Nichts ist sicher – und nicht einmal das ist sicher. Bis zum Bundesparteitag der CDU am 7. Dezember in Hamburg ist in der Tat niemand sicher, wer den Parteivorsitz in der Nachfolge von Angela Merkel übernehmen wird. Alle Umfragen im Allgemeinen und bei CDU-Anhängern im Besonderen sind mehr oder weniger wertlos, denn es sind die 1001 Delegierten, die allein ein Stimmrecht haben. Zur Wahl stellen sich Annegret Kramp-Karrenbauer, Friedrich Merz und Jens Spahn.
Noch nie gab es 3 Kandidaten
Es ist seit Jahrzehnten das erste Mal wieder, dass sich gleich mehrere Kandidaten um die Spitzenposition in der Parteiführung bewerben. 1971 hatte sich Rainer Barzel gegen Helmut Kohl erfolgreich durchgesetzt und wäre beinahe 1972 Bundeskanzler geworden. Nun haben die CDU-Delegierten die Qual der Wahl, zu der sich drei Persönlichkeiten stellen. In 8 regionalen Parteiveranstaltungen haben sich Kramp-Karrenbauer, Merz und Spahn einem christdemokratischen Publikum präsentiert, um Sympathie geworben und ihre politischen Vorstellungen dargelegt. Das Echo fiel recht unterschiedlich aus. Jens Spahn trat vielen etwas zu forsch auf, entwarf vage Visionen mit Blick auf das Jahr 2040 und versuchte, nochmals mit dem umstrittenen Thema „Migration“ zu punkten.
Merz mit Nähe zur Wirtschaft
Friedrich Merz griff auch die Migration mit den Facetten Asyl und Ausländer auf, verwirrte dabei Medien wie Publikum, zeigte sich schließlich entschlossen, die AfD in ihrer Stärke zu halbieren. Seine Ausführungen zur Globalisierung und zu Europa kamen recht gut an. Dagegen verstolperte er sich bei der eigenen Positionierung im Mittelstand, obwohl er hier mit seinen erfolgreichen Leistungen und voller Offenheit hätte punkten können. Ohnehin ist Merz in der Wirtschafts-, Finanz- und Steuerpolitik ein kompetenter Experte, der der CDU neue Attraktivität im Handwerk, Handel, Gewerbe und Industrie verleihen könnte. Dagegen fanden seine politischen Vorstellungen auf der Arbeitnehmerseite nicht den größten Anklang. Auch mit seiner Empfehlung, die gesetzliche Rente langfristig mit der stärkeren Beteiligung von Arbeitern und Angestellten am Produktivvermögen – vor allem über Aktien – zu ergänzen, konnte er nicht stark punkten. Der Mann aus dem Sauerland, der sich vor fast einem Jahrzehnt aus der Politik und von Angela Merkel verabschiedet hat, argumentierte durchaus messerscharf, aber es fehlte ihm an Empathie, Gefühl für die „Normalos der Gesellschaft“ und an Nahbarkeit für Jedermann. Da er fast gleichaltrig mit Angela Merkel ist, mag mancher Christdemokrat auch an einen echten Generationenwechsel nicht glauben. Eher wird von nicht wenigen befürchtet, dass Friedrich Merz als Parteivorsitzender über kurz oder lang das Kanzleramt ins Visier nehmen und – möglicherweise mit der Unterstützung von Wolfgang Schäuble & Co. – versuchen würde, Angela Merkel bald zu entthronen. Krach in der Union wäre damit vorprogrammiert – und davon haben die CDU-Mitglieder nach dem Dauertheater mit Horst Seehofer und der CSU endgültig die „Schnauze voll“.
AKK mit mehr Empathie
Deshalb dürften letztlich die meisten Delegierten ins Lager von Annegret Kramp-Karrenbauer (AKK) marschieren. Die Frau aus dem Saarland fand viele Jahre lang nicht die große Aufmerksamkeit in der bundesweiten Öffentlichkeit. Immerhin war sie Innenministerin und danach als Regierungschefin an der Saar sehr erfolgreich und vor allem durchsetzungsstark. Dass sie dies alles aufgab und sich zur Generalsekretärin der CDU wählen ließ, nötigte fast allen Parteimitgliedern herben Respekt ab. Dass sie dafür von Angela Merkel vorgeschlagen wurde, kann für sie kein Makel sein, zumal sie sich nicht als Ministerin in die Kabinettsdisziplin einordnen ließ. AKK steht dem Arbeitnehmerlager, den Sozialausschüssen, den Familien und den kirchennahen Kreisen näher als ihre Konkurrenten. Gegenüber den normalen CDU-Mitgliedern strahlt sie Empathie, Wärme und Verständnis aus. Nicht wenige Delegierte meinen, dass „AKK eine von uns“ ist, die gewiss auch als Parteivorsitzende nicht auf einen Konfrontationskurs mit Angela Merkel gehen, jedoch die CDU wieder scharfkantiger profilieren würde. Bei ihren zahlreichen Zuhörveranstaltungen in den CDU-Kreisverbänden, die sie in diesem Jahr bereits absolvierte, hat sie schnell begriffen, dass Rente, Wohnen, Digitalisierung, Qualifizierung von Arbeitnehmern und Pflege Themen sind, die mindestens so wichtig sind.
High noon am 7.12. in Hamburg
Vorteil bei AKK, Aufschlag Merz und auch Spahn – so ist die Ausgangslage auf dem Partei-Court am Freitag in Hamburg. Es wird auf die Wirkungen der Reden der Kandidaten auf die Delegierten auch noch ankommen. Parteitage haben ihre eigenen Gesetze; die Gestik, Rhetorik, Motorik und Inszenierung der Hauptdarsteller spielen letztlich eine große Rolle, wenn es darum geht, diesen Wettbewerb um die CDU-Spitze mit einem „happy end“ zu gewinnen. Dass es danach nicht zu einer Spaltung der drei Lager kommen wird, das wird die erste Herkulesaufgabe der oder des neuen Vorsitzenden sein. Denn es gilt auf jeden Fall, die Enttäuschten, Verlierer, Verdrossenen und Frustrierten wieder in die Union einzubinden und für einen besseren Zukunftskurs zu motivieren.
Bildquelle: Wikipedia, Armin Linnartz, CC BY-SA 3.0 de
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