In Krisenzeiten gilt zunächst einmal, dass man die Verantwortlichen arbeiten lässt, ohne dass es parteipolitischen Streit gibt. Dies wurde auch durch die Opposition im Landtag NRW so gehandhabt. Dies darf aber dann nicht so bleiben, wenn sich massive Fehler häufen. Dann muss auch in Krisenzeiten durch die Opposition die Frage nach der politischen Verantwortung gestellt werden.
Für NRW lässt sich schon jetzt, am 18. März 2020, bitter feststellen, dass ausgehend von der Situation in Heinsberg, bei der Landesregierung mehrfach dramatische Fehleinschätzungen vorlagen. Am 25.02.2020 wurde vom Heinsberger Landrat die Coronavirusinfektion eines einen Tages zuvor eingelieferten Ehepaares bestätigt. Schnell tauchten weitere Fälle auf und es zeigte sich kurz danach, dass der Hotspot die Kappensitzung am 15.02.2020 war, also ein Ereignis, dass 10 Tage zurück lag. Zu diesem Zeitpunkt, also am 25.02., waren in Italien schon sieben Menschen gestorben, mehr als 280 als infiziert erkannt und die Krankenhäuser schlugen Alarm. Es hätte sich angeboten, aus dem Ablauf in Italien und auch in China zu lernen. Aber während in der Folgezeit die Fallzahlen in Heinsberg immer schneller wuchsen, lernte die Landesregierung aus den italienischen Verhältnissen offensichtlich viel zu wenig. Spätestens Anfang März hätte die Landesregierung zusammen mit dem Kreis Heinsberg den ganzen Kreis zum roten Gebiet erklären müssen. Stattdessen ließ sie noch am 07. März zu, dass das Fußballspiel zwischen Mönchengladbach und Dortmund vor über 50.000 Zuschauern stattfand. Minister Laumann zeigte damals tatsächlich Verständnis für jeden Heinsberger, der nun nicht zu diesem Fußballspiel ginge; eine absurde Perspektive auf das Problem! Nur zu Erinnerung: Zum gleichen Zeitpunkt gab es in Italien 2600 Patienten, die mit Symptomen ins Krankenhaus eingeliefert wurden, 560 waren auf der Intensivstation und bereits 233 waren gestorben. In NRW wurden trotzdem erst am 10. März 2020 alle Großveranstaltungen mit mehr als 1.000 Teilnehmern verboten. Schulen blieben jedoch geöffnet, obwohl die meisten Virologen darauf hinwiesen, dass über Kinder die Brückeninfektion erfolge. Noch am 11. März schloss die NRW-Landesregierung generelle Schulschließung für NRW aus, um dann am 13. März auch davon abzurücken und die Schulschließung ab dem 16. März zu verkünden. Und das Chaos ging weiter: Am 16. März sagte Minister Laumann, dass Spielplätze weiter geöffnet blieben, um am 17. März zu verkünden, dass sie ab dem 18. März geschlossen würden. Am späten Nachmittag des 17. März sollte der großflächige Einzelhandel wie Kaufhäuser im Gegensatz zu den meisten Bundesländern noch offengehalten werden, um 21.00 Uhr(!) des gleichen Tages wurde dies für den nächsten Morgen verboten. Die Öffnung von Restaurants und Mensen ist laut gestrigem Erlass der Landesregierung immer noch zwischen morgens 6.00 Uhr und 15.00 Uhr erlaubt. Und während Bayern für seine Wirtschaft bereits vor Tagen einen Rettungsschirm von 10 Milliarden aufspannte, will das CDU/FDP-Kabinett in NRW am Donnerstag über ähnliche Maßnahmen beraten.
Zwischenzeitlich werden für Deutschland immer dramatischere Maßnahmen diskutiert. Die Kanzlerin kündigte für den Abend eine Videobotschaft in erstem und zweitem Programm an und in der Öffentlichkeit wird über Ausgangssperren diskutiert. Übrigens: Eine solche gibt es bis heute im Kreis Heinsberg nicht! Dies, und die wenigen Beispiele aus den letzten 20 Tagen zeigen, dass diese Landesregierung eben nicht die notwendigen Entscheidungen so zeitnah traf, um die jetzt immer wieder beschworene Verlangsamung der Infektionen selber mit verhältnismäßig kleineren Mitteln durchzusetzen, als dies jetzt noch möglich ist.
Ministerpräsident Laschet und sein Kabinett kommen im Gegensatz zu Ministerpräsident Söder in Bayern regelmäßig zu spät, obwohl NRW innerhalb der Bundesrepublik besonders betroffen ist! Für NRW ist das bitter, für die Bundesrepublik zeigt sich gerade: Mag er auch Parteivorsitzender der CDU werden – Kanzler kann er nicht!
Horst Becker MdL
Parlamentarischer Staatssekretär i.R.
Vorsitzender der Fraktion
GRÜNE für Lohmar im Stadtrat
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