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Home Politik

CDU: Nichts von der SPD gelernt?

Friedhelm Ost Von Friedhelm Ost
31. Oktober 2019
Eine/r gegen alle

Die Zeit der Volksparteien ist offenbar vorbei: Die einst so stolze und starke SPD schrumpfte um gut die Hälfte und mehr: Bundesweit erreicht sie in Umfragen gerade noch zwischen 13 bis 15 %. In manchen Bundesländern fällt sie auf unter 10 %. In Scharen sind der SPD die Wähler weggelaufen. Immer neue Querelen, der Dauerwechsel der Parteivorsitzenden und das stumpfe Profil haben diesen Niedergang verursacht. Die CDU hat aus dieser Entwicklung der SPD offenbar nichts gelernt. Was sich in jüngster Zeit – insbesondere nach der Wahl im Freistaat Thüringen – bei den Christdemokraten ereignete, lässt befürchten, dass auch diese Volkspartei von einer selbstinfizierten Schwindsucht heimgesucht wird.

Holpriger Start von AKK

Richtig ist, dass die Bundesvorsitzende der CDU, Annegret Kramp-Karrenbauer (AKK), nach ihrer Wahl im Dezember 2018 bislang noch nicht richtig Tritt gefasst hat. Unter ihrer Führung konnte die CDU auch noch nicht auf einen guten Zukunftskurs gelangen. Denn das braucht viel Zeit und viele politische Innovationen. Der neue Generalsekretär und das Team in der Parteizentrale konnten bisher auch nicht das liefern, was die Mitglieder und Anhänger der CDU sehnlichst erwarten, nämlich die klare Orientierung, das scharfe Profil und insbesondere die deutliche Ansage, wofür die Partei steht und mit welchen Themen sie das Interesse der Wähler wecken will.

Der jüngst vollzogene Einzug von AKK in das schwierige Verteidigungsministerium ist von vielen nicht verstanden worden – vor allem nicht von jenen, die darauf gesetzt hatten, dass die Parteichefin ihre ganze Kraft auf die Stabilisierung und Erneuerung der CDU als Volkspartei setzen wollte. Die öffentliche Präsenz als Ressortchefin, die die Truppen im Ausland und Inland besucht und die im Bundestag reden darf, ist zweifellos größer. Aber damit steht AKK zugleich im Feuer, was sie nach ihrem Vorschlag für eine entmilitarisierte Zone in Syrien überdeutlich zu spüren bekam. Solche Alleingänge sind wie Ballons, denen bereits wenige Zentimeter über der Bodenhöhe die Luft ausgeht. Das war bereits bei ihrer früheren Forderung nach einer allgemeinen Dienstpflicht für junge Leute so; daraus hätte AKK schon lernen können.

Solide Merkel-Bilanz…

Angela Merkel war lange Zeit die Vorsitzende der CDU und zugleich Regierungschefin. Ohne Zweifel hat sie den Kurs der Partei stark verändert. Das war gewiss notwendig, obwohl viele Wertkonservative sich schwer taten, ihr zu folgen. Innerparteilich Spaltergrüppchen und -Kreise gingen gar in Opposition zu dem Merkel-Kurs. Der Wechsel in der Parteispitze von Merkel zu AKK verlief bisher nicht optimal, da zum einen einige Altlasten zu beseitigen sind, zum anderen ein neuer Aufbruch zu inszenieren ist. Das braucht Zeit und Geduld, die Bereitschaft zu konstruktiven Diskussionen und vor allem Geschlossenheit.

Seit 2005 regiert Angela Merkel unsere Republik. Die Bilanz ihrer Kanzlerschaft kann sich durchaus sehen lassen. Sie hat Deutschlands Ansehen im Ausland enorm gesteigert. Ihr Engagement für Europa ist nicht gering, doch keineswegs so erfolgreich wie bei einigen ihrer Vorgänger. Ihre Bemühungen, mit Putin und Trump gute Beziehungen zu pflegen, hat sie nie aufgegeben, obwohl diese wegen der Unberechenbarkeit ihrer Partner in Washington und Moskau eher glanzlos blieben.

..mit Abschreibungsbedarf

Innenpolitisch hat es unter der Regierung Merkel einen langen wirtschaftlichen Aufschwung gegeben – mit einer Rekordbeschäftigtenzahl, einer hohen Preisstabilität, starken Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen auf den Auslandsmärkten sowie einer soliden Haushaltspolitik mit der „schwarzen Null“. Als Schwachpunkte der Merkel-Bilanz gelten ihr Missmanagement der Migration und Integration, die spontane Energiewende, die verfehlten Ziele beim Klimaschutz und die vernachlässigte innere Sicherheit, ihr zu geringes Engagement für die Neuen Bundesländer sowie Versäumnisse bei der Ausrichtung der Bundesrepublik auf die Digitalisierung. Dass sie bei zahlreichen soziapolitischen Projekten, die vielfach von ihrem Koalitionspartner SPD initiiert wurden, allzu nachgiebig gewesen ist, mögen die Vertreter des Unions-Wirtschaftsflügels immer wieder lautstark kritisieren. Doch Soziale Marktwirtschaft bedeutete für Angela Merkel vor allem auch sozialer Ausgleich in unserer Gesellschaft und Verteilungsgerechtigkeit. Gewiss wäre sie nicht auf die Idee gekommen, 2008, also im Jahre der größten Finanz- und Bankenkrise, ein Buch mit dem Titel „Mehr Kapitalismus wagen – Wege zu einer gerechten Gesellschaft“ zu schreiben, wie es Friedrich Merz verfasste.

Friedrich Merz als Dauer-Besserwisser

Es mag deshalb überraschen, dass nun aktuell Friedrich Merz zum Totalangriff bläst und die Politik der Kanzlerin als grottenschlecht bezeichnet. Die Bild-Schlagzeile konnte er für sich genießen. Auch die CDU-Mittelstandsvereinigung und der CDU-Wirtschaftsrat, der ohnehin kaum mehr Durchschlagskraft als eine Bettfeder hat, applaudierten dem Sauerländer Heckenschützen. Gewiss war Friedrich Merz ein guter Vorsitzender der CDU/ CSU-Bundestagsfraktion in den Jahren 2000 bis 2002 und als Oppositionsführer ein guter Debattenredner. Doch mit ihm als Mitglied im Team des Kanzlerkandidaten Edmund Stoiber gelang der Wahlsieg nicht. Als es 2002 um die Neuwahl des Fraktionsvorsitzenden ging, scheute Merz davor zurück, gegen Merkel anzutreten. Nach einigen Jahren im Bundestag machte Merz eine erfolgreiche Karriere in der Wirtschaft und meldete sich 2018, als es um den CDU-Parteivorsitz ging, wieder zurück, stellte sich zur Wahl und verlor gegen AKK.

Seine immer wieder öffentlich vorgetragene Kritik an den CDU-Granden, allen voran an Angela Merkel, wirkt wenig überzeugend. Eher scheint er die Position des ewigen Besserwissers spielen zu wollen, nachdem er die Rolle des politischen Bessermachers deutlich verfehlt hatte. Mit Friedrich Merz als Kanzlerkandidat würde der Union ein Desaster drohen. Neoliberale und neokapitalistische Politiker finden bei deutschen Wählern gewiss nicht die große Zustimmung. Die SPD könnte davon profitieren. Ob Merz jedoch viele Wähler von der AfD zurückholen könnte, steht in den Sternen. Er sollte deshalb weiterhin in der VIP-Loge bleiben und aus dem Abseits seine Tipps abgeben.

Bildquelle: Pixabay, Bild von Alexas_Fotos, Pixabay License

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