Wie bitte? Fast glaubte man, sich verhört zu haben. Martin Schulz beanspruche das Amt des Außenministers in der erneuerten GroKo und wolle dafür das Amt des SPD-Parteivorsitzenden aufgeben? Die weitere Nachricht, begleitet von der Einigung bei den Koalitionsverhandlungen, Schulz wolle das Parteiamt an Andrea Nahles weiter geben, was wohl die unzureichend zusammengefasste Wiedergabe einer Information aus dem Willy-Brandt-Haus sein dürfte. Denn dafür wäre ein erneuter Parteitag notwendig, auf dem Rücktritt und Wahl vollzogen werden müssten. Ein anderer Weg jedenfalls stünde einer solchen Rochade nicht zur Verfügung.
Aber kann Schulz wirklich glauben, dass die SPD-Delegierten auf einem Parteitag dem Verhandlungsführer des Koalitionsvertrages Martin Schulz den Weg in das Kabinett Merkel ermöglichen werden, der das doch für sich selbst absolut ausgeschlossen hatte? Glaubt er wirklich, dass er auf einem Parteitag, der doch nicht erst irgendwann die Führungsfrage zu klären hätte, ohne Debatte davon käme? Glaubt er wirklich, die Partei könne auch diese Volte verdauen, die ihm wichtiger zu sein scheint als das höchste Amt der Partei, in dem er, wenn auch vielfach zähneknirschend, zuletzt mit achtzig Prozent bestätigt worden war? Ist ihm ein Ministeramt wichtiger als der Verlust der eigenen Glaubwürdigkeit? Welch ein Hintertreppenwitz von einem Mann ausgelöst, der gestern noch die Partei in die Opposition führen wollte und jedenfalls für sich keinen Platz in einem Kabinett Merkel erkennen konnte.
Sollte Schulz tatsächlich glauben, dass er mit Verständnis rechnen könnte, wenn er die 155 Jahre alte Partei rücksichtslos als Vehikel seines Ehrgeizes missbrauchen würde? Angeblich ging es ihm doch darum, die Glaubwürdigkeit der SPD zu stärken und den Prozess der Erneuerung zu lenken und jetzt der Eindruck, es war alles nicht so gemeint?
Die Eintrittswelle in die SPD ist doch ein Hoffnungsschimmer, dass die Erneuerung gelingen und neues Vertrauen in die SPD entstehen könnte. Die Causa Schulz aber könnte, nach der 100 Prozent Zustimmung für ihn an die Spitze der Partei, dazu führen, dass er den nächsten Parteitag politisch nicht übersteht und dass er zugleich auch eine Zustimmung zum Koalitionsvertrag durch die Parteimitglieder verspielen könnte. Der Trümmerhaufen, den der offensichtlich völligen uneinsichtige Schulz hinterließe, wäre die Restmenge für eine Sozialdemokratie, die sich damit politisch verabschieden würde. Nur sein Rücktritt könnte der SPD diese Entwicklung ersparen.
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