Zum Regelwerk der Lebenskunde meiner Großmutter gehörte die Überzeugung, die sie gern äußerte: „Sage mir, mit wem Du umgehst, und ich sage Dir, wer Du bist“. Wie oft sie im Laufe ihres Lebens dann manchen Umgang, den sie erst kritisch beäugte, dann doch ganz nett fand, hielt sich wohl die Waage. Ihr Spruch galt, mal so, und mal so.
Das ist im politischen Leben nicht anders. Wer sich da einen falschen Partner sucht, sollte sich nicht wundern, wenn dessen Image auf ihn abfärbt. An diesen Punkt sind die Sozialdemokraten in der „Groko“ wieder einmal geraten. Wieder einmal macht Bundesinnenminister Seehofer ohne Not mit seinem unsäglichen Entwurf eines „Geordnete-Rückkehr-Gesetzes“ Asyl und Abschiebung von Flüchtlingen zu einem Streitthema in der Koalition. Erneut wird darin zusammengefasst, was die CSU aus der demokratischen Spur nach rechts schleuderte, und sie bei der Landtagswahl mit dem Verlust der absoluten Mehrheit und eines ihrer schwächsten Wahlergebnisse in Bayern bezahlen musste.
Der Referentenentwurf eines zweiten Gesetzes zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht braucht über 60 Seiten, die die AfD beglücken mögen, aber sonst niemanden überzeugen können. In Deutschland leben 236 000 ausreisepflichtige Menschen. 180 000 davon bleiben mit einer Duldung im Land, weil ihnen in ihrer Heimat Tod oder Terror drohen, oder ihre Regierung sie nicht ins Land lassen will, jedenfalls keine Papiere ausstellt. Bleibt ein Rest, dem vorgeworfen wird, sich nicht aktiv an der eigenen Abschiebung zu beteiligen.
Seehofers Vorschlag geht aber damit weit darüber hinaus, und will für alle abgelehnten Asylbewerber eine „erweiterte Vorbereitungshaft“ einführen. Zudem will er die Beweislast auf die Flüchtlinge abschieben, die ihre Identität beweisen müssen, was bislang die Ausländerbehörden tun mussten. Damit würden hunderttausende Flüchtlinge, die ihre Identität nicht beweisen können, auch weil ihre Heimatländer daran nicht interessiert sind, zur Ausreise gezwungen werden
Drogen mit Haftstrafen
Gleichzeitig sollen Behinderungen von Abschiebungen mit Haftstrafen bedroht werden und das für jeden, der Abzuschiebende gezielt warnt oder entsprechende Informationen gezielt verbreitet. Das soll offenbar Flüchtlingshelfer, Helfer beim Kirchenasyl, oder Journalisten einschüchtern. Hierzu kann es doch nur ein klares Nein geben, wenn die SPD noch alle Tassen im Schrank hat.
Ausländer möglichst alle raus, so der Seehofer-Vorschlag, und das zu einem Zeitpunkt, an dem klar wird, dass die schnelle Alterung der Gesellschaft jährlich an die 250 000 Einwanderer braucht, um den zunehmenden Mangel an Fachkräften in den Unternehmen auszugleichen. Die jüngste Studie der Bertelsmann-Stiftung dazu macht zugleich deutlich, dass diese Zahl nicht über Arbeitnehmer allein aus den EU-Mitgliedsländern erreicht werden kann. Es bedarf zusätzlich also eigener Anstrengungen, um Menschen auch aus Drittstaaten nach Deutschland einzuladen. Zu glauben, wird könnten aus diesen Ländern Arbeitnehmer werben, ohne deren Ausbildung auch zu gewährleisten, wäre eine weitere Illusion.
Es wäre also notwendig, diesen Gesetzentwurf in seiner gesamten Unvollkommenheit zurückzuweisen und die Debatte über Einwanderung und Integration vom Kopf auf die Füße zu stellen. Einwanderung zur Sicherung des sozialen
Rechtsstaates ist Voraussetzung dafür, die Vorschläge etwa der SPD zur Reform des Sozialstaates zukunftssicher zu machen. Sich als SPD erneut stumm zu stellen und die CSU und ihrer kaum verhüllten Ausländerfeindlichkeit walten zu lassen, wäre das sichere Ende der ruhmreichen Deutschen Sozialdemokratie. Ein klares Veto ist daher notwendig, das den Anschlag auf die Große Koalition durch den Bundesinnenminister zurückweist. Der SPD jedenfalls wäre ein anderer Umgang als den mit der CSU dringend anzuraten.
Bildquelle: Wikipedia,tiegeltuf, CC BY-SA 2.0