Bei der SPD zeichnet sich die Klärung einer wichtigen Personalie ab: Rolf Mützenich(60), nach dem Rücktritt von Partei- und Fraktikonschefin Andrea Nahles, kommissarischer Chef der Bundestagsfraktion der SPD, kandidiert bei der Wahl zum neuen Fraktionschef am 24. September. Dies hat Mützenich der Fraktion in einem Brief mitgeteilt.
Die Entscheidung des Kölner SPD-Bundestagsabgeordneten könnte ein wenig zur Beruhigung der Führungsdebatten innerhalb der SPD beitragen. Seit dem Rücktritt von Frau Nahles wirkt die Partei zunehmend kopf- und orientierungslos. Die kommissarische Leitung der Partei durch drei Personen, die alle erklärt haben, nicht SPD-Parteichef werden zu wollen, konnte die Führungs-Diskussion nicht beenden, zumal der Partei im Osten schwere Landtagswahlen bevorstehen, zumal in Sachsen und in Brandenburg, wo sie sich einer stärker werdenden rechtspopulistischen AfD erwehren muss, die sich sogar nicht scheut, mit einem Plakat von Willy Brandt auf Stimmenfang zu gehen. In Brandenburg droht der SPD der Machtverlust, dort hatte sie seit der Wende ohne Unterbrechung den Ministerpräsidenten gestellt, in Sachsen könnte die Partei nach Umfragen böse absturzen. Es wird sogar ein einstelliges Ergebis befürchtet.
Die Führungs-Diskussion schwächt eine ohnehin angeschlagene SPD, die als Teil der Groko unter Angela Merkel nicht punkten kann, sondern weiter an Glaubwürdigkeit verloren hat. Weder Olaf Scholz, der Bundesfinanzminister, noch Außenminister Heiko Maas und auch nicht Arbeitsminister Hubertus Heil konnten helfen, das Profil der alten Arbeiterpartei zu schärfen. In Umfragen auf Bundesebene nähert sie sich gefährlich der Zehn-Prozent-Hürde.
Die Debatte über den Vorsitz lähmt zudem die Mitglieder, weil die bisher bekannt gewordenen Kandidaten nicht überzeugen konnten.
Dass Rolf Mützenich jetzt seine Bereitschaft erklärt hat, sorgt für eine gewisse Klärung. Mützenich hatte unlängst bei der Debatte zur Amtseinführung der neuen Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer überzeugt und die Fraktion hinter sich gebracht. In einer bayerischen Zeitung war sogar von einer „Sternstunde der Sozialdemokratie“ die Rede. „Mütze“, wie ihn die Freunde nennen, hatte Haltung gezeigt und Position bezogen. Er hatte daran erinnert, dass das Mandat des IS-Einatzes am 31. Oktober ende. Warum sollte er einfach erklären, dass man das umstrittene Mandat, das immerhin schon fünf Jahre läuft, verlängern werde. In scharfer Form hatte derselbe Mützenich die neue Chefin im Wehrressort daran erinnert, dass das Budgetrecht beim Bundestag liege. Ja, wo denn sonst. Merkel kann nicht einfach darüber verfügen. Das Parlament muss sich seine Recht bewahren.
Es war der Auftritt, der überzeugte, der Tonfall, der klarmachte, es reicht den Sozialdemokraten. Mützenich ist gegen das Zwei-Prozent-Ziel, das US-Präsident Trump dem Bündnis abtrotzen will. Er scheute sich auch nicht, diesen Präsidenten zu nennen, was er ist: einen Rassisten, schlimm genug, dass man das über den mächtigsten Mann der Welt sagen muss. Deswegen Mützenich zu unterstellen, er wolle die Groko verlassen, ist voreilig. Der kommissarische Fraktionschef der SPD kann sich hier in guter alter Tradition sehen, in der Nähe eines Willy Brandt, der immer ein misstrauisches Auge auf eine zu militarisierte Außenpolitik geworfen hat. Kramp-Karrrenbauer muss sich an eine härtere Gangart gewöhnen, aus den Zwei-Prozent wird vorerst nichts, zumindest nicht mit der SPD. Schon eine Steigerung auf 1,5 Prozent würde den Wehretat bis 2024 auf 58 Milliarden Euro anschwellen lassen, ein Anstieg auf 2 Prozent ließe den Etat der Verteidigung auf 77 Milliarden Euro klettern, viel Geld, das man besser in die marode Infrastruktur der Republik stecken könnte.
Die Zeiten für die SPD sind schwierig genug. Mit Rolf Mützenich scheint die Partei sich wieder hoch erhobenen Hauptes den Wählerinnen und Wählern zu stellen, um für die Zukunft des Landes zu kämpfen. Und für die Werte der ältesten Partei Deutschlands: für Frieden, Freiheit, soziale Gerechtigkeit, Toleranz, Offenheit.
Bildquelle: Screenshot, SPD-Fraktion Bundestag
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