Um den CDU-Vorsitz wird es also eine Kampfkandidatur geben, keine harmonische Lösung nach dem Motto Friede, Freude, Eierkuchen. Friedrich Merz tritt an. Also musste Armin Laschet wohl oder übel seinen Hut in den Ring werfen, wenn er nicht riskieren wollte, dass andere ihm alles vor der Nase wegschnappen. Ich sage bewusst alles: CDU-Vorsitz, der ja die Voraussetzung dafür ist, dass man anschließend seinen Anspruch auf die Kanzlerkandidatur der Union anmeldet. Es geht vordergründig um die Nachfolge von Annegret Kramp-Karrenbauer, aber eigentlich um die Nachfolge von Angela Merkel, die seit 2005 Bundeskanzlerin ist und die vor Jahr und Tag angekündigt hatte, zunächst auf den CDU-Vorsitz zu verzichten, um dann beim nächsten Mal, im Herbst 2021, nicht mehr anzutreten. Das war und ist die Ausgangslage.
Den Wettkampf eröffnet hat gestern Armin Laschet(59) für einige überraschend. Er kam damit Merz zuvor. Und er überraschte mit einem klugen Schachzug. Jens Spahn, mit 39 Jahren der Jüngere von beiden und Gesundheitsminster, verzichtet zugunsten des NRW-Landeschefs und Ministerpräsidenten, aber Friedrich Merz(64) ließ sich nicht einfangen, er tritt ebenso an wie wohl auch Norbert Röttgen, der das vor Tagen schon in der Bundespressekonferenz vollmundig angekündigt hatte. Eine kleine Team-Lösung gegen die Ich-Friedrich-Merz-AG und den weiteren Einzelkämpfer Röttgen. Der Sonderparteitag der CDU am 25. April kann spannend werden. Alle Bewerber sind aus NRW, dem weitaus stärksten Landesverband. Die Frage wird sein, ob Laschet, der Rheinländer, die Westalen in der Union hinter sich bringen kann und wie die Hessen, Niedersachsen, die Badener und Württemberger votieren werden. Favorit für mich ist Armin Laschet, zumal er Spahn hinter sich hat, aber er darf Merz nicht unterschätzen, der Freunde hat bei den Konservativen in der Partei, bei der Wirtschaft.
Merz steht für Aufbruch, Erneuerung
Kampfkandidatur, warum eigentlich nicht. Sie gehört zu einem demokratischen Verfahren dazu. Die Abstimmung findet auf einem Parteitag statt, es ist also keine Hinterzimmer-Geschichte. Wenngleich sich die Formationen noch bilden werden. Es wird geworben in allen Ecken und Kreisen. Für wen stimmt die Junge Union, für wen die Frauen in der CDU? Merz hat vollmundig seine Bewerbung unterstrichen: „Ich setze auf Sieg und nicht auf Platz.“ Und: „Ich stehe für Aufbruch und Erneuerung.“ Da fragt sich der Beobachter, wie er das genau meint. Merz hat den politischen Betrieb vor vielen Jahren verlassen, kurz nachdem Angela Merkel, die CDU-Parteichefin angekündigt hatte, sie wolle nun auch Fraktionschefin werden, also den Posten, den Merz damals bekleidete, diesem abknöpfen. Eine Kampfkandidatur vermied Merz, er zog sich zurück und überließ Merkel das Feld. Um das noch einmal klarzustellen: Merkel hat Merz nicht weggebissen, wie das immer wieder kommentiert wurde, sondern Merz hat gekniffen.
Die Karten liegen auf dem Tisch. Laschet, der Mann, dem man Integration zutraut, der europäische Erfahrung gesammelt hat, Verantwortung als Chef der Landesregierung von NRW hat, ein Mann, der mit den Grünen kann, siehe die Pizza Connection aus den 90er Jahren, die er mitbegründete im italienischen Restaurant Sassella in Bonn-Kessenich, bei mir um die Ecke.Laschet, der aber auch mit der FDP kann, mit der er in Düsseldorf sehr unaufgeregt regiert. Was aber auch zur Zeit kein Kunststück ist, die SPD in NRW ist nach der Wahlniederlage 2017 nicht mehr präsent. Laschet gilt als ein Politiker des Ausgleichs, der als Sohn eines Steigers um die Sorgen und Nöte der Malocher weiß. Er ist Rheinländer und als solcher auch ein fröhlicher Zeitgenosse, der den Orden wider den tierischen Ernst gern und mit Überzeugung annahm. Mit Laschet würde der politische Kurs Merkels wohl im wesentlichen fortgesetzt werden, dürfte Angela Merkel ihre Regierungszeit in Ruhe und Ordnung bis zur planmäßigen Neuwahl im Herbst 2021 zu Ende bringen. Ob man das Weiter-So nennt, welche Korrekturen der neue Mann im Adenauer-Haus machen würde? Ob das die Mehrheit von CDU und CSU genauso sieht, ist möglich, aber nicht gewiss.
