Viele Jahrzehnte lang war Deutschland die Apotheke der Welt. Die intensive Pharmaforschung machte es möglich, dass wichtige Medikamente hierzulande entwickelt und hergestellt wurden. Davon profitierten wir Deutschen im Kampf gegen viele Krankheiten. Einst tückische Erkrankungen konnten zum Beispiel durch Impfungen besiegt werden.
Deutschland: Apotheke der Welt?
Doch wurden von manchen Seiten immer wieder Klagen über das immer teurere Gesundheitssystem und insbesondere auch über hohe Preise für Pharmazeutika laut. Kostendämpfung im Gesundheitswesen wurde allerseits gefordert. Das ging insbesondere zu Lasten der Kliniken, in denen der Aufwand für Personal im Schnitt bei 70 % der gesamten Kosten liegt. Das ging aber ebenso zu Lasten der forschenden Pharmakologie, wo der finanzielle Einsatz für neue Medikamente sehr hoch und der Erfolg stets unsicher sind. Denn der Weg vom Labor zur endgültigen Zulassung ist lang und sehr risikoreich. Oft genug wurden hohe Millionenbeträge investiert, um ein medizinisches Produkt zu entwickeln, das schlussendlich wegen seiner Nebenwirkungen oder aus anderen Gründen für den Pharmamarkt nicht zugelassen wurde. Die steuerlichen Abschreibungsmöglichkeiten und staatlichen Förderungen für den Forschungsaufwand reichten nicht aus und sind auch immer noch zu gering.
Ein positives Beispiel: Boehringer Ingelheim
Die Corona-Krise hat die Nation mehr als aufgeschreckt. Mehr als zwei Drittel der Deutschen – so eine Umfrage der Zurich-Versicherung – erwartet von der Politik, dass mehr gesundheitswichtige Produkte im eigenen Land produziert werden. Das gilt gewiss für Masken, Kittel und andere Hygieneartikel, aber vorrangig für einen Impfstoff gegen diesen tückischen Virus und Medikamente zur Corona-Behandlung.
Für die deutschen Pharmafirmen ergeben sich neue Herausforderungen. Sie nehmen diese verantwortungsvoll an, wie man es geradezu beispielhaft in diesen Tagen aus dem Hause von Boehringer Ingelheim erfährt. Dieses Unternehmen hat bereits gemeinsam mit der Braunschweiger Firma Yumab drei Antikörper entwickelt, die möglicherweise die Basis für ein Medikament gegen das neuartige Virus COVID-19 sein könnten. Doch der Weg ist lang, schwierig und teuer, denn die Wirkstoffe müssen erst einmal in Labortests analysiert und danach weiter geprüft werden. Niemand kann exakt voraussagen, wann ein solches Medikament endgültig verfügbar und anwendbar sein wird.
3,5 Mrd. € für Forschung
Boehringer Ingelheim, nach Bayer Leverkusen der größte forschende Pharmakonzern, engagiert sich mit seinen Ressourcen im Kampf gegen Corona. Forscher und Wissenschaftler haben sich bereits seit langem auf die Suche nach möglichen virusneutralisierenden Antikörpern gemacht. Sie sind in Kooperationen mit mehreren Forschungskonsortien zu COVID-19 aktiv – etwa mit einer von der Bill und Melinda Gates-Stiftung initiierten Kooperation und mit der Innovative Medicines Initiatives der EU. Zudem ist Boehringer Ingelheim aktiver Partner im Wettlauf gegen Corona. Dieses forschungsorientierte Pharma-Unternehmen mit über 50.000 Mitarbeitern hat im vergangenen Jahr 3,5 Mrd. € in seine Forschung und Entwicklung investiert und damit so viel wie noch nie zuvor. Rund 70 % seiner Medikamente produziert Boehringer Ingelheim in Deutschland und Europa. Die Lieferketten hat das Unternehmen gut im Griff. Engpässe gibt es nach Angaben von Boehringer ohnehin zum größten Teil bei Herstellern von Nachahmer-Medikamenten.
Rahmenbedingungen für Innovationen verbessern!
Das Beispiel der Ingelheimer Firma sollte Mut und Hoffnung machen. Die Rahmenbedingungen für die forschenden Pharmaunternehmen sollten hierzulande überprüft und optimiert werden. Deutschland muss ein guter Markt für wirksame Medikamente bleiben, der hohe – vielfach unsichere – Forschungsaufwand sollte besser als bisher honoriert werden, damit die Innovationskraft auch für zukünftige Herausforderungen groß genug bleibt. Die Hoffnung ist berechtigt, dass deutsche Pharmahersteller doch schon in einiger Zeit Produkte – Impfstoffe und Medikamente – für einen erfolgreichen Kampf gegen COVID-19 anbieten werden. Viel menschliches Leid könnte damit vermieden werden. Viele hundert Milliarden, die zur Behebung der ökonomischen und sozialen Schäden aufgebracht werden müssen, könnten so in der Zukunft erspart bleiben. Mehr denn je zuvor wird deutlich: Forschende Pharma-Unternehmen sind für uns in ganz besonderem Maße systemrelevant.
Bildquelle: Pixabay, Bild von Michal Jarmoluk, Pixabay License
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