Die Voraussage für die letzte Landtagswahl 2019 in Thüringen folgt weitgehend den vorausgegangenen Wahlergebnissen in Brandenburg und Sachsen. Auch in Thüringen scheint die AfD unangefochten zur zweitstärksten Kraft im künftigen Landtag zu avancieren. Der Führer des rechtsextremen Flügels der braun grundierten Alternative für Deutschland (AfD), Björn Höcke, der seiner rückwärtsgerichteten Sehnsucht nach einem Führerstaat treulich folgt, ist Spitzenkandidat und steht für eine wachsende faschistoide politische Richtung seiner Partei, deren Wähler das offenbar nicht stört.
Der Schulterschluss Höckes mit ausgewiesenen NeoNazis auf dem „Trauer“-marsch in Chemnitz beendet die Mär von einer AfD als einer Protestbewegung des Ostens der Republik. Wer auch künftig weiter sein Kreuz auf dem Wahlzettel bei der AfD „nur“ als Protest bewertet wissen will, der muss sich politisch taub, blind und stumm stellen, damit er Höcke weiter auf seinem Weg zurück nach Rechtsaußen begleiten kann.
Das Deutsche Volk ist laut AfD-Bundestagswahlprogramm in Gefahr. Sie besteht nach Meinung Höckes unter anderem „in der Durchmischung der Bevölkerung mit Personengruppen anderer Hautfarbe“. Die Beschwörung des vermeintlich homogenen deutschen Volkes ist dabei Kern des Kampfes gegen die „korrupten Eliten“ und eine liberale vielfältige und bunte Gesellschaft. Wer nicht zur von der AfD ziselierten „wahren Volksgemeinschaft“ gehört, wird als „Volksfeind“, „fremdgesteuert“ oder „manipuliert“ verachtet. Das ist zugleich auch die Wiederbelegung des Rassismus der Herrenmenschen von Gestern, imaginiertes „Deutschsein über alles“ und ein unüberhörbarer rassistischer Unterton, frauenfeindlich und antisemitisch.
Die Radikalisierung der AfD brachte Alexander Gauland nach der Bundestagswahl auf die Formel: „Wir werden sie jagen“, er meinte die Kanzlerin, verbunden mit der Aufforderung, die Verbrechen des deutschen Faschismus als „Vogelschiss“ in einer tausendjährigen erfolgreichen Geschichte zu vergessen. Mit anderen Worten: 6 Millionen ermordete Juden, hunderttausende ermordete Sinti und Roma, abertausende Sozialdemokraten, Kommunisten und Christen, die im Widerstand ihr Leben ließen, sind nicht erwähnenswert in der sonst „erfolgreichen“ tausendjährigen Geschichte der Deutschen.
Viele der aus der AfD dringenden Äußerungen zeigen eine zunehmende verfassungsfeindliche Grundfärbung unter den Mitgliedern. Ein Vorwurf, der sich auch im Ergebnis der Konferenz „unantastbar“ des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz im „deutschen historischen Museum“ am Dienstag dieser Woche in Berlin unter der Überschrift „Justiz und Gesellschaft gegen Rechte Gewalt“ spiegelte. „Unantastbar“ war der Bezug auf den zugleich wichtigsten 1. Artikel der Verfassung der Bundesrepublik Deutschland.
Die Würde des ´Menschen ist unantastbar, sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt
Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.‘
Feierlicher Eid bindet
Dieser Artikel bindet Polizei und Justiz und alle Beamte/innen, die darauf einen feierlichen Eid leisten müssen.
Wenn das Sagbare nach Rechts verschoben wird, wächst die Akzeptanz für nationalistische oder rassistische und antisemitische Inhalte. Artikel 1 GG fordert, die Würde des Menschen zu achten. Hier sind alle Menschen, nicht nur deutsche Menschen gemeint. Hohe Zeit also, die Auseinandersetzung mit der AfD aufzunehmen und ihre verfassungsfeindliche Grundhaltung aufzudecken, und jeden Eindruck zurückzuweisen, dass es hier Rabatt geben könnte.
Das gilt für Staatsdiener und ihre Eidesleistung ganz besonders. Wer im Staatsdienst gegen die Verfassung verstößt, hat dort nichts zu suchen. Nicht nur in Hessen, dort allein stehen 37 Ermittlungsverfahren wegen rechtsextremer Aktivitäten von Polizeibeamten an, aber auch in anderen Bundesländern wird wegen Verstößen im Öffentlichen Dienst oder in der Justiz gegenüber der Eidesleistung des Grundgesetzes ermittelt.
Erst das Wort, dann die Tat blieb ja nicht bloße Theorie, wie schon der Anschlag auf die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker und die Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke zeigen. Auch 180 Tote, Opfer rechter Gewalt seit dem Fall der Mauer, belegen, dass sich der rechte Rand weiter radikalisiert. Hunderte nicht vollzogene Verhaftungen rechtsextremer Gewalttäter, die abtauchen konnten, und zahlreiche Waffenfunde verweisen auf die Gefahr eines sich zunehmend bewaffnenden rechtsextremen Untergrundes. Jedenfalls sollte sich ein Staatsversagen wie bei der Mordserie des Nationalsozialistischen Untergrundes (NSU) nicht wiederholen. Auf dem Spiel steht nicht weniger als die Verteidigung des demokratischen Rechtstaates, die mit Leisetreterei kaum zu bewältigen ist.
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