Die nordrhein-westfälische Landesregierung startet eine breite Anwerbekampagne im Öffentlichen Dienst für Beschäftigte mit Migrationshintergrund. Konkret nannte Integrations-Staatssekretärin Serap Güler (CDU) im Interview mit dem „Blog der Republik“ Lehrer und Ausbilder sowie, in einem weiteren Schritt, auch Erzieher.
„Aufstieg für alle“ zu ermöglichen, nannte Güler als Ziel. Sie kritisierte ein Bildungssystem, in dem für Kinder aus Zuwandererfamilien das Gymnasium „ein ewiger Traum“ bleibe. Hier würden mehr „Brückenbauer“ gebraucht.
Bildung nannte die in Marl aufgewachsene Güler als eine von vier Säulen ihrer Arbeit im Ministerium von Joachim Stamp (FDP). Die weiteren seien Arbeit, Sprache und Wertevermittlung. Sie kündigte die Einführung einer Offensive für „Wertevermittlung und Demokratie“ in Schulen, Kinder- und Jugendeinrichtungen an. Es sei „ein Unding“, wenn ein Kind ein Lied nicht mitsinge, weil etwa im Text „Shalom“, das hebräische Wort für Frieden, vorkomme. Neben Antisemitismus sei auch Homophobie ein Thema, das in den Schulen Thema sein sollte. „Wir müssen unsere Werte vermitteln und auch klarmachen, dass die nicht vom Himmel gefallen sind“, sagte Güler.
Den Begriff „Leitkultur“ scheue Güler selbst nicht, aber sie beharre auch nicht darauf: Über die Verfassungsinhalte hinaus müssten, wenn man über Wertevermittlung spreche, auch Dinge wie zum Beispiel das Existenzrecht Israels oder die Bedeutung des Ehrenamts thematisiert werden. Generell sprach sie sich für mehr Lehrer mit Einwanderungsgeschichte sowie eine noch bessere Verteilung von Schülern mit Einwanderungsgeschichte aus.
Aus ihrem Fachgebiet will sie in den Kindergärten den so genannten „Rucksack“ fördern, der auf die Förderung der Muttersprachenkompetenz, des Deutschen und der allgemeinen kindlichen Entwicklung abzieltGüler setzt in diesem Zusammenhang auf Sponsoring der freien Wirtschaft. „Es spricht nichts dagegen, wenn Unternehmen, die sich sozial engagieren wollen, so etwas finanziell unterstützen.“
Eine verbindliche Sprachstandsfeststellung in den Kitas sieht Güler als notwendig an, um das Sprachniveau zu prüfen. „Das muss vor dem Schulbesuch geklärt sein und gilt für alle Kinder, mit und ohne Einwanderungsgeschichte gleichermaßen.“
Um Sprachvermittlung und Integrationskurse effizienter zu machen, erwägt die Staatssekretärin verstärkten Einsatz des Internets. „Digitalisierung kommt in diesem Bereich viel zu kurz“, sagte sie und führt beispielsweise die Möglichkeit an, gute gebildete Geflüchtete online zu unterrichten. Damit erreiche man mit geringen finanziellen Ressourcen sehr viel mehr Menschen, betonte sie.
Auch die Anerkennung von Berufsabschlüssen sei online leichter zu bewerkstelligen, sagte Güler. Darüber hinaus sei fraglich, ob „wirklich jedes Zeugnis notariell beglaubigt werden muss“. Diese und andere Ideen bringt die CDU-Politikerin aus NRW derzeit auch in die Koalitionsverhandlungen auf Bundesebene ein, die gerade begonnen haben.
„Das größte Bundesland muss in Berlin präsent sein“, betonte Güler und kritisierte in dem Zusammenhang eine „zu große Abstinenz“ der rot-grünen Vorgängerregierung. Auch in Bezug auf ihr eigenes Arbeitsfeld übt Güler Kritik an der Landesregierung von Hannelore Kraft (SPD): „In Sachen Integration ist da über sieben Jahre praktisch nichts passiert.“ Nach der Aufregung um die im Koalitionsvertrag mit der FDP zur Disposition gestellten Integrationsräte in den Städten unterstrich die Christdemokratin, es solle „eine Aufwertung“ der politischen Teilhabe geben. Die Kommunen erhielten künftig die Wahl zwischen einem Integrationsrat und einem entsprechenden Ausschuss, ein völliger Verzicht auf ein solches Gremium solle aber ausgeschlossen sein.
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