Vor ein paar Monaten hatten sie es schon mal versucht – FDP und AfD. Mit einem Überraschungs-Coup hatte sich in Thüringen ein FDP-Mann mit den Stimmen der Rechtsauslegerpartei des Faschisten Björn Höcke zum Ministerpräsidenten wählen lassen. So veritable Freidemokraten wie der Bundestags-Vizepräsident Wolfgang Kubicki bejubelten das offen und öffentlich. Daran gibt es nichts zu deuteln, auch wenn sich die Liberalen hinterher offiziell schämten. Die ruchlose Aktion musste rückabgewickelt werden, als der öffentliche Druck dann doch zu groß geworden war.
Inzwischen schien Gras drüber gewachsen zu sein, aber jetzt wurde die braun-gelbe Koalition aus AfD und FDP aufs Neue offenbar. Als im Bundestag über die Corona-Politik der Regierung Merkel debattiert wurde, übten sich beide Parteien Seit an Seit im Schulterschluss. Beide gerierten sich als Gralshüter von Demokratie und Freiheit. Beide spielten sich als Kämpfer gegen vermeintlich überflüssige, schikanöse und viel zu harte Einschränkungen auf. Beide gaukelten dem Publikum vor, die Corona-Krise sei schon so weit überwunden, dass man viel mehr Freiheiten gewähren könne, als eine böswillige Regierung es zulasse. Beide ignorierten, dass es gerade die rigide Lockdown-Politik der Regierung Merkel war, die Deutschland in der Corona-Krise bisher den Zusammenbruch des Gesundheitssystems und ein Massensterben wie in Spanien, Italien oder den USA erspart hatte. Beide ignorierten ebenfalls, dass führende Virologen immer wieder davor warnen, jetzt mit Leichtsinn die bisherigen Erfolge zu verspielen, denn die Gefahr durch das Virus sei gleichbleibend groß. Beide bedienten brüderlich-populistisch die echten oder vermeintlichen Sehnsüchte der Bürger nach Lockerungen und der Rückkehr zu einem normalen Leben. Für AfD-Fraktionschef Alexander Gauland ist der Staat beim Kampf gegen Corona inzwischen „weitgehend überflüssig“. Und FDP-Chef Christian Lindner kündigte mit dem ihm eigenen Pathos der Bundeskanzlerin die Unterstützung in der Corona-Krise auf.
Dabei war es Christian Lindner, der einst die jugendlichen Umweltschützer der „Friday-for-Future“-Bewegung abkanzelte, Umweltschutz sei „eine Sache für Profis“. Und genau jetzt ignoriert er diese Profis: Nicht nur der bundesweit bekannte Hamburger Virologe Christian Drosten warnt permanent und eindringlich vor einer zweiten sehr viel schlimmeren Infektionswelle, wenn jetzt die Einschränkungen zu sehr gelockert würden. Ginge es nach der Helmholtz-Gesellschaft müsste der Shutdown sogar verschärft werden, wollte man den Covid-19-Erreger richtig einhegen.
Ignoranz gehörte schon immer zum Markenkern der AfD und jetzt mehr und mehr auch zum Markenkern der Freien Demokraten. In Sachen Corona argumentieren beide, wie es YouTuber Rezo kürzlich karikierte: Weil beim Sex die Verhütung bisher mit Kondomen geklappt hat, könnte man künftig doch auch mal ohne Gummi vögeln. Ermutigend, dass die Bürger zumindest bisher immun sind gegen die Verführungsversuche der braun-gelben Koalition. Laut dem jüngsten Polit-Barometer des ZDF hält eine übergroße Mehrheit der Deutschen die derzeitigen Einschränkungen wegen Corona für richtig. Sogar 90 Prozent sind mit der Arbeit der Regierung Merkel zufrieden. Da kann es die Kanzlerin gewiss verkraften, wenn Christian Lindner ihr die Gefolgschaft aufkündigt. Denn der hat mit seinem Kurs den Zustimmungswert für die FDP inzwischen auf fünf Prozent gedrückt.
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