Wir leben in Zeiten! Und was wir uns zumuten, ist ungeheuer. Was wir leisten! Corona schränkt unser Leben ein, keine Frage. Da müssen wir gegenhalten. Wo kommen wir hin, wenn wir schon um 1 Uhr nachts-oder ist es morgens?- die Kneipe verlassen müssen? Um 1 Uhr schon. Wer ist nur auf diese Idee gekommen?! Unzumutbar. Wer hält das aus, um 1 Uhr das Etablissement verlassen zu müssen, quasi nüchtern, um dann zu Hause weiterzumachen. Weil andere Kneipen ja auch schließen müssen. Karl Kraus hätte dazu gesagt: Meine Sorgen möcht ich haben. Wer will, kann das Zitat auch Kurt Tucholsky zuschreiben, der hat es ein halbes Jahr später-im März 1931 soll es gewesen sein- gesagt. Probleme gibt es, kaum zu lösen.
In der „Neuen Westfälischen Zeitung“ in Bielefeld-ich weiß, diese Stadt gibt es eigentlich gar nicht- las ich eine herrliche Geschichte, auch nach dem Motto:Was wir uns doch alles zumuten!? Der Autor, Vize-Chefredakteur Carsten Heil, schreibt in der täglichen Kolumne des Blattes über „Streit um Heilige Drei Könige“, das kommt ja auf uns zu wie Donnerschlag und verhagelt uns möglicherweise die ganze schöne Weihnacht. Nein, das weist Heil gleich zurück, dieses Mal gehe es nicht um Corona, viel Schlimmeres erwartet uns, nicht nur in Ulm, wo er es entdeckt hat, dieses Problem wird ganz Deutschland, so weit es Weihnachten feiert, durcheinanderbringen. Es hat irgendwie mit dem Beherbergungsverbot zu tun, also doch etwas zumindest am Rande mit Corona. Aber jetzt kommt es: Die Heilige Familie, also Maria und Josef waren irgendwo im Nahen Osten unterwegs auf Herbergssuche, vergeblich. Keiner wollte sie. Und deshalb landeten sie in einer zugigen Krippe, in der Jesus zur Welt kam. Und wie das so ist mit Geburten, erhielten die fröhlichen Eltern wenige Tage später Besuch: von den Heiligen Drei Königen. So weit so gut.
Auf den folgenden Gedanken-Bogen bin ich nicht gleich gekommen, aber er ist wesentlich, im Grunde müsste die ganze Geschichte umgeschrieben werden. Jawohl, wir alle- gemeint die Krippenbesitzer- müssen darüber nachdenken, was wir künftig mit den „Heiligen Drei Königen“ machen. Denn da ist ja ein Farbiger dabei, ein König mit schwarzer Hautfarbe, der dazu noch ziemlich dicklich dargestellt wird. Eine evangelische Kirchengemeinde in Ulm will diesem Rassismus endlich-nach Tausenden von Jahren- ein Ende bereiten. Die Gemeinde will diese Krippenfiguren verbannen. Und sie hat schon von ganz Oben Unterstützung erhalten mit ihrer Argumentation, dass das rassistisch sei und diskriminierend. Der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm hat sich dem Blatt zufolge zu Wort gemeldet. Was tun? Was mache ich mit meiner Krippe und was machen Sie in Hamburg, Berlin, München, Ottobrunn und Prien am Chiemsee, Bochum nicht zu vergessen? Der Autor der „Neuen Westfälischen“ rät zur Gelassenheit und weist die Ulmer Christen darauf hin, dass sie mit dem Hinweis auf die Körperformen des dunkelhäutigen Königs ihrerseits diskriminieren, nämlich die übergewichtigen Artgenossen auf diesem Planeten. Ich weiß nicht, ob der Kollege sich das nicht zu leicht macht. Vielleicht will er nur der Debatte an der heimischen Krippe ausweichen und der Frage: Was tun mit den drei Krippenfiguren? Er muss mit Widerspruch rechnen, daheim und von außen. Im übrigen fällt mir ein, dass der katholische Kollege von