Noch nie zuvor waren weltweit so viele Menschen auf der Flucht. Die in vielen Krisengebieten eskalierende Gewalt hat mittlerweile rund 68.5 Millionen Menschen gezwungen, ihre Heimat zu verlassen. Ein Beispiel dafür ist der Jemen. Ein von Krieg und Hunger gebeuteltes Land, in dem mehr als 22 Millionen Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen sind.
Die erneute Präsenz dieser „vergessenen Krise“ mit ihren verheerenden Bildern und Zahlen in den Medien, verdeutlicht die Dimension einer Problematik, die nur im Ansatz in Europa spürbar wurde. Während 2015 in Europa die Medienberichterstattung überquoll vom Begriff der „Flüchtlingskrise“, fand die eigentliche Krise ganz woanders statt: 85 Prozent aller Geflüchteten leben in Ländern mit mittlerem bis niedrigem volkswirtschaftlichem Einkommen. Europa nahm rund 2.5 Millionen Menschen auf, Deutschland knapp 1 Millionen – tausende Menschen starben bei dem Versuch, bei uns Schutz zu finden. Allein im Jahr 2016 ertranken über 5.000 Menschen im Mittelmeer.
Heute begehen wir den Tag des Flüchtlings – abseits der Katastrophen. Er wird im Rahmen der Interkulturellen Woche jedes Jahr Ende September begangen. Er wurde 2015 von der Deutscher Bischofskonferenz, der Evangelischen Kirche in Deutschland und der Griechisch-Orthodoxer Metropolie ins Leben gerufen, um die Solidarität mit Flüchtlingen zum Ausdruck zu bringen. Dieser Tag hat vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklung eine herausragende Bedeutung: Er gibt uns allen, die für Flüchtlinge einstehen, die Gelegenheit, öffentlich in Erscheinung zu treten und vor allem ein Zeichen gegen Diskriminierung und rechte Hetze zu setzen. An diesem wichtigen Tag möchte die UNO-Flüchtlingshilfe als nationaler Partner des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR) deshalb an unsere Gesellschaft und an die internationale Gemeinschaft appellieren, Verantwortung für schutzsuchende Menschen zu übernehmen, Mitgefühl zu zeigen und ihnen Zugang zu einem fairen Asylverfahren zu ermöglichen.
Es ist auch ein Tag, der Raum bietet für einen Blick in die Vergangenheit sowie eine Debatte über zukünftige Herausforderungen und zivilgesellschaftliche Fragestellungen im Kontext der globalen Flüchtlingskrise: Erstaunlich ist und bleibt die Tatsache, dass die Zahlen der Menschen, die bei uns Schutz suchen, zwar drastisch gesunken sind, die öffentliche Wahrnehmung und mediale Debatte aber geprägt ist von Sorgen und Ängsten in Bezug auf Geflüchtete. Wichtig ist deshalb künftig vor allem die Glaubwürdigkeit des Asylsystem zu gewährleisten und den Erhalt eines zivilgesellschaftlichen und politischen Konsenses für den Flüchtlingsschutz und einen respektvollen Umgang miteinander zu forcieren.
Bildquelle: Von Irish Defence Forces – , CC BY 2.0 via Wikipedia
Zum Autor: Peter Ruhenstroth-Bauer ist Geschäftsführer der UNO-Flüchtlingshilfe. Die NGO ist der nationale Partner des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR) und hat 2017 für die weltweiten, lebensrettenden Einsätze 21 Millionen Euro breit gestellt. Projekte für Geflüchtete in Deutschland wurden vergangenes Jahr mit 1,35 Millionen Euro gefördert. www.uno-fluechtlingshilfe.de