Sigmar Gabriel gibt derzeit der Sozialdemokratie gern publizistische Nachhilfe zur Überwindung ihres sichtbaren Niedergangs. Da er allerdings daran als ehemaliger Vorsitzender auch selbst maßgeblich beigetragen hat, sollte man auch ihn daran erinnern, dass Johannes Rau, ehemals Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen und danach Bundespräsident, weiland öffentlich bat, auf Ratschläge nach Niederlagen zu verzichten, zumal dann, wenn sie ungefragt auch noch öffentlich erteilt werden. Was Gabriel gern tut. Auch öffentlich erteilte ungefragte Ratschläge, seien schließlich, so damals Johannes Rau, „Schläge“ und daher nur selten hilfreich.
So auch, als Gabriel die von der Verteidigungsministerin und CDU-Vorsitzenden Annegret Kamp-Karrenbauer aus dem Hut gezauberte Anregung lobte, in Nordsyrien eine von der NATO, unter Beteiligung der Bundeswehr gestützte Sicherheitszone einzurichten. Das sei, so Gabriel eine logische Konsequenz, „wenn wir mehr wollen, als nur die aktuelle Lage zu beklagen“ und davor warnte, den Vorschlag von Kramp-Karrenbauer mit angeblich „formalen Einwänden vom Tisch zu wischen“.
Nun ist zur mangelnden Substanz des Vorschlages der Verteidigungsministerin bereits alles öffentlich gesagt, einschließlich der Erwartung der CDU-Vorsitzenden an den UN-Sicherheitsrat, eine Entschließung in ihrem Sinne vorzunehmen. Nichts dergleichen wird passieren. Kramp-Karrenbauers Initiative, die in der Koalition unabgestimmt war, macht deutlich, dass der außenpolitische Kenntnisreichtum der ehemaligen saarländischen Ministerpräsidentin offenbar gegen Null tendiert.
Dass ausgerechnete Gabriel ihr beispringt und einen Vorschlag lobt, der nur deswegen die Welt erblickte, weil die CDU-Vorsitzende nach einem schwachen Auftritt auf dem Deutschlandtag der Jungen Union offenbar hoffte, mit einem solchen Vorschlag zu Punkten, um nicht vollends als Nachfolgerin von Angela Merkel als mögliche künftige Kanzlerin aus dem Rennen zu sein.
Zurück zu Gabriel. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich, zugleich kenntnisreicher außenpolitischer Experte der SPD, hat die ganz Schwäche der AKK-Initiative klar gemacht. Ohne dabei Gabriel namentlich zu erwähnen, hat er damit zugleich seine Unterstützung des unausgegorenen Vorschlags für die CDU-Vorsitzende bewertet. Zu erinnern ist, dass eine Rückkehr Gabriels in das Amt des Außenministers nach Bildung der dritten GroKo ohne jede Unterstützung war.
Als vormaliger Pop(musik)beauftragter des SPD-Parteivorstandes indes hatte er der Partei offenbar länger und kenntnisreicher dienen können, denn als kurzzeitiger Außenminister. Das wird ihn kaum hindern, erst recht nicht nach der Niederlegung seines Bundestagsmandats, als einfaches SPD-Mitglied weiter seiner Partei, öffentliche „Ratschläge“ zu geben. Und man kann sicher sein, dass sie entsprechende Wirkung zeigen werden.
Bildquelle: Wikipedia, Michael Thaidigsmann, CC BY-SA 4.0
'Gabriels Ratschläge und die SPD' hat einen Kommentar
27. Oktober 2019 @ 14:38 Kai Ruhsert
So ist es: Die den Karren selber in den Dreck gefahren haben (z.B. Gabriel und Münte), geben nun anderen schlaue Ratschläge.
Es soll ja sogar Leute geben, die danach rufen – Leute wie Alfons Pieper. Zitat aus einem seiner Artikel: „Wäre Franz Müntefering nicht ein Gewinn in der am Boden liegenden ältesten deutschen Partei? Warum ruft ihn keiner oder will er einfach nicht mehr?“