Wenn die sogenannten Verschwörungs-Theoretiker wüssten, welch schwieriges Wort sie sich selber beziehungsweise von anderen mit dieser zusammengesetzten Bezeichnung um den Hals gehängt bekommen, würden sie es lassen. Die Verschwörung leitet sich her vom Verb schwören.Das steht im Kluge-Mitzka zwischen den Worten Schwof und schwül. Es hat also keine Premium Umgebung. Es geht auf das althochdeutsche Wort swerren zurück. Die grundlegende Bedeutung ist: Rede stehen, (vor Gericht) aussagen. Im Laufe der Zeit ist die Verbindung des Worts schwören zum Wort Eid verloren gegangen – zum Glück für die erwähnten Theoretiker muss man heute sagen.
Nun hat unsere Sprache der aus dem schwören-swerren her stammenden Wortfamilie noch Schlimmeres angetan: Sie hat das adverbiale Wörtchen ver… vor das aus dem Schwur hergeleitete Schwörung gesetzt. Ujujujuju!
Das ist wie mit dem Erzeuger und dem Verschwender. Das er… ist gut, das ver… ist schlecht. Verschwörung ist heimlich. Man weiß übrigens nicht so richtig, woher dieses ver… herkommt.
Die „Verschwörung ist also eine schwierige Angelegenheit. Und dann kommt auch noch die Theorie hinzu. Theorie!
Leute, die an Verschwörungen der Art glauben, dass Bill Gates die Weltherrschaft anstrebt, dass Kondensstreifen Ungesundes auf uns regnen lassen und anderes mehr, die haben es ja nicht leicht. Stellen Sie sich ihr Gehirn bzw. ihr Gedächtnis als Kommode mit vier Schubladen vor! In der obersten das, was sie gelernt haben. In der darunter Fußball … und Musik. Dann kommen all die Glaubenserinnerungen und die Freundschaften in die dritte. Und in die ganz unten, in der schon die abgelegten Socken und Hemden und Hosen drin liegen, da muss noch alles andere rein, also das, was man nicht versteht; warum auf dem Dollar ein Dreieck mit Auge ist; warum die CIA immer abstreitet, an allem Bösen Schuld zu sein. Ganz hinten unter den Socken und alten Unterhosen liegt übrigens eine Scheibe – die Erde.
Ich muss aber aufpassen bei dem, was ich hier schreibe, denn Humor haben Verschwörungstheoretiker absolut nicht. Das kann man daran sehen, dass manche von denen auf dem Rücken ein Plakat mit sich herumtragen. Auf dem steht – in Anlehnung an den Werbeslogan „Gib Aids keine Chance“ der Spruch: Gib Gates keine Chance. Bill Gates und dessen Frau Melinda haben vor vielen Jahren die „bedeutendsten Aids-Vakzine-Forscher der Welt zu elf Konsortien zusammen“ geführt. „Gemeinsam sollen sie sich fortan auf die Erforschung eines Impfstoffs konzentrieren können.“ 290 Millionen Dollar spendeten die beiden zu diesem Zweck. https://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/menschen/die-gates-stiftung-spendet-millionen-fuer-aidsforschung-1357324.html
Leute, die sich so etwas auf den Rücken binden, sind total humorlos. Simon Hurtz schrieb in der SZ vom 12. Mai 2020: „Auf den Hygiene-Demos finden sich Rechts- und Linksradikale, Autonome und Antisemiten. Der Kitt dieser Allianz sind Verschwörungsmythen, die ihren Anfang im Netz nehmen.“ Er schrieb weiter: „Teils ist der Unsinn so hanebüchen, dass selbst der Begriff „Verschwörungstheorie“ zu viel der Ehre wäre. Die Mythen sind frei von Fakten, dafür wimmeln sie von Vorurteilen, Feindbildern und haltlosen Unterstellungen. Immer wieder geht es gegen Microsoft-Gründer Bill Gates, dessen Stiftung zu den Großspendern der Weltgesundheitsorganisation WHO zählt.“
Das wird den Humorlosen nicht gefallen. Aber andererseits… Auf den NachDenkSeiten hat der Trubel um die Verschwörungen und deren Anhänger und das Für und Wider den zuständigen Redakteur so durcheinander gebracht, dass er fragte: „Bin ich ein Spinner?“ Berger heißt der Mann, den das Thema so quälte. Ich finde: Das geht zu weit! In einigen Ländern gibt es Wahrheits-Gerichte, weil so Schreckliches getan wurde, dass die Wahrheit ans Licht kommen musste. So etwas Ähnliches müsste es auch bei uns geben, unter der Leitung der GWUP e.V. der Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften. Dann müsste sich niemand mehr mit der Frage quälen, ob er Spinner sei und die Verschwörer können von so schwierigen Worten wie beschrieben endlich die Finger lassen.
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„Auf den NachDenkSeiten hat der Trubel um die Verschwörungen und deren Anhänger und das Für und Wider den zuständigen Redakteur so durcheinander gebracht, dass er fragte: „Bin ich ein Spinner?““
Ja. Und auch diese Frage wurde lebhaft diskutiert – nicht wenige Leser haben den Kollegen ja in er Tat im Vorfeld als „Spinner“ bezeichnet und sich wutentbrannt von der Publikation abgewendet.
Bei den Nachdenkseiten prallen nun eben die „alten Leser“, die wirtschaftspolitisch fundierten und wertvollen Journalismus zu schätzen wussten mit Müllers neuer Anhängerschaft aufeinander: Den Querfrontlern und der neurechten und identitären Meute, die sich die Zerstörung der Zivilgesellschaft in die Agenda geschrieben hat. Müller, so scheint es, desillusioniert von der kalten Schulter der linken Intelligenz, wendet sich nun jenen zu die ihm ein bisschen Aufmerksamkeit bieten: den KenFMs und NuoVisos dieser Welt. Ein Abstieg der schmerzt. Es ist vorbei.
nein und ja.
sind sie, lieber rolf, nicht vielleicht selbst ein wenig beleidigt darüber daß müller ihrem kurs nicht folgen mag?
ich verweise auf den ausstieg des mitstreiters wolfgang lieb der schon vor jahren den weg vorzeichnete der nun eingetreten ist.
ich gebe ihnen hierbei recht: NDS fischt im trüben, ist mitläufer des rechten mainstreams, holt ab und an nochmal linke folklorethemen heraus für jene die die alten zeiten wiederhaben wollen aber unterm strich stehen sie seite an seite mit jenen die die diesen staat hassen, verächtlich machen und in was auch immer überführen wollen.
ich stimme hingegen nicht mit ihnen überein dass dies an der „kalten Schulter der linken Intelligenz“ liegt die man müller entgegenreckt. es ist eine sehr bewusste entscheidung für einen politikwandel.
„es ist eine sehr bewusste entscheidung für einen politikwandel.“
Das ist eine Überinterpretation. Nicht vergessen daß das Personal sich nicht unerheblich geändert hat.
„Das ist eine Überinterpretation. Nicht vergessen daß das Personal sich nicht unerheblich geändert hat.“
ja, aber das ändert nichts an der tatsache. müllers hat seriöse mitstreiter weggebissen und dafür ein paar neue gewonnen, das liegt nunmal in der natur der sache. wenn sie zu häufig links blinken um dann rechts abzubiegen dann ändern sich auch die passagiere 😉
Am Ende ist es eigentlich auch egal welche Motivation zu einem Schwenk nach rechtsaussen geführt hat.
Wenn ich mal spekulieren darf: Müller hat die Übersicht verloren. Unter dem relativ faulen „Wir stellen nur Fragen“-Deckel hat er sich leider ein paar unsägliche Gestalten auf die Bühne geholt und dafür ordentlich eingeschenkt bekommen. Nun scheinen 2 Dinge zu passieren:
1. Müller fehlt die Selbstreflexion um sagen zu können „Ich verstehe die Kritik“, stattdessen scheint bei ihm ein „Jetzt trifft auch mich die Nazikeule, sind die Leute denn verrückt geworden? Sehr her, es kann jeden treffen!“ ein. Gleichzeitig bettelt er um die Liebe der ihm verhassten „Mainstreammedien“ die ihn unter Verschwörungstheoretiker abgelegt haben.
2. Er bekommt die Tür auf der rechten Seite nicht mehr zu, die Leserschaft und Autoren driften folgerichtig in diese Richtung während alte Leser sich mehr und mehr abwenden. Ein sich selbst verstärkender Kreislauf.
Zuviel hineininterpretieren sollte man in der Tat nicht. Es ist ein trauriger Anblick aber ein erklärbarer.
Leider versteht Müller nicht mehr dass er längst Teil des Problems geworden ist und eben keine „kritische Webseite“, sondern ein gekapertes Projekt das heute für Desinformation und Verschwörungsgeschwurbel von rechtsaussen steht.
Meine persönliche Hoffnung ist es daß er das Projekt tatsächlich einfach beendet.
„Meine persönliche Hoffnung ist es daß er das Projekt tatsächlich einfach beendet.“
dazu wird es wohl kaum kommen denn eines ist klar:
vom geschwurbel lässt es sich vermutlich ganz ausgezeichnet leben. die reichweite der nds ist ja durchaus erheblich, das pochen auf die unverschämtheit der „zwangsgebühr GEZ“ mit der man auch noch den „mainstream“ zu füttern hat, der einen „manipuliert“ in verbindung mit dem aufruf zur spende, auf dass „unabhängiger journalismus“ „auch weiterhin“ unterstützt werde, dürfte sich in zuwendungen widerspiegeln von denen viele etablierte medien nur träumen können.
