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Home Politik

Maut als Inbegriff politischen Unsinns

Alfons Pieper Von Alfons Pieper
29. Juli 2014
Brückengeld Süddeutsche_Eisenbahn-Gesellschaft

Brückengeld Süddeutsche_Eisenbahn-Gesellschaft

Von der großen Koalition könnte man eigentlich Großes erwarten. Eigentlich aber nur. Groß ist bei der Koalition allein die Mehrheit, über die die Regierung Merkel/Gabriel im Bundesrat verfügt. Inhaltlich hat diese Regierung bisher vor allem Stückwerk produziert, Geschenke für die jeweilige Klientel der einzelnen Koalitionspartner.  Etwas vereinfacht gesagt: Die SPD hat die Rente mit 63 und den Mindestlohn durchsetzen können, die CSU hat sowohl das Betreuungsgeld sowie die PKW-Maut bekommen. Und die CDU? Immerhin stellt sie mit Angela Merkel nun im neunten Jahr die Kanzlerin und diese sichert der CDU große Sympathiewerte.

Über manches Projekt der Großen Koalition ist ja schon viel gelästert worden,  und gerade hat eine Untersuchung gezeigt, dass das Betreuungsgeld genau das Ergebnis bringt, was Gegner immer schon befürchtet hatten: dass nämlich exakt die bildungsfernen Kreise ihre Kinder von der Kita fernhalten, um das Geld zu kassieren, und damit ausgerechnet jene Kinder, die die Förderung dringend nötig hätten, davon ausgespart bleiben.  Aber Seehofer hatte das immer gefordert und er hat sich durchgesetzt. Brachiale Politik, wo die Vernunft hintangestellt wird.

Aber was seit Wochen über die PKW-Maut-Pläne des Bundesverkehrsministers Dobrindt geschimpft wird, übertrifft alles. Ein Blick in die Presse-Landschaft genügt, um die Stimmung aufzufangen.  Da heißt es:  Maut Murks. Oder: Eine bayerische Schnapsidee. Die NZZ(Zürich) urteilte: Fehlkonstruktion Maut. CDU-Vize Laschet sieht die PKW-Maut als „rechtlich unmöglich“. Das Umweltbundesamt kritisiert die PKW-Maut als nutzlos für den Umweltschutz.  Seehofer verbietet CSU Kritik an der Maut. SPD-Chef Gabriel ruft eigene Leute zur Koalitionstreue auf, schlimmer noch, er hat im Grunde seinen Parteifreunden in Bund und Ländern eine Art Maulkorb verpasst.

Die Idee einer PKW-Maut entstammt dem bayerischen Wahlkampf. Der dortige Ministerpräsident und CSU-Chef Horst Seehofer war schon immer ein Freund deftiger Worte und er hat stets den mächtigen bayerischen Stammtisch im Blick. Dass dort über die Ausländer geschimpft wurde, weil die keine Gebühr für die Benutzung der teuren deutschen Autobahnen zahlten, passte ihm gut ins Konzept. Also hat er gesagt: Das werde abgestellt, Ausländer sollten eine PKW-Maut zahlen. Ein mindestens schwieriges, wenn nicht unmögliches Unterfangen, das er seinem einstigen schneidigen Generalsekretär und Neu-Bundesverkehrsminister Dobrindt aufbürdete. Auf  Dobrindt hat Seehofer die Karte Maut gesetzt, der werde es packen, die Kritiker würden den Dobrindt schon noch kennenlernen.

Nun ja. Dobrindt kann noch so tolle Pläne auf den Tisch legen, er kann Motorradfahrer mit einbeziehen und schwere LKW auf dem Land schonen, er kann sie meinetwegen auf jeden Bauernweg erheben, er wird sie nicht vereinbaren können mit geltendem EU-Recht und dem Wunsch, ja der ultimativen Forderung seines obersten bayerischen Herrschers namens Seehofer, wonach die deutschen Autofahrer nicht zusätzlich zur Kasse gebeten werden dürfen. also soll die KFZ-Steuer mit der geplanten Vignette verrechnet werden mit der Folge, dass die deutschen Autofahrer zwar eine Vignette erhalten, dafür aber von der KFZ-Steuer entsprechend entlastet werden. Das aber führt zur Diskriminierung von Ausländern, die die volle Vignetten-Gebühr entrichten müssten und die Deutschen nicht.

Gern wird am Stammtisch der Vergleich mit Österreich, Italien und der Schweiz herangezogen. Nur, in diesen Ländern zahlen alle  Einheimischen den gleichen Vignetten-Betrag wie die ausländischen Besucher.  Ohne Ausnahme. Ein klarer Fall von Diskriminierung, wie der dafür zuständige Kommissar in Brüssel auch schon angemerkt und darauf hingewiesen hat, dass man Slowenien die Einführung einer Maut nicht gestattet habe.

Die Sache steht Spitz auf Knopf, weil sie im Koalitionsvertrag steht und Seehofer betont hat, die Einführung der PKW-Maut sei eine Koalitionsfrage, will sagen: Seehofer macht den Fortbestand der Großen Koalition von einem Gelingen der PKW-Maut abhängig. Genauso wie die SPD ihr Vorhaben mit dem Mindestlohn durchsetzen konnte, poche die CSU nunmehr auf Zustimmung der Koalitionspartner zu den PKW-Maut-Plänen. Dass die Maut-Pläne Dobrindts ziemlich unausgegoren wirken,  machen Kritikern selbst aus den Koalitionsparteien immer wieder deutlich. So hat zum Beispiel Bayerns Innenminister Hermann vorgeschlagen-oder darf man fordern sagen trotz Seehofers Verbot?-, die Grenzgebiete von der Maut zu befreien. Schließlich will man nicht den kleinen Grenzverkehr stilllegen, der auch in Bayern dafür sorgt, dass Ausländer ihr Geld in den weiß-blauen Freistaat bringen, um dort einzukaufen.  Ähnliches hat auch NRW-CDU-Laschet kritisiert. Immerhin will Dobrindt seine Maut-Pläne auch auf Land- und Bundesstraßen durchsetzen.  Und in dem Fall könnte es passieren, dass so mancher Ausländer von einem Kurz-Besuch jenseits der Grenze absieht, weil ihm die Vignette zu teuer ist.

Da darf man schon den Kopf schütteln, wenn in einer großen Koalition nach nicht mal einem Jahr die Machtfrage gestellt wird. Und zwar über die PKW-Maut, die eigentlich außerhalb der CSU niemand in Deutschland will und die niemand für zweckmäßig hält. Und Mehreinnahmen würde sie auch kaum bringen. Aber einer wie Seehofer will mit dem Kopf durch die Wand. Wenn das Politik sein soll, armes Deutschland.

 

Bildquelle:  Süddeutsche Eisenbahn-Gesellschaft – Quittung CC BY-SA 3.0 ANKAWÜ

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Tags: CSUDobrindtGabrielGroKoMautMerkelSeehofer
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