Eine Diskussion geht mir auf Geist und Teile des Körpers. Das ist die über die Größe des Deutschen Bundestages. In nahezu keinem Beitrag fehlt ein Hinweis auf die „Kostenexplosion“ des Parlaments und die Notwendigkeit, da etwas zu dämpfen. Die ARD schreibt über einen „aufgeblähten Bundestag“ – ausgerechnet ein Sender mit Führungspersönlichkeiten, deren Altersrückstellungen sichern, dass die Sender-Rente nie auf vier Stellen vor dem Komma absackt.
Ja, diese Debatte geht mir auf den Geist. Und zwar aus folgenden Gründen:
Die Größe: 709 Parlamentarier sind es heute. Für ein 82-Millionen-Volk keine Wahnsinnsgröße. Das italienische Volk finanziert 630 Abgeordnete und 315 Senatoren. Das französische Volk steht für 577 Abgeordnete grade und eine erkleckliche Zahl Senatoren. Beim uns kommt noch der Bundesrat hinzu und den bezahlen die Länder.
Die Zahl der Abgeordneten gehe auf das komplizierte deutsche Wahlsystem zurück. Das ist wahr – es ist kompliziert, weil nicht nur die Zahl der Erst- und Zweitstimmen berücksichtigt wird, sondern auch das Verhältnis der Zweitstimmen nach Parteien.
Das hat einen großen Vorteil. So kommt man der fundamentalen Erfordernis am nächsten, jeder Stimme die größtmögliche Bedeutung zu geben. Bis auf die Stimmen, die der fünf-Prozent-Linie zum Opfer fallen, stimmt das auch. In Großbritannien zum Beispiel fallen alle Stimmen in die völlige Bedeutungslosigkeit, die Wahlverlieren zuzuordnen sind. Im Extrem bis knapp unter 50 Prozent.
Dritter Grund: Niemand muss vermögend sein, um ins Parlament zu kommen. Das ist in manchen Staaten und Völkern anders. Das deutsche Wahlrecht und die Bindung der politischen Willensbildung an die Parteien (sie wirken mit an der politischen Willensbildung) öffnen den Weg ins Parlament für alle, die gewählt werden können. Unabhängig von Alter, Geschlecht, Kontenstand und Vermögen. Alles in Allem: Kein schlechtes System nach meiner Überzeugung. Natürlich lässt es sich verbessern. Aber bitte verzichtet bei Kommentaren auf reaktionäre Zuschreibungen wie „aufgebläht“: „Billige“ Parlament waren nie gute Parlamente. So was mag´s in den Träumen von Höcke und Co geben. Da sollten sie auch bleiben.
Bildquelle: Wikipedia, User Times, CC BY-SA 3.0
'„Billige“ Parlament waren nie gute Parlamente' hat keine Kommentare
Als erste/r kommentieren