In die Erleichterung nach den Landtagswahlen in Brandenburg und Sachsen mischt sich Entsetzen. Die langjährigen Regierungsparteien – in Potsdam die SPD, in Dresden die CDU – haben ihre Stellung als stärkste Kraft behauptet und atmen am lautesten auf. Trotz der historisch niedrigsten Ergebnisse ihrer Parteien können Dietmar Woidke und Michael Kretschmer als Ministerpräsidenten im Amt bleiben. Im jeweils anderen Land sind sie weiter abgesackt, die CDU in Brandenburg ohne Machtoption, die SPD in Sachsen nahezu bedeutungslos.
In beiden Ländern hat sich zugleich die demokratiefeindliche AfD mit kräftigen Zugewinnen zur zweitstärksten Kraft entwickelt. Trotz eines im Endspurt verstärkten Abwehrwahlkampfs der Demokraten haben die äußerst Rechten erschreckend zugelegt. Die gestiegene Wahlbeteiligung bringt das hohe Maß an Polarisierung zum Ausdruck. Gut, dass sich auch die früher Gleichgültigen für die Verteidigung der Demokratie mobilisieren ließen.
Das muss in den kommenden Jahren mehr werden. Klare Haltung gegen die Hetzer und Spalter, eine Rückkehr zur Sachpolitik und eine Konzentration auf die Lebensverhältnisse der Menschen sind das einzige wirksame Mittel gegen die rechtsextreme Seuche. Den Demokraten, die mit einem blauen Auge davongekommen sind, sollte das bei der Regierungsbildung bewusst sein. So schwierig die Bildung von Koalitionen nach herkömmlichen Maßstäben bewertet wird: der Trend nach rechts muss die Gemeinsamkeit der Demokraten befördern.
Die Grünen stehen in beiden Ländern bereit. Sie konnten früher trotz der Fusion mit Bündnis 90 in den ostdeutschen Ländern nicht richtig Fuß fassen und sind nun – mit kräftigem Rückenwind durch das bundesweite Hoch – angekommen. Gleichzeitig hat die Linkspartei in ihren einstigen Hochburgen deutlich verloren und ihre Rolle der ostdeutschen Kümmererpartei eingebüßt. Die FDP ist in beiden Landtagen nicht vertreten.
Das wird das Rumoren in der Bundes-FDP verstärken, die nach einem kurzen Hoch bei der letzten Bundestagswahl und der anschließenden Scheu vor der Verantwortung mit ihrem Vorsitzenden Christian Lindner hadert. Die neue Parteivorsitzende der CDU, Annegret Kramp-Karrenbauer, kann mit dem Erfolg in Sachsen dem innerparteilichen Ärger etwas die Schärfe nehmen. Für die SPD, die sich ohnehin gerade im Umbruch befindet und einen Neustart sucht, stellt Brandenburg einen kleinen Lichtblick dar. Wichtiger aber sind die neuen Perspektiven, die sich unverhofft aus den komplizierter werdenden Verhältnissen ergeben. In den Landesparlamenten werden zunehmend Bündnisse erprobt, die in Zukunft auch auf Bundesebene eine Alternative zur Großen Koalition sein können.
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