Wenn auch spät, aber immerhin, es kam die Einsicht, dass diese Art Umgang mit dem gebrochenen Wort, kaum ermutigen würde, an die Erneuerung der SPD zu glauben. Martin Schulz als Außenminister bleibt der SPD erspart. Nun geht er tatsächlich nicht, wie vor den Koalitionsverhandlungen beschworen, in ein Kabinett mit der Kanzlerin Merkel. Er tritt ins Glied, denn sein gestern noch beredter Hinweis, den Vorsitz der Partei an Andrea Nahles weiter zu reichen, wird er doch wohl kaum widerrufen wollen.
Andrea Nahles hingegen kann als Nachfolgerin kandidieren, ob sie eine Mehrheit der Delegierten des Sonderparteitages davon überzeugt, bleibt offen. Ob es reicht und als Ausweis für eine automatische Mehrheit genügt, darauf zu verweisen, dass jetzt endlich mal eine Frau dran sei, sollte nur ein, aber nicht das einzige Kriterium dafür sein, Willy Brandt im Vorsitz einer langen Reihe Nachfolger nachzufolgen. Wer die gemeinsame Pressekonferenz mit Andrea Nahles und Martin Schulz noch im Ohr hat, der wird sich erinnern, dass sie nicht einen einzigen Hinweis gab, dass die Art und Weise, mit der Schulz den Vorsitz mal so eben abstreifen wollte, ihr etwa zu denken gegeben hätte.
Da war jedenfalls kein Ausdruck, dass ihr die mal so eben weitergereichte nächste und höchste Stufe in der Parteihierarchie als in der Form ungeeignet erschienen wäre. Diese Hinterzimmerranküne dementierte alles, was bis dahin auch von ihr als Neuanfang und notwendige Erneuerung der Partei behauptet wurde. Es sollte doch aufhören, dass in der SPD nach Gutsherrenart Posten verteilt werden und die Partei als Stimmvieh zur Verfügung zu stehen hat, um Karrieren abzusichern.
Wie es scheint, ist die Partei gerade mal einem Desaster entgangen. Es war der späten Einsicht von Martin Schulz zu danken, nicht seinen vielen Fehlern, auch eines verbockten Wahlkampfes und der daraus erwachsenen Niederlage bei den Bundestagswahlen, einen noch schlimmeren hinzuzufügen. Vielleicht hilft es ja zu einer Mehrheit für den Koalitionsvertrag bei der Abstimmung der Mitglieder. Das Sammelsurium auf mehr als 170 Seiten des Vertrages sind ja Ausweis dafür, was in der vorangegangen große Koalition alles versäumt wurde und nunmehr nachgeholt werden muss.
Kein Neuanfang also, aber wenigstens der Versuch, die Spaltung der Gesellschaft zu verringern und endlich so etwas wie soziale Gerechtigkeit ins Werk zu setzen. Ob es der SPD allerdings hilft, neues Vertrauen zu gewinnen, bleibt dabei offen. Der Neuanfang der SPD steht noch bevor und ist längst noch nicht in Sicht. Der Nachfolger oder die Nachfolgerin von Martin Schulz im Parteivorsitz wird dafür hart arbeiten müssen, egal ob in der GroKo oder in der Opposition.