Warum Dresden? Warum diese Hölle, die Tausende von Bomben aus Flugzeugen der Alliierten in deutschen Städten wie in Elbflorenz anrichtete? Mindestens 25000 Menschen kamen in der Nacht vom 13. zum 14. Februar 1945, wenige Wochen vor Ende des Krieges, in Dresden ums Leben. Von der Stadt war nichts mehr zu sehen außer Staub, Trümmer und Leichen. Warum die Angriffe auf Dresden, der Kulturhochburg? Wir vergessen allzu leicht, wie und wann alles begann. Diese Antwort hat uns schon am 8. Mai 1985 der damalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker gegeben. Zu Dresden gehört das Jahr 1933, als die Nazis die Macht übernahmen und alle Gesetze außer Kraft setzten, willkürlich ermordeten, wer ihnen nicht passte, 6 Millionen Juden waren ihre Opfer. Zu Dresden gehört Auschwitz, Dachau, Treblinka, gehört der Krieg, den die Deutschen mit dem Angriff auf Polen begannen und den sie fortsetzten mit ihren Angriffen auf Frankreich, auf große Teile Europas einschließlich der Sowjetunion.Warschau wurde zerstört, Rotterdam, um nur zwei Städte zu nennen. Zu Dresden gehört die systematische Vernichtung von Hunderten von Dörfern in Polen und Russland. Zu Dresden gehört der totale Krieg, den Goebbels in Berlin nach demagogischer Befragung der Massen -Wollt Ihr den totalen Krieg?-ausrufen ließ.
Ja, auch Deutsche zählten zu den Opfern des Krieges und der NS-Diktatur, aber wir dürfen nie vergessen, wer damit angefangen hat, wer ihn vom Zaun gebrochen und Unheil über Europa gebracht hat. Es waren die Deutschen, es waren Hitler und Konsorten, die SS, aber auch die Wehrmacht, die keinen sauberen Krieg geführt hat, wie uns das falsche Propheten gelegentlich eintrichtern wollen. „Wenn wir an die Geschichte des Bombenkriegs in unserem Land erinnern,“ so begann Bundespräsident Frank -Walter Steinmeier gestern seine Rede aus Anlass des 75. Jahrestages der Bombardierung Dresdens im Kulturpalast der Stadt, „dann erinnern wir an beides: an das Leid der Menschen in deutschen Städten und an das Leid, das Deutsche anderen zugefügt haben.“ Und: „Wir vergessen nicht: Es waren Deutsche, die diesen grausamen Krieg begonnen haben, und es waren schließlich Millionen Deutsche, die ihn führten- nicht alle, aber doch viele aus Überzeugung.“ Millionen Deutsche waren Mitglieder in der NSDAP. Später wollten viele der einstigen Täter und Mittätér nichts gewusst haben, viele gerierten sich zu Widerständlern. Wir dürfen das alles nicht vergessen und nicht dem üblen Versuch erliegen, den Tag des Gedenkens ideologisch zu missbrauchen. Wir dürfen nicht zulassen, dass Rechtsextreme, wie in der Vergangenheit allzuoft geschehen, aufmarschieren und die Toten von Dresden gegen die Toten von Auschwitz aufrechnen, um deutsches Unrecht kleinzureden. Lassen wir nicht zu, dass historische Fakten wider besseres Wissen verfälscht werden. Wir dürfen die Opfer auf beiden Seiten nicht verhöhnen, nichts bagatellisieren.
Zur Bombardierung Dresdens gehöre, daran erinnerte Steinmeier, die Zerstörung der Demokratie in der Weimarer Republik, die nationalistische Selbstüberhebung, Menschenverachtung, der Antisemitismus und der Rassenwahn. Er mahnte und nahm Bezug auf aktuelle Ereignisse wie in Thüringen. „Wenn gewählte Abgeordnete heute die Parlamente, in denen sie sitzen, vorführen und lächerlich machen, dann ist das der Versuch, die Demokratie von innen zu zerstören.“ Der thüringische AfD-Chef Höcke darf ein Faschist genannt werden. Gestern stand die AfD im Bundestag allein da, die anderen Parteien, CDU, CSU, die SPD, die Grünen, die FDP und die Linke standen zusammen gegen die AfD. Der CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak antwortete auf die Frage, warum er einen wie Höcke einen Nazi nenne. „Weil er einer ist.“
Hass und Hetze zurückzuweisen ist die Aufgabe aller Demokraten, nicht nur an Gedenktagen, es ist die Aufgabe aller Demokraten, demokratische Institutionen zu schützen. Im Zweiten Weltkrieg kamen insgesamt zwischen 50 und 60 Millionen Menschen weltweit ums Leben, die allermeisten Opfer hatte die Sowjetunion mit mehr als 25 Millionen Toten zu beklagen. Die Staatsmänner Europas zogen aus den bitteren Erfahrungen des Krieges die politische Konsequenz und legten die Fundamente für die spätere Europäische Union. Eine Allianz, die hoffentlich durch den Brexit nicht zerbröselt. Dass wir seit 1945 keinen Krieg mehr gehabt haben in fast ganz Europa, dass Deutschland befreundet ist mit Frankreich, Großbritannien, Belgien, den Niederlanden, Italien, Polen, dass wir umzingelt sind von Freunden-vergessen wir nie, dass das früher mal anders war. Auch das muss die Lehre von Dresden sein.
Bildquelle: flickr, Cassowary Colorizations, CC BY 2.0
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