Das war knapp. Sensationell knapp sogar, denn noch im Mai hätte niemand der polnischen Opposition diese Stärke zugetraut. Zwar hat der rechtskonservative Amtsinhaber Andrzej Duda die Stichwahl um das Präsidentenamt offenbar gewonnen. Doch sein Herausforderer Rafal Trzaskowski hat mehr als nur einen Achtungserfolg erzielt. Er hat Duda zittern lassen, die Demokraten wachgerüttelt und den Anstand mobilisiert. Nahezu die Hälfte der Wählerstimmen setzte am Wahltag das deutliche Signal: Das liberale Polen lebt.
Geeint hinter dem europafreundlichen Warschauer Bürgermeister hat die Opposition im Land unserer Nachbarn – auf lange Sicht – die Chance, die Macht der Regierungspartei PiS zu brechen. Allerdings erfordert das einen langen Atem und die Bündelung der Kräfte. Die kurzfristige Perspektive lässt nicht unbedingt Gutes erahnen. Duda bleibt weitere fünf Jahre im Amt, und falls er sich nicht von dem Gängelband der PiS emanzipiert, wird deren Parteichef Jaroslaw Kaczynski die verbleibenden drei Jahre bis zu den Parlamentswahlen nutzen, um den autoritären Umbau des Staates zu forcieren.
Ist der 48-jährige Duda aber auf ein politisches Wirken nach seiner zweiten und letzten Amtszeit bedacht, sollte er seine verfassungsmäßige Rolle ernstnehmen und sich nicht länger als gefügigen „Kugelschreiber“ der Regierung verstehen. Der polnische Präsident hat von Amts wegen das Recht, sein Veto gegen demokratie- und rechtsstaatsfeindliche Gesetze einzulegen. Er kann den Durchmarsch der PiS stoppen und zur Befriedung des gespaltenen Landes beitragen.
In seiner ersten Amtszeit hat er diese Verantwortung freilich nicht angenommen. Die Justiz und die Medien sind bereits stramm auf Regierungskurs getrimmt. Sollte die Präsidentschaftswahl vor Gericht landen, etwa weil die Opposition Behinderung und Benachteiligung im Wahlkampf geltend macht, hätte Duda von dort wenig zu befürchten. Jetzt drohen weitere Angriffe gegen Minderheiten, Nichtregierungsorganisationen, Kulturschaffende und Andersdenkende.
Das sind Sprengsätze. Die Zerrissenheit des Landes birgt die Gefahr von Chaos und Konflikt. Viel wird auf die Zivilgesellschaft und die Opposition ankommen, die in Trzaskowski einen neuen, bündnisfähigen Hoffnungsträger gefunden hat. Sein Eintreten für ein solidarisches, demokratisches und Europa zugewandtes Land hat bei der ersten nationalen Wahl in Corona-Zeiten eine ermutigende Alternative zu Nationalismus und Hass aufgezeigt. Es wäre ein Segen für Polen und für Europa, wenn sich diese trotz der Niederlage behauptet.
Bildquelle: Pixabay, Bild von Andrzej Rembowski, Pixabay License
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