Nach der Banken- und Finanzkrise vor rund 10 Jahren ging es in der deutschen Wirtschaft fast kontinuierlich aufwärts. Jahr für Jahr gab es ein solides Wachstum des Bruttoinlandsproduktes, das 2018 fast 3.400 Mrd. € erreichte.
Die Zahl der Erwerbstätigen stieg mit fast 45 Millionen auf ein Rekordniveau; die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten hat sich gar um mehr als
3 Millionen auf gut 33,3 Millionen erhöht. Die Arbeitslosenquote beträgt gerade noch 5 %, die Zahl der offenen Stellen war selten so hoch wie derzeit. Fachkräfte in vielen Bereichen von Industrie, Handel, Handwerk und Gewerbe werden inzwischen gesucht wie die Nadel im Heuhaufen. Die Löhne und Gehälter sind Jahr für Jahr um jeweils rund 3 % erhöht worden, die verfügbaren Einkommen lagen 2018 mit fast 2.000 Mrd. € so hoch wie nie zuvor. Deutsche Waren und Güter im Wert von über 1.300 Mrd. € wurden im vergangenen Jahr exportiert; nichts beweist besser die internationale Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen. Schließlich profitierte der Fiskus von dem lang anhaltenden wirtschaftlichen Aufschwung: Mehr als 800 Mrd. € flossen 2018 als Steuereinnahmen in die Staatskassen; die volkswirtschaftliche Steuerquote lag bei 23,9 % (2012: 22,7 %).
Wolken am Konjunkturhimmel
So positiv der Blick zurück im Glück auch ist, so sorgenvoll und unsicher ist er nach vorne. Zwar droht der deutschen Wirtschaft nicht eine tiefe Rezession, doch sind einige Wolken am Konjunkturhimmel deutlich sichtbar. Die noch vor Monaten recht zuversichtlichen Prognosen müssen nach unten korrigiert werden.
Der Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier erwartet für das laufende Jahr insgesamt noch ein Wachstum in Höhe von 0,5 %. Ende 2018/ Anfang 2019 haben sich die Stimmung und Lage in der deutschen Wirtschaft eingetrübt.
Die Unsicherheiten sind größer geworden: Noch weiß niemand, wie es am Ende mit dem Brexit ausgehen wird. Ebenso steht es mit dem Poker in der Außenhandelspolitik zwischen den USA und der EU. Präsident Trump ist unberechenbar und droht mit Zöllen auf Einfuhren aus Europa; vor allem könnten deutsche Automobile, Maschinen und andere Produkte made in Germany davon betroffen werden. In einigen EU-Mitgliedsländern geht es eher abwärts denn aufwärts. Das Wachstum in China dürfte bestenfalls 6 bis 6,5 % erreichen. Allerdings wird die Konjunktur nach wie vor aus dem Inland gestützt: Der private Konsum nimmt weiter zu. Die Bauwirtschaft expandiert, obwohl sie viele Aufträge wegen des Facharbeitermangels nicht so zügig wie gewünscht erfüllen kann.
Ob sich die Belebung der Volkswirtschaft im Laufe des Jahres ergeben und ob das Wachstum 2020 rund 1,5 % erreichen wird, ist mehr Hoffnung denn Gewissheit. Jedenfalls wird das schwache Wachstumstempo einige Bremsspuren – vor allem in den öffentlichen Haushalten – hinterlassen.
Strukturprobleme lösen!
Der lang anhaltende Aufschwung der deutschen Wirtschaft hat dazu geführt, dass die Politik viele soziale Beschlüsse gefasst und viele Milliarden Euro dafür eingeplant hat. Weniger stark sind die staatlichen Investitionsausgaben gestiegen, obwohl diese für die Zukunftssicherung von großer Bedeutung sind.
Die deutsche Wirtschaft befindet sich ohnehin in einem starken Strukturwandel. Er wird überdeutlich in der Digitalisierung und in der Autoindustrie. So belegt die Bundesrepublik bei der Infrastruktur der schnellen Kommunikationsnetze im internationalen Ranking keinen Spitzenplatz. Bei der Umstellung der Automobile auf Fahrzeuge mit Elektroantrieb, Hybrid oder Kohlenwasserstoff im Tank wurde viel zu lange gezögert und auf Diesel wie Benziner gesetzt und zum Teil mit einer Schummelsoftware betrogen; die Strafen, die einzelne Firmen dafür zahlen müssen, summieren sich auf über 20 Mrd. €. Dagegen taten sich die Autobosse, Bosch, Siemens und andere schwer, eine deutsche Fabrik für Batterien zu errichten.
Rund 1 Mrd. € soll dafür aus der Staatskasse nun zur Verfügung gestellt werden.
Hidden champions fördern!
Die wirtschaftspolitische Agenda muss auf die Zukunftssicherung und Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Unternehmen – und damit der Arbeitsplätze – ausgerichtet werden. Die vom Bundeswirtschaftsminister verkündete Strategie weist in die richtige Richtung. Die Rahmenbedingungen für Innovationen, Investitionen und unternehmerische Aktivitäten müssen nachhaltig verbessert werden. Dazu gehören der Abbau von Bürokratie und Regulierung, eine spürbare Senkung der Steuerlasten, wie sie etwa in den USA, Großbritannien und Frankreich bereits erfolgte. Last but not least sollte ein Schwerpunkt auf der Förderung des innovativen Mittelstandes liegen, denn die deutschen „hidden champions“ sind Weltklasse und sollten es auch weiterhin bleiben können. Damit könnte gewiss auch die umstrittene Industriestrategie von Peter Altmaier zum Teil positive Impulse auslösen und die Soziale Marktwirtschaft stärken.
Bildquelle: Wikipedia, Robert, CC BY-SA 3.0
'BREMSSPUREN IN DER WIRTSCHAFT' hat 2 Kommentare
6. Mai 2019 @ 19:05 Kai Ruhsert
Steuern senken, während die Infrastruktur vergammelt. Tolle Idee!
30. September 2021 @ 12:52 Fiola
Tja, seit 2019 hat sich aber so einiges verändert- nicht zum Positiven.