und: nicht zu unrecht wird ja im netz bereits häufiger die frage aufgeworfen, ob solche zuwendungen nicht auch mal aus den regimen kommt, deren propaganda man so eilfertig und ergeben aufnimmt und kritiklos weiterverteilt. besonders „unabhängig“ sieht das jedenfalls nicht aus…
Ich bin eine der „alten“ Leserinnen der NDS. Ich war von der ersten Stunde an dabei. Habe alle Jahrbücher und auch einige der Bücher von Albrecht Müller und Jens Berger. Aber jetzt bin weitgehend weg von den NDS. Der Rechtsruck, der mit Corona kam, schreckt mich zusehends ab. Der letzte Artikel von Jens Berger „Trumps Corona-Infektion +++ Willkommen im medialen Gagaland“ war derart unterirdisch, dass es mir regelrecht die Sprache verschlagen hat. Ich habe auf der facebook Seite der NDS darauf reagiert und wurde von der Rechten Kommentarschaft, die sich dort inzwischen mehrheitlich tummelt, regelrecht attackiert. Lediglich 3 oder 4 Leser fanden das was ich dazu geschrieben hatte gut. Die letzten „alten“ die dort noch zu finden sind… 🙁
Die Meinungen die dort inzwischen vertreten werden sind komplett idiotisch. Man kann ja über die heutigen Maßnahmen zu Corona unterschiedliche Meinungen haben. Man darf oder muss auch kritisieren, aber nicht alles ist schlecht gelaufen bei uns. Wenn man nun aber, wie im letzten Artikel geschehen, einen Donald Trump als Opfer bezeichnet, dann bin ich da raus. Auch wenn Jens Berger schreibt, das sei „überspitzt“ gemeint. Nicht mal überspitzt ist ein Donald Trump „Opfer“. Das verhöhnt all diejenigen, die dort in den USA, wegen Trumps nicht vorhandener Corona Politik, bereits gestorben sind, oder krank sind und sich nicht behandeln lassen können, weil das Geld fehlt. Man hat bei den NDS anscheinend inzwischen komplett die Übersicht verloren, oder bedient inzwischen gewollt das rechte Lager.
Ich finde das sehr schade. Aber es ist wahrscheinlich nicht zu ändern. Albrecht Müller ist damals wegen was völlig anderem angetreten. Eigentlich müsste er sehen was da passiert. Er sollte aussteigen…
Sehr geehrter Herausgeber und Leser des Blogs der Republik,
durch reinen Zufall stieß ich auf Ihre Publikation, für die ich Ihnen herzlich gratulieren möchte.
Wenn Sie es nicht aufgegeben haben, die Nachdenkseiten (NDS) zu lesen, dann wird Ihnen – hoffentlich – meine Lateinamerika-Berichterstattung, nebst Kommentare und Analysen aufgefallen sein, darunter über den Umgang des Bolsonaro-Regimes mit der Corona-Pandemie in Brasilien. Im übrigen: ich bin Brasilianer deutscher Abstammung. Journalistischer „Werdegang“ beginnend mit MA Publizistik an der FU Berlin, ehemals Autor von WDR-Monitor, Evangelischer Pressedienst, Die Zeit, Die Woche (HH), Emma und Deutsche Welle. Bei Letztgenanntem Medium zunächst in der Brasilien-Redaktion (Radio), sodann Deutsche Welle TV und DW Online, wo ich aber wegen meiner Chile-Berichterstattung zensiert wurde. Die Pensionierung und Personal-Umbesetzung in zahlreichen ARD-Redaktionen stellte mich als „freien Autor“ an die Wand und durch einen weiteren Zufall bot mir Albrecht Müller eine Gast-Autorenschaft bei den Nachdenkseiten an, die sich seit 2016 auf Lateinamerika konzentriert, wo ich nach längerem Aufenthalt in D´land wieder lebe.
Allerdings werde ich seit 2020 kontinuierlich wegen meiner Bolsonaro-kritischen Beiträge von NDS-Lesern aus diffusem Negationisten- und Querfront-Umkreis auf´s Übelste beschimpft, gar als „bezahlter Agent von Bill Gates und des Mainstreams“ diffamiert, worüber ich mich mehrfach bei Jens Berger beschwert habe, der einige der Angreifer auf Facebook blockieren ließ.
Emotionale Schutzmasken- und Lockdown-Kritik „im Namen der Meinungsfreiheit“ und Querbeet-Verteufelung „der Medien“ sind für mein Weltbild weltfremde Empfindungen politisch disorientierter Geister. Da hilft auch keine Schuldzuweisung an den bösen Neoliberalismus, der allerdings in Brasilien nicht nur böse, sondern perverse, menschenverachtende Hebel bedient, ldoch längst zum demagogischen Argumentations-Repertoir von Rechtsextremisten gehört und der allein zu wenig für eine fundierte, progressive Analyse bietet.
Soweit in Kürze,
meine herzlichen Grüße an Herausgeber und Leser,
Ihr
Frederico Füllgraf