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Beispiel Ennepetal: Wie Integration gelingen kann

Petra Kappe Von Petra Kappe
5. Januar 2015
Roma Franz (links) und Bürgermeister Wilhelm Wiggenhagen (rechts) sowie Daniel Sodenkamp (AfD) in der Mitte

Im Gespräch: Roma Franz (links) und Bürgermeister Wilhelm Wiggenhagen (rechts) sowie Daniel Sodenkamp (AfD) in der Mitte.

Fremdheit weckt Ängste. Rattenfänger machen sich das zunutze. Sie erzeugen und festigen Feindseligkeit. Weg damit, lautet ihre Parole: Das Boot ist voll, Ausländer raus, fernhalten, ausgrenzen, abschieben. Integration ist der beiderseitige Prozess, Fremdsein zu überwinden. Vorurteile abzubauen und Wege zum gegenseitigen Verständnis zu bahnen, ist ungleich mühsamer als die plumpe Abwehr, aber auch menschlicher, gerechter und zukunftsträchtiger.

Im Kleinen gelingt das. Das westfälische Ennepetal liefert ein Beispiel dafür. Der Zuzug von mehr als hundert Roma setzte vorbildliches Engagement von Zivilgesellschaft und Behörden in Gang; Begegnungen bewirkten Verständnis. Klischees verloren sich. Als die kinderreichen Familien nach acht Monaten ins benachbarte Hagen zogen, bedauerten das auch viele derer, die anfangs nur nach Wegen gesucht hatten, die Zugezogenen möglichst schnell wieder loszuwerden.

Die konfliktträchtigen Geschichten, die aus Duisburg berichtet worden waren, wiederholten sich in Ennepetal nicht. Dennoch zündelte die rechtspopulistische „Alternative für Deutschland“. In einem Antrag an die Stadt ballten ihre Ratsvertreter alle rassistischen Ressentiments gegen Roma zusammen. Im Netz brodelte die Gerüchteküche. Doch die Mehrheitsgesellschaft ging denen nicht auf den Leim, die da auf Kosten der Menschen ihr Süppchen kochen wollten. Sportvereine, Kinderschutzbund, Arbeiterwohlfahrt und tatkräftige Nachbarn setzten sich mit an den Runden Tisch, den die Stadt ins Leben rief, sprachen über die Gepflogenheiten im Alltag, entwickelten Ideen und setzten sie in die Tat um.

Im Vordergrund standen die Belange der Kinder, ihre Bedürfnisse für Bildung und Freizeit. Die Schulen berichteten übereinstimmend von besonders aufgeweckten und lerneifrigen Kindern, die sehr schnell in den regulären Unterricht zu integrieren seien. Welch ein Kontrast zu den Duisburger Geschichten, denen zufolge die Kinder nur unter polizeilichem Zwang zur Schule gegangen seien.

Mitarbeiter vom Integrationshilfeverein ZOF (Zukunftsorientierte Förderung), die einige Roma-Familien schon während deren Zeit in Duisburg kannten, vermittelten in Ennepetal – kennen, verstehen, vertrauen. Auf beiden Seiten war ein Umdenken nötig, ein Aufeinanderzugehen in kleinen Schritten. Das Gelingen der Integration wurde zu einem gemeinsamen Anliegen der Bevölkerung. Am Berufskolleg EN organisierte die Übungsfirmen-Klasse „International Business Equipment“ mit ihrer Religionslehrerin Sigrid Reihs eine Diskussionsveranstaltung, die über die Geschichte der Sinti und Roma informierte.

Roman Franz, der Vorsitzende der Sinti und Roma in NRW, sprach über die Geschichte, die nationalsozialistische Verfolgung, die aktuelle Diskriminierung der Roma-Minderheiten und seinen eigenen Alltag als Sinto. Er erinnerte an Sprüche wie „Zick, zack, Zigeunerpack“ und berichtete von Roma-Kindern, die in Osteuropa auf dem Weg zur Schule mit Steinen beworfen werden. Vertreter der politischen Parteien, darunter die Autorin selbst, die auch Mitglied des Landesintegrationsrates ist, sowie Bürgermeister Wilhelm Wiggenhagen und ZOF-Mitglied Eduard Pusic diskutierten mit den rund 150 Schülerinnen und Schülern.

So kamen die vielen Falschinformationen und Halbwahrheiten auf den Tisch, die Scheinheiligkeit der AfD, aber auch die Machenschaften, denen die Roma aus Bulgarien und Rumänien in Deutschland ausgesetzt sind und an denen letztlich auch die positiven Schritte in Ennepetal scheiterten. Der Bürgermeister sprach von einer Art Mafia, die sich auf Kosten der sprachunkundigen Menschen bereichert; schwere Vorwürfe gegen die Vermieter wurden laut, die desolate Wohnungen ohne gültige Verträge vermieten und die Bewohner, kaum dass sie Fuß an einem Ort gefasst haben, regelrecht herausmobben. Die Familien hatten keine Wahl. Sie mussten Ennepetal verlassen.

Nur acht Monate nach dem Einzug der Neubürger stehen die Häuser wieder leer. Die Familien sind fortgezogen, viele ins benachbarte Hagen. Die Ennepetaler Verwaltung hat der Stadt ihren Rat angeboten. Die ermutigenden Erfahrungen, wie Integration auf beiden Seiten gelingen kann, sollen möglichst weitergegeben werden. Auf diese Weise, so hoffen die Beteiligten, können die menschlichen Begegnungen auf der kurzen gemeinsamen Wegstrecke noch auf lange Sicht Gutes entfalten.

 

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Tags: AsylAsylpolitikAusländerfeindlichkeitIntegrationIntegrationspolitik
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Comments 2

  1. Dr. Daniel Sodenkamp says:
    11 Jahren ago

    Liebe Frau Kappe,

    zunächst sollten Sie Ihren Lesern deutlich sagen, dass Sie auf dieser veranstaltung sich NICHT als Journalisten zu erkennen gegeben haben. Vielmehr sind Sie dort als Politikerin und Vertreterin der SPD aufgetreten. Wenn Sie nun nachträglich über Mitdiskutanten auf dem Podium berichten, sollte das Ihren Lesern klar sein.
    im Übrigen verschweigen Sie Ihren Lesern, dass ich mich viel klarer als Sie von Angriffen auf Sinti und Roma distanziert habe und die aktivität der Ennepetaler AfD-Fraktion, der ich nicht zugehöre, verurteilt habe.
    Im Übrigen verschweigen Sie Ihren Lesern auch, dass der ehem. SPD-Ratsherr Daniel Gräfe (also Ihr Genosse) in Ennepetal durch massive und menschenverachtende Ausfälle gegen Sinti und Roma aufgefallen ist.
    Wenn Ihr Engagement gegen Ausländerfeindlichkeit ernst gemeint ist, und Sie nicht nur Ihr parteiplotisches Süppchen auf dem Rücken der Schwächsten kochen wollen, dann kehren Sie bitte zu einer sachlichen Berichterstattung zurück.

    Antworten
  2. Herbert Wehner says:
    9 Jahren ago

    Herr Sodenkamp, waren und sind Sie nicht etwa einer der führenden Vorstandsmitglieder der AfD im Ennepetal Ruhr Kreis? Mit massiven auffälligen WhatsApp-chats werden Pöstchen bereits vorab verschachert….Nur sie werden ausgebootet….

    Antworten

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