Die Karriere des Armin Laschet
Armin Laschet hat eine erstaunliche Karriere hingelegt. Er wurde immer wieder auch in der eigenen Partei unterschätzt, er verlor den innerparteilichen Wettbewerb damals gegen Norbert Röttgen, als Jürgen Rüttgers enttäuscht von der Niederlage gegen Hannelore Kraft die politischer Arena verließ. Aber er stürzte nicht, blieb irgendwie im Geschäft. Nicht mal die peinliche Klausuren-Affäre konnte dem damaligen NRW-CDU-Chef etwas anhaben. Er war Lehrbeauftragter an der RWTH Aachen und unterrichtete 28 Studenten. Nach einer Klausur verschwanden die Prüfungs-Papiere auf dem Postweg, Laschet vergab dennoch Noten an Hand von Notizen. Komischerweise 35 an der Zahl, mehr als er Prüflinge im Masterstudiengang Europastudien der Exzellenz-Hochschule Aachen hatte. Laschet überlebte diese mysteriöse Affäre. Laschet ein Glücksritter? Übrigens war er in Aachen, seiner Heimatstadt, ehrenamtlicher Lehrbeauftragter, er bekam dafür kein Geld.
2017 schaffte er, was ihm niemand zugetraut hatte, den Wahlsieg über Frau Kraft und wurde Ministerpräsident, gewählt von CDU und FDP. Man muss hier über die Gründe für die Wahl-Niederlage der SPD-Regierungschefin nicht mehr räsonnieren, das ist Geschichte, Hannelore Kraft sitzt noch im Landtag und wird bei der nächsten Wahl nicht mehr kandidieren. Ob Armin Laschet dann nochmal in NRW antritt oder vorher als Kanzler-Kandidat von CDU und CSU in Rennen geht, bleibt abzuwarten. Man darf es vermuten, wenn alles in seinem Sinne läuft.
Einer wie Friedrich Merz würde als CDU-Chef wohl nur einige Monate stille halten. Mit ihm könnten die Zeiten für Merkel im Kanzleramt unruhig werden, er könnte versucht sein, die Amtszeit der einstigen Kontrahentin zu verkürzen, um selber nach der Macht zu greifen. Wie gesagt, da hat die CDU zu entscheiden, da hat aber auch die CSU ein Wörtchen mitzureden. Kanzlerkandidat will der bayerische Ministerpräsident Markus Söder wohl selber nicht werden, er ist ja erst zwei Jahre Regierungschef in München, aber dass der CSU-Chef auf sein Mitbestimmungsrecht pochen wird, ist gewiss.
Als Röttgen in der Sackgasse war
Dann wäre da noch Norbert Röttgen, über den wir an dieser Stelle erst kürzlich berichtet hatten. Auch er ist wie Merz nicht unbedingt ein Freund der Kanzlerin, sondern wird sich eher als ein Geschädigter Merkels sehen. Sie hat ihn damals als Umweltminister vom Feld genommen, als er die Wahl in NRW vergeigte, die Sache mit der Kandidatur und der Rückfahrkarte ist bekannt und erzählt. Er machte kürzlich keine gute Figur, als er bei Anne Will über Thüringen und den Unvereinbarkeitsbeschluss der CDU was die Linke angeht redete und redete und wohl nicht merkte, dass er sich in einer Sackgasse befand. Röttgen ist eigentlich ein guter Diskutant, der überlegt formuliert. Aber dass die CDU auch über 30 Jahre nach dem Fall der Mauer und 30 Jahre nach dem Ende der DDR immer noch Schluckbeschwerden bekommt, wenn sie über den längst toten Kommunismus diskutiert, dies konnte auch der ansonsten beredte CDU-Außenpolitiker Röttgen auch nicht überzeugend erklären. Dazu dann noch die Sache mit Putin, mit dem man nicht Freund sein muss, mit dem man aber Politik betreiben muss, will man was gestalten. Ohne Russland wird es nicht gehen, wird es keine Lösung in Syrien geben. Was wäre erreichbar gewesen, wären die Politiker im Westen von ihrem hohen Ross des Siegers auf den Verlierer in Moskau zugegangen und hätten ihm die Hand gereicht. Letzteres ist nicht von mir, sondern stammt aus dem Mund des langjährigen deutschen Außenministers Hans-Dietrich Genscher.
Der Wettstreit werde der Partei guttun, hat Merz gesagt. Ob er selber vornehm mit Samthandschuhen arbeitet oder eher im Stile eines Verlierers um sich keilt, gestern schien sich eher die zweite Variante anzubahnen. Schaun wir mal, wie die Stimmung nach dem Sonderparteitag der CDU ist, wenn Sieger und Verlierer feststehen. Denn die wird es geben. So oder so. Die Krise der CDU wird dann nicht auf einen Schlag vorbei sein, zumal mit den Aufräumarbeiten innerhalb der Partei erst noch begonnen wird. Der neue Kopf bestimmt den Kurs. Fragt sich nur, ob alle mitmachen. Wie heißt es doch: die Steigerung von Feind ist der Parteifreund.
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