Nicht für die Öl- und Essigflasche auf den Wirtshaustischen, für welche die Kommission eine Verordnung plante bedürfen wir europäischer Solidarität, sondern für das Überleben der „Alten Welt“. In Zeiten globaler Turbulenzen bedarf die Welt Stabilisatoren. Einer davon ist Europa. Europa befindet sich in der Sackgasse der Nebensächlichkeit. Es geht aber um „Hauptsachen“.
Nebensachen
Die Öl- und Essigflaschen sind in einer italienischen Trattoria anders platziert, als in einem Wiener Beisl, in einem französischen Bistro, anders als im Hofbräuhaus und in einem britischen Pub stehen sie überhaupt nicht. Lasst jeden nach seiner Fasson gastronomisch selig werden. Der Reichtum Europas besteht in seiner Vielfalt; das gilt nicht nur für Wirtshäuser.
Europa ist nicht zuständig für die Regelung der unterschiedlichen kulturellen Eigenarten, die Europa so aufregend schön machen.
Hauptsachen
Europa ist unser Schicksal und „notwendig“ zur Bewältigung der großen globalen Herausforderungen der Weltpolitik.
Das Weltklima wird nicht in Altötting bestimmt und das Ozon-Loch in der Atmosphäre ist kein nationaler Defekt. Die Völker der Erde sind gleichsam nur die Besatzung einer Weltraumfähre namens Erde, die durch das Weltall saust. Die Erdbevölkerung ist eine Schicksalsgemeinschaft.
Das Elend der Welt kann nur durch weltumspannende Solidarität überwunden werden.
Die Finanzmonster können nicht national gebändigt und die Terroristen nicht im nationalen Schrebergarten besiegt werden.
Elend und Krieg sind die Quellen der Flüchtlingsströme. Wer Flüchtlingsströme stoppen will, muss die Quellen der Armut austrocken.
Nicht die Platzierung der Ölflaschen und der Krümmungsradius der Gurken sind die Bewährungsprobe für den Sinn der europäischen Einigung, sondern der Beitrag zur Ordnung der Welt, den Europa in gebündelter Anstrengung der Nation zustande bringen muss: Jetzt oder Nie!
Wenn die hungernden und unterdrückten Afrikaner sich auf den Weg nach der Rettungsinsel Europa machen, gibt es keine noch so starke europäische Wasserschutzpolizei, die diese Invasionen über das Mittelmeer aufhalten könnte. Auch keine bayrische Mauer kann so hoch sein, dass sie den Ansturm abwehrt. (Mit Mauern haben nicht nur die Chinesen früher schlechte Erfahrungen gemacht, sondern später auch die Deutschen im geteilten Deutschland.)
Das Asylrecht und die Flüchtlingskonvention sind nur die Ersatzlösung für die fehlenden Antworten auf die elementaren globalen Ordnungsfragen. Ersatzlösungen werden so lange und soviel gebraucht wie die primäre Ursachenbekämpfung versagt.
Je größer das Versagen im Kampf gegen Krieg und Elend, umso stärker die Bedrängnis für und von Flüchtlingen.
Wenn die Europäer jetzt sich wieder hinter nationalen Grenzen verschanzen wollen, dann verraten sie die größte Errungenschaft der Nachkriegszeit, nämlich die Aufhebung von Grenzen in Europa. Um Grenzen haben sich die Völker Jahrhundertelang die Köpfe blutig geschlagen. Ist das vergessen?
In 70 Jahren führten wir dreimal Krieg gegen Frankreich. 1870/71; 1914/18; 1939/45. Wir haben uns dabei über so lächerliche Fragen gestritten, ob die Grenzsteine rechts oder links von Elsass-Lothringen in die Erde gegraben werden. Alles vorbei! Jetzt leben wir 73 Jahre in Frieden. Soll es wieder zurückgehen?
Wie sollen denn die nationalen Grenzen gesichert werden, welche die Flüchtlinge nicht überwinden können? Die Bundesrepublik wird von z.B. 3.800 Grenz-Kilometern einrahmt – 70 offizielle Grenzübergänge gibt es allein zwischen Deutschland und Österreich. Wie soll jeder Waldweg, jeder Bergsteig versperrt werden, damit wir „Ruhe haben“?! Wird auch auf der Zugspitze eine Grenzmauer errichtet? Welch eine Illusion! Den Touristen, Pendlern, Fernlastwagenfahrern auf den Autobahnen in Kiefersfelden, Salzburg, Passau wünsche ich viel Vergnügen wie an den „Söder‘schen Sperranlagen“.
Der Rückstau von Kiefersfelden wird bis an die Stammtische des Hofbräu-Hauses reichen. Dort kann Söder dann Freibier zur Besänftigung der wütenden Bürger spendieren, die auf seine Parolen reingefallen sind!
Und auch der Seehofer-Vorschlag, die in anderen europäischen Ländern registrierten Flüchtlinge an deutschen Grenzen zurückzuschicken, kann mit einem Handgriff wirkungslos gemacht werden: Die Herkunftsländer geben dann einfach die Registrierung auf oder verschlampen sie!
Felix Bavaria! Wo bist Du geblieben?
Die Bayern empfingen die Flüchtlinge so großherzig wie kein anderes Land. Ich war stolz auf die Bayern, als ich die Bilder von Menschen am Münchener Bahnhof betrachtete, auf denen zu sehen war, dass die Bayern herzlicher zu den Flüchtlingen waren als alle „Saupreißen“ zusammen.
Warum leugnet ausgerechnet die CSU eigentlich die beste Tugend der Bayern: Ihre großherzige Gastfreundschaft?
Wem die Stunde schlägt
Wenn es am Wochenende schiefgeht, geht mehr kaputt als die CDU/CSU.
Wir landen in dem politischen Tohuwabohu und mit uns ganz Europa.
Bildquelle: Wikipedia, von © Superbass / CC BY-SA 4.0 (via Wikimedia Commons), CC BY-SA 4.0,