei neu aufzustellen. Und schon gar nicht ist Söder ein Freund von Neuwahlen, die außer den Grünen wohl keine Partei will, weil zu teuer und weil ein solches Unterfangen viele amtierende Abgeordnete ihre Mandate kosten würde.

Er will mitmischen in Berlin

Was will Söder? wird gefragt. Auf keinen Fall, so ein CSU-Insider, Kanzlerkandidat der Union werden. Das überlässt er schön der viel größeren CDU und ihrer Vorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer, mit der er ganz gut auskommt, wie es in der CSU heißt.Will sagen:  Man geht professionell miteinander um, beide Parteien brauchen einander. Für die Gesamtstärke der Union auf Bundesebene ist eben ein gutes Abschneiden der CSU in Bayern sehr wichtig. Was aber nicht bedeutet, dass Söder sich auf München und den Freistaat beschränken wolle. „Er will mitmischen in Berlin und dabei die bundespolitische Bedeutung der Regionalpartei CSU deutlich machen.“ So hat es schon Strauß gehalten, den Söder ja als ein großes Vorbild sieht. Sich in Berlin zu zeigen und seinen Einfluss auf die große Politik, das bleibt auch in München und im übrigen Bayern nicht unbemerkt.

Markus Söder ist zum starken Mann in der CSU geworden, er hat Seehofer diszipliniert, es gibt keine verbalen Attacken mehr gegen die Kanzlerin Angela Merkel, mit der man irgendwie auskommen will bis zum Ende der Legislaturperiode, auch wenn der CSU das Aussitzen der Probleme durch die Amtsinhaberin nicht schmeckt.  Auch einer wie Dobrindt spielt maximal noch die zweite Geige. Und Verkehrsminister Andreas Scheuer, der mit dem Maut-Debakel, wofür er sich in einem schwierigen Untersuchungsausschuss verantworten muss, kann sich nicht sicher sein, was seine politische Zukunft betrifft. Mit Scheuer sind halt negative Nachrichten verbunden, die ein ehrgeiziger  Ministerpräsident nicht gebrauchen kann. Man wird abwarten, ob es zu einer Umbildung des Kabinetts kommt und dabei zu einer anderen Ressort-Verteilung unter den Regierungspartnern. Spannend würde es, wenn die SPD die Groko platzen lassen und Merkel in einer Minderheitsregierung weiter regieren würde, was nicht ausgeschlossen werden kann. Aber dann müssten die Ministerien wie zum Beispiel Finanzen, Arbeit und Außen neu besetzt werden. Gerade das Außenamt könnte eine zunehmend einflussreiche Rolle bekommen, sollte sich die Krise im Nahen Osten ausweiten. Politik könnte noch wichtiger werden, noch sucht man hierzulande die Figuren, die dann die außenpolitische Bühne füllen. Im Ernstfall würden alle Karten neu gemischt. Übrigens flog Söders großes Vorbild Franz Josef Strauß, selber am Steuer des Flugzeugs sitzend, nach Moskau, um große Politik zu machen. Er sollte vielleicht einen Flugschein machen.

Für die Zeit nach 2021 setzt die CDU auf ein schwarz-grünes Bündnis, was zwar dem Markus Söder nicht so gefällt, was er aber auch nicht verhindern kann. Er weiß um seine Möglichkeiten, weiß, wie schwach die FDP ist, nicht nur in Bayern und dass die Liberalen nicht mehr das Zünglein an der Waage sind wie einst zu Zeiten eines Hans-Dietrich Genscher, dessen Macht und Einfluss schon darin bestand, dass Helmut Kohl wusste, dass er ohne die FDP nie Kanzler geworden wäre. Aber das war einmal. 

Die AfD als neue NPD gebrandmarkt

Markus Söder will seinen politischen Einfluss vergrößern- von München aus. Es geschah ja mit voller Absicht, dass er eine Landesregierung bildete mit den Freien Wählern und nicht mit den Grünen, die er als den eigentlichen politischen Gegner in Bayern sieht, weil die SPD eben im Freistaat so gut wie keine Rolle mehr spielt. Also will er die Grünen nicht aufwerten, indem er sie an den Kabinettstisch holt. Deshalb regiert er lieber mit den Freien Wählern, deren Wählerinnen und Wähler aus dem Fleisch der CSU sind. In einer Regierung mit der CSU und Söder als Regierungschef kann er deren Einfluss mindern, um bei der nächsten Wahl die CSU stärker zu machen, als sie heute ist.Es geschah mit voller Absicht, dass er die rechtsradikale  AfD als „neue NPD“ brandmarkte, damit die Wählerinnen und Wähler wissen, wer sich hinter dem Namen AfD wirklich verbirgt. Klare Kante also, nicht mehr der Versuch, diese rechtsextreme Partei rechts zu überholen.

Er will seine Partei, die früher eher behäbig  und altbacken war, ja auch erzkonservativ,  jünger, städtischer, grüner machen, moderner. Deshalb umarmte er die Freundinnen und Freunde des Volksbegehrens „Rettet die Bienen“. Schau oder ehrliche Politik? Söder weiß, dass die Grünen im Moment in Umfragen sogar in München vorn liegen und dort die Direkt-Mandate gewinnen würden, wäre jetzt Wahl. Und ja, es ärgert ihn, dass ein CSU-Mitglied, hier geboren, aber türkischer Abstammung, ein Unternehmer namens Sener Sahin, den der CSU-Ortsvereinsvorsitzende Kind zum Bürgermeister-Kandidaten machen wollte,  dass dieser beliebte Mann aus dem schwäbischen Ort Wallerstein auf die Kandidatur verzichtet hat, weil es plötzlich im Dorf und in der dörflichen CSU Einwände gegen diesen CSU-Kandidaten mit Migrationshintergrund gab. Es ist ehrlich gemeint, dass Söder am Rande der CSU-Tagung in Seeon erklärte: „Ich persönlich bedaure das. Denn jemand, der sich für uns engagiert und der in unserer Partei Mitglied ist, der hat auch Respekt und Unterstützung verdient.“ Aber so weit sind sie auf dem Land und in der CSU dann doch noch nicht.

Sie können sich bei Sener Sahin bedanken, dass der gelernte Fußball-Trainer es sportlich nahm und freiwillig verzichtete und sich dabei äußerst großzügig und freundlich verhalten hat. Er tritt nicht nach. Die „Süddeutsche Zeitung“ titelte: Die Revolution ist verschoben“. Oder wie es Peter Gauweiler in einem Interview mit der NZZ auf die Frage nach einem Muslimen als CSU-Chef, formulierte: „Das ist so abwegig wie eine katholische Pfarrstelle in Mekka.“ Anders sieht es der frühere CSU-Chef und heutige Ehrenvorsitzende der Partei Theo Waigel, der in einem Interview mit der Augsburger Allgemeinen betonte: „Ich halte es für grundfalsch, einen Kandidaten  wegen seines Glaubens auszuschließen, wenn er sich zu unseren Werten bekennt.“ Und Waigel ergänzte: „Sogar bei den Oberammergauer Passionsspielen dürfen Muslime mitmachen. “ 

Markus Söder hat noch vieles zu tun. Denn die Zahl der Ausländer in Bayern nimmt zu.

Bildquelle: Wikipedia, Michael Lucan , Lizenz: CC-BY-SA 3.0 de

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Tags: Abgrenzug gegen AfDAnnegret Kramp-KarrenbauerBayernCDU/CSU-KoalitionskrachCSUGroKoMarkus SöderPolitische Ambitionenschwarz-grüne MachtoptionSehofer
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