Ohne die Ereignisse von Chemnitz und Köthen wäre der Rechtsextremismus in der Generaldebatte des Bundestages zum Haushaltsentwurf 2019 wohl wieder nur ein Randthema geblieben. Sogar die Kanzlerin äußerte sich dazu, die sonst eher ungern konkret wird. So aber hatte die AfD in Gestalt des Vorsitzenden Gauland Gelegenheit, zu den Messerattacken in beiden Städten zwischen Deutschen und Flüchtlingen mit zwei Todesopfern, den Eindruck zu erwecken, Schuld daran sei die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung, die damit die innere Sicherheit im Land gefährde. Ihm kam dabei die heillose Bemerkung von Bundesinnenminister Seehofer zu Pass, der in der „Migration die Mutter aller Probleme“ ausfindig gemacht hatte. Das fand Gauland mit Blick auf die Kanzlerin sehr zutreffend.
Horst Seehofer und der Präsident des Verfassungsschutzes Hans-Georg Maaßen fanden auch seine Gnade mit ihren Äußerungen im Zusammenhang mit den Ausschreitungen am Rand des jeweils als Trauermarsch für die beiden deutschen Todesopfer deklarierten Demonstrationen. Es kam zu Übergriffen, für die Gauland Verständnis äußerte. Ein ins Netz gestelltes Video, das tätliche Angriffe gegen zwei Flüchtlinge erkennen ließ, wurde von Maaßen zudem als Fälschung verdächtigt, mit der nach seiner Meinung von dem „Mord“ in Chemnitz abgelenkt werden sollte. Dessen Aufklärung steht allerdings noch aus und mittlerweile rudert er zurück, er fühlt sich missverstanden. Seine Entlassung wird selbst von der SPD lauthals gefordert. Und die des Innenministers? Bis zur Landtagswahl in Bayern wird er wohl noch bleiben.
Immerhin: der rechte Terror im Land, der um sich greift, beschäftigt endlich auch das Parlament in Berlin. Dabei geht es auch darum, nicht durch Nachgeben rechter Parolen zuzulassen, dass „besorgte“ Bürger Flüchtlinge zum Sündenbock machen und damit das Klima im Land weiter vergiften. Hier ist vor allem die SPD gefordert. Sie hat keine stringente Haltung in der Flüchtlingspolitik, weil sie zulässt, dass das Thema national verengt wird. Wie sagte doch Frau Nahles, wir können doch nicht alle aufnehmen. Nein, das wohl nicht, zumal derzeit weltweit 68 Millionen Menschen auf der Flucht sind. Sie sind vertrieben durch Kriege und Hunger und noch mehr werden sich aufmachen, wenn der Klimawandel ihre Lebensgrundlagen verwüstet.
Europa hat 2018 den heißesten Sommer seit der Aufzeichnung des Bauernkalenders hinter sich. Hochsommer von Ende April bis in den September mit Höchsttemperaturen bis zu 40 Grad Celsius. Eine sichtbare und unmittelbare Folge ist der Ernteeinbruch in der Landwirtschaft. Wir stehen nach Auskunft der Potsdamer Klimafolgenforscher vor einer „Heiß-Zeit“. Je länger eine weltweit betriebene Klimafolgenpolitik der Industrieländer ausbleibt, umso größer und folgenreicher werden die Maßnahmen sein müssen, den Klimawandel noch zu bremsen und die Zerstörung des blauen Planeten zu vermeiden.
Politik steht also vor großen Herausforderungen. Anders als es bislang die Große Koalition zu erkennen gibt, die auch durch die CSU gehindert wird, die Autobauer zu verpflichten, die Kosten für ihre betrügerischen Manipulationen durch Nachrüstung bei Dieselmotoren zu übernehmen. Die Folge: Fahrverbote für die betrogenen Käufer von Autos mit Dieselmotor. Oder der Energiekonzern RWE, der den Hambacher Forst roden will, um den Braunkohleabbau dort weiter zu ermöglichen. Die RWE pocht dabei auf eine vor 12 Jahren gegebene Genehmigung dazu und hat den Vorschlag zurück gewiesen, auf die Rodung zu verzichten, bis die Kohlekommission über das zeitliche Ende der Verstromung mit Braunkohle entschieden hat. Auch hier ist Politik gefordert.
All das schafft Unsicherheit und Ängste, die sich auch niederschlagen, wenn die Menschen den Eindruck haben, dass den Parteien der Mut fehlt, die wirklichen Herausforderungen zu erkennen und Lösungen anzubieten. Dann haben die scheinbar einfachen Lösungen beste Chancen. Das kennen wir auch aus unserer eigenen deutschen Geschichte. Als Lösung wird daher zur Zeit die Losung ausgegeben, „Merkel muss weg“, weil sie die Flüchtlinge ins Land gelassen hat. Und so sind sie wieder da, als wären sie nie überwunden gewesen: Rassismus und Antisemitismus.. Daher ist es Zeit, die Debatte für Demokratie und Rechtsstaat deutlich zu führen und das nicht zuletzt und immer wieder vor allem im Bundestag.
Bildquelle: Screenshot TV-Übertragung Generaldebatte Bundestag 12.9.2018