Die politische und wirtschaftliche Weltordnung befindet sich in einem großen Wandel.
US-Präsident Donald Trump wirbelt mit seiner unorthodoxen und unberechenbaren Politik alles durcheinander, erklärt die Partner von gestern heute zu Feinden der USA, verordnet Handelsrestriktionen und setzt mit allem auf „America first“. Die Irritationen darüber haben stark zugenommen – in Europa, Russland, Japan und insbesondere auch in der Volksrepublik China. Deshalb suchen viele Staaten der multipolaren Welt nach neuen Partnern und Allianzen. Das gilt vor allem für die politische Führung des 1,4 Mrd.-Volkes im Reich der Mitte. Präsident Xi Jinping plädiert für den freien Welthandel, baut bisherige Hürden für ausländische Investoren ab und bietet zukunftsträchtige Kooperationen an.
Die einstigen Spannungen zu Japan sind gewichen. Beim jüngsten Besuch des japanischen Ministerpräsidenten Shinzo Abe in Peking war gar vom „Sonnenaufgang einer neuen japanisch-chinesischen Zusammenarbeit“ und von einem historischen Wendepunkt die Rede. Über 50 Wirtschaftsabkommen wurden unterzeichnet, eine Zusammenarbeit in der Entwicklungshilfe in Drittländern vereinbart.
Intensive chinesisch-deutsche Aktivitäten
Seit längerem werden die Beziehungen zwischen der VR China und Europa intensiviert. Davon profitiert insbesondere Deutschland, denn die Chinesen sehen hier die ökonomische Führungsnation in der EU, die mit ihren rund 500 Mio. Einwohnern, vielen hightech-Bereichen, großer Leistungsfähigkeit in Wissenschaft und Forschung eine attraktive Weltregion ist. So wurden bereits im Juli diesen Jahres beim 9. Deutsch-Chinesischen Forum für wirtschaftliche und technologische Zusammenarbeit, zu dem die Bundeskanzlerin Angela Merkel den chinesischen Ministerpräsidenten Li Keqiang in Berlin empfing, viele Abkommen zum Ausbau der gegenseitigen Beziehungen unterzeichnet. Gemeinsam soll die umfassende Strategische Partnerschaft gestärkt werden, die sich auf die Bereiche Frieden, Wachstum, Reform und Zivilisation erstreckt und gemeinsame Anstrengungen im Umwelt- und Naturschutz umfasst. China und Deutschland sind sich einig, dass offene Märkte, freier Handel und gleichberechtigter Marktzugang Grundlage und Motor der beiderseitigen Beziehungen sind. Deutsche und chinesische Unternehmen sollen im jeweils anderen Land gleichermaßen offene, gute und diskriminierungsfreie Investitions- und Marktbedingungen vorfinden. Ebenso soll die Kooperation auf den Feldern Forschung und Innovation ausgebaut werden.
Die Aktivitäten auf der chinesischen Seite sind beachtlich groß. So wird vom 5. bis 10. November die erste China International Import Expo in Shanghai stattfinden. 2.800 Unternehmen aus über 70 Ländern werden daran teilnehmen – vor allem auch Firmen aus Regionen, die sich an der Belt and Road-Initiative beteiligen. Aus Deutschland sind es 170 Firmen insbesondere aus den Bereichen Hochtechnologie, Maschinenbau, Automobil und Chemie sowie Nahrungs- und Genussmittel. In anderen Städten Chinas haben bereits Ausstellungen und Messen stattgefunden, die zu einer Vertiefung und Erweiterung der Beziehungen beigetragen haben. Ein gutes Beispiel dafür war die „Internet+ powered by Cebit“ Ende Oktober in Foshan im Südosten Chinas. Gemeinsam mit der Messe AG aus Hannover boten sich in dem eindrucksvollen Ausstellungsgelände gute Chancen für deutsche Unternehmen auf dem weiten Feld „Digital Life, Business & Production“.
Erfolgreiche Industriestädte-Allianz
Bereits seit rund 3 Jahren hat sich auf Initiative der Stadt Foshan die Chinesisch-Deutsche Industriestädteallianz (ISA) formiert. Inzwischen machen 18 deutsche Städte – von Bottrop über Lahr bis Ludwigshafen – und gut 20 Städte aus China bei diesem einzigartigen Bündnis mit. Und das Interesse daran wächst auf beiden Seiten, denn so können Unternehmen – insbesondere auch aus dem Mittelstand – Handels- und Kooperationspartner finden. Durch diese ISA-Zusammenarbeit erbibt sich eine win-win-Situation für Betriebe aus beiden Ländern. Die Oberbürgermeister und Wirtschaftsförderer aus den deutschen Städten, die Ende Oktober zu diesem chinesisch-deutschen Wirtschaftsdialog nach Foshan gekommen waren, zeigten sich ebenso wie viele Unternehmen aus ihren Regionen mit den bisherigen ISA-Erfolgen sehr zufrieden. Das Netzwerk wird immer dichter, mehr und mehr werden Kooperationsmöglichkeiten der Firmen identifiziert und generiert, konkrete Projekte werden realisiert.
Liu YI, die Generalsekretärin der ISA, wies gerade darauf hin, dass inzwischen „aus der früheren Einbahnstraße eine immer breitere Autobahn“ geworden ist. Warenlieferungen und Investitionen fließen in beide Richtungen; neue Formen wie Innovationen und Inkubationen entstehen.
Foshan bietet sich für deutsche Firmen als ein geradezu idealer Standort an: Die Stadt liegt im Herzen des Buchtgebietes „Guangdong-Hongkong-Macao Greater Bay Area“. Sie ist eine landesweit führende Region für high end-Fertigung. Deshalb sind inzwischen schon etwa 40 deutsche Projekte mit mehr als 3 Mrd. € an Investitionen dort realisiert worden u. a. auch von VW, Osram, Midea/ Kuka. Zudem ist die Fraunhofer Gesellschaft seit einiger Zeit in Foshan präsent; die RWTH Aachen wird dort eine Hochschule mit wichtigen technischen Bereichen errichten.
Gegen neue europäische Hürden
Die von Foshan initiierte Industriestädteallianz ist ohne Zweifel ein Leuchtturm der chinesisch-deutschen Beziehungen. In anderen Regionen Chinas sind Anstrengungen zu registrieren, die diesem Modell zu folgen versuchen. Diese Kooperation passt in die Strategie der VR China, sich zukunftsorientiert zu verändern – vom einstigen „Entwicklungsland“ zum „hightech-Kontinent“, vom quantitativen zum qualitativen und nachhaltigen Wachstum. Mehr und mehr werden Restriktionen, über die seitens der Europäer geklagt wurde, abgebaut: So gibt es weitere Zollsenkungen ab dem 1. November, so wurden die Steuern für ausländische Investoren reduziert, so können ausländische Investoren – etwa BMW und BASF – die Mehrheit an ihren Firmen in China behaupten. Diese Marktöffnung der chinesischen Seite ist ein positives Signal vor allem für Europa und insbesondere Deutschland. Umso weniger ist zu verstehen, dass nun die Bundesregierung und auch die EU-Kommissionen daran arbeiten, Kontrollen und Hürden zur Abwehr von Investoren aus China abzuwehren. Der Chef der BASF, Martin Brudermüller, hat sich jüngst erfreut über die Marktöffnung in China gezeigt, denn darauf hatten deutsche Unternehmer jahrelang gepocht. Die BASF wird bis 2020 bis zu 10 Mrd. € in ein neues Werk in Guangdong investieren. Bereits seit 2005 hat die BASF rund 5 Mrd. € in ein Werk in Nanjing investiert. Neue Restriktionen gegen chinesische Unternehmen, die in Europa investieren wollen, passen einfach nicht zu der Strategie Chinas, ausländischen Investoren einen verbesserten Marktzugang und einen fairen Wettbewerb zu ermöglichen. Denn es gibt keinen Grund zur Sorge über Chinas Einstieg und Beteiligungen bei deutschen Firmen. Ein Ausverkauf in Germany, einst mit Blick auf Investitionen aus den USA schon beschworen, wird nicht stattfinden. Ohnehin macht der Anteil der chinesischen Investitionen an deutschem Firmenkapital derzeit kaum mehr als 2 bi 3 % aus. Im Vergleich zu den deutschen Beteiligungen in der VR China ist das wahrlich minimal.
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