Also, 1954, als wir den Krieg nachträglich doch noch so halb gewannen, da war ich zweieinhalb.
Mein Vater erzählte mir, daß er in der Bahnhofsgaststätte in Kray- Nord mit 200 Menschen in einem 30 qm- Raum auf einen winzigen Würfel hinten in der Ecke starrte und irgendetwas flimmerndes sah, hinterher aber alle besoffen waren.
1958, da war ich sechs, kriegte ich mit, daß die Schweden furchtbar unfair gegen uns waren und alle „Heja-Heja!“ schrien und ein Ungar namens Szolt einen Deutschen wie aus dem Bilderbuch, (ein Kleiderschrank mit süß- brutalem Antlitz) vom Platz stellte, der auf den typisch germanischen Namen Juskowiak gehorchte und in Düsseldorf spielte.
1962, vier Jahre später, hörte man zu total ungewohnten Zeiten Radio aus Chile in einer Qualität, die Edison zur Ehre gereicht hätte.
Der deutsche Trainer, der früher die Jungs mit Hitlergruß strammstehen ließ, hatte auf seine alten Tage sein Revoluzzertum entdeckt und einen jungen Aufsässigen namens Fahrian gegen einen biodeutschen Torwart namens Tilkowski ausgetauscht, weswegen wir zeitig heim durften (aber nicht so früh wie heuer).
1966, vier Jahre später war Tilkowski wieder da und musste mit ansehen, wie die Russen zum zweiten mal den Krieg gegen uns gewannen, weil ein silbergraues Väterchen namens Bakhmaraow uns die WM nahm und uns Uwe mit gesenktem haupt an der Queen vorbeigehen musst, was ich alles in einem Cafe in Bad Bertrich erleiden musste, wo die Mutter mit Magengeschwüren eine Rollkur nach der anderen absolvieren musste.
Die Geschwüre überließ sie mir in mütterlicher Liebe.
1970, da war ich 18, sah ich, wie heiß es in Mexico mittags sein kann, wenn man zu Hause in der Abendkühle das vielleicht spannendste Soiel aller Zeiten zwischen Italien- BRD mit einem peruanisch- japanischen Schiedsrichter erlitt, der zuließ, daß der Kaiser mit Armschlinge nur die Hälfte wert war und man Huberty nur mit „Schnellinger – ausgerechnet Schnellinger“ sacht kommentieren hörte.
Vier jahre später regnete es in Deutschland viel, weswegen wir gegen die Polen, die Fußball, aber nicht Wasserballkompatibel waren, ins Finale kamen und dank Hölzenbeinfaller und BummBummMüller gegen die beste Mannschaft damals, die Holländer, Weltmeister wurden.
Vier Jahre später exportierten wir mit Herrn Neuberger die Demokratie nach Argentinien und ich wurde dank eines Herrn Finger schon mit 26 Jahren austrophil.
Vier Jahre später, 1982, wurde das auch die deutsche Mannschaft, anläßlich eines Nichtangriffspaktes gegen unsere früheren Waffenbrüder im spanischen Gijon und wir kamen, wie mit einem Lottogewinn, ins Finale.
1986 waren wir in Mexiko, rumpelten uns durch und kamen wieder ins Finale, aber,weil eine Brummelfliege lahmte, reichte es nicht.
Vier Jahre später in Italien reichte es mal wieder, dank des deutschen Neymar der damaligen Jahre, ein Mann namens Brehme (der in der Mannschaft den Nickname „Kleist“ trug).
Vier Jahre war Berti Trainer, Bill Präsident in dem Land, aus dem wir relativ früh wieder – ausscheidenderweise – heimdurften.
Vier Jahre später war Berti immer noch Trainer, aber es wurde wieder nicht so das Wahre.
2002 war in Korea die technisch beste Mannschaft aller Zeiten ins Finale gerutscht (Namen wie Ramelow, Linke, Frings zergehen noch heute auf der Zunge), aber ein Nachwuchskeeper namens Kahn vergeigte in Korea.
2006 gab es ein gut bezahltes Märchen und die einzige WM, in der ein Dritter Weltmeister wurde.
Vier Jahre später, 2010, wurden wir zwar Zweiter, aber das war nicht so schön- außerdem war der Gastgeber Südafrika nach dieser WM pleite.
2014 wurden wir das, was wir 2018 gerne wieder geworden wären, woran wir aber um Haaresbreite vorbeigeschlittert sind, weswegen diese WM die nervenschonendste für mich seit 64 Jahren war….“
Bildquelle: Pixabay, Bild von Insa Osterhagen, Pixabay License
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