Das Kölner Motto hätte sich mancher für die SPD nach den Niederlagenserien von Landtags- und Bundestagswahlen gewünscht. Ein Ideenfeuer, ein jetzt erst recht, einen programmatischen Ruck, die Befreiung aus machtversessener Leere, doch ihr geht’s wie der Deutschen Bank: Der SPD fehlt das Geschäftsmodell, ihr Führungspersonal ist verbraucht und selbst die jüngste groß angelegte Fehleranalyse kommt nur zu dürftigen Befunden wie dem längst bekannten Organisationschaos im Willy Brandt Haus. Der „Schuldige“ – Sigmar Gabriel – wurde vom Hofe gejagt und öffentlich an den Pranger gestellt. Die jahrelang ebenso für den Zustand verantwortliche ehemalige Generalsekretärin Andrea Nahles will mit dürftigem Parteitagswahlergebnis die SPD vom Juniorpartner der Union wieder zur Volkspartei führen. Sie fällt im Lande allerdings bislang nur durch ein paar markige Sprüche auf, ist es mehr?
Ach, ja. Im Verein mit der Union liefert die SPD ein beschämendes Beispiel, wie sich diese Parteien den Staat zur Beute machen. Abseits jeder bisherigen parlamentarischen Traditionen erhöhte die große Koalition die staatliche Parteienfinanzierung von 165 auf 190 Millionen. Ein Hau-Ruck-Verfahren mit fadenscheinigen Argumenten im parlamentarischen Schnelldurchgang innerhalb von zehn Tagen, obwohl verschiedene Verfassungsrechtler erhebliche juristische Bedenken geltend gemacht haben. Statt beispielsweise mit Vorschlägen für eine glaubwürdige Parlamentsreform das auf 709 Abgeordnete angeschwollene hohe Haus wieder auf ein glaubwürdiges Format zu reduzieren, wird dem Populismus wieder Vorschub geleistet. „Die machen sich ja nur selber die Taschen voll.“ Dieses populäre Vorurteil haben die Großkoalitionäre wieder um eine neue Variante bereichert. Erneut mit einem kräftigen Schluck aus der Staatspulle. Das Versagen der Traditionsparteien, auch als moralische Instanz, gibt auch hierzulande und nicht nur in Italien oder Ungarn dem Populismus erst recht Nahrung – oder besser gesagt die rechte Nahrung.
Gerade der Niedergang der SPD macht deutlich, wie sehr das Fehlen einer ehrgeizigen Agenda und von Personen, die diese politischen Inhalte auch glaubwürdig sichtbar machen, auch zu gesellschaftlichen Lähmungen führen. Der Union im eigenen Dauerkonflikt der Selbstzerfleischung steht eine SPD gegenüber, die weder personell noch programmatisch eine Alternative bildet, geschweige einen Wahlkampf mit Spitzenkandidaten führen oder Koalitionspartner finden könnte.
Die SPD muss Neuwahlen fürchten zumal sie auch in den Ländern überwiegend marginalisiert worden ist.
Von der Erneuerungspartei, die das moderne Deutschland gestalten und mehr Demokratie wagen wollte, ist sie abgestürzt, fast schon auf dem Umfrageniveau von AfD, FDP, Linken und Grünen. Die Sozialdemokratie heute, ein Juniorpartner unter vielen. Wo findet sie einen Macron?
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