Während in der CDU das Stimmengewirr um Parteivorsitz und Kanzlerkandidat anschwillt, geht es in der SPD vergleichsweise ruhig und diszipliniert zu. Die Ankündigung der Parteivorsitzenden Norbert Walter-Borjans und Saskia Eskens, in Kürze einen Personalvorschlag für die Kanzlerkandidatur der SPD vorzulegen, ist weitgehend akzeptiert. Besonders Norbert Walter-Borjans hat in der jüngsten Zeit immer wieder herausgestellt, dass es nach vielen Gesprächen in der SPD und mit den Verantwortlichen in der Partei dazu kommen wird. Und dass es um die Kanzlerkandidatur kein personelles Gerangel gibt, ist inzwischen ebenfalls unbestritten. Olaf Scholz weiß das und kann deshalb unbeschwert seinen Job machen – unaufgeregt, kompetent und überzeugend.
Allein diese besonnene und zielstrebige Vorgehensweise der Parteispitze belegt, dass die SPD sich ihrer Verantwortung für Deutschland und Europa bewusst ist und ihre Chance für die politische Gestaltung in der Nach-Merkel-Zeit wahrnehmen will. Nach und nach wird das auch in das öffentliche Bewusstsein rücken. Die Zeit läuft der SPD nicht davon, im Gegenteil, sie gewinnt mit jedem Tag, der näher an das von ihr selbst eingeleitete politische Ende Angela Merkels kommt. Und sie gewinnt umso mehr an öffentlicher Zustimmung, wenn sie klar vor der CDU ihre Personalentscheidung trifft.
Das Dilemma der CDU: Sie muss auf ihrem Parteitag Anfang Dezember nach der SPD-Entscheidung gleich zwei Fragen auf einmal beantworten: Wer wird Parteivorsitzender und wer Kanzlerkandidat. Wer kann gegen Scholz? Die Meinungsumfragen werden sich bis dahin eher als Klotz am Bein der CDU erweisen denn als Entscheidungshelfer. Denn daran beißt die Maus keinen Faden ab: Ohne die Kanzlerin Angela Merkel ist die CDU und damit die Union im Meinungsbild der Menschen allenfalls halb so viel wert.
Also: Umfragen hin, Umfragen her: Die CDU spürt den Wind des politischen Wandels im Nacken und sie ahnt, dass der nur von der SPD ausgehen kann. Und genau das macht die CDU nervös und aufgeregt. Die begonnene Schlammschlacht in den eigenen Reihen legt beredtes Zeugnis ab. Vor allem Laschets NRW-CDU tut sich dabei hervor. Laschet gegen Söder. Jeder gegen jeden. Das ist mehr als bemerkenswert, zumal ja auch Friedrich Merz und Norbert Röttgen, die neben Armin Laschet ihren Hut um den Parteivorsitz in den Ring geworfen haben, aus NRW kommen. Angela Merkel kann da nur staunend zuschauen und die wieder erstarkten Bayern in der CSU reiben sich angesichts dieses Desasters erschüttert die Augen. Als ob die Union ohne die CSU überhaupt jemals eine Chance hätte! So wenig Gemeinsamkeit hatte keiner in der Union erwartet. Für die SPD ist der miserable Zustand der CDU eine Steilvorlage. Für sie muss deshalb klar sein, dass so viel Geschlossenheit wie nur eben möglich den entscheidenden Kontrast zur Union ausmachen kann. Und dazu gehört, die Flügel der Partei breit auszuladen, um richtig Schwung zu bekommen und den Sog zu nutzen. Das alles geht nur mit einer guten Organisation vor dem Wahlkampf und im Wahlkampf. Politische Organisation ist die halbe Miete. Norbert Walter-Borjans weiß das.
Zur Person: Norbert Römer ist ein deutscher Politiker und Journalist. Er ist seit 2005 Abgeordneter im Landtag von Nordrhein-Westfalen und war von 2010 bis 2018 Vorsitzender der SPD-Landtagsfraktion.
Bildquelle: Pixabay, Bild von KuyaAndy, Pixabay License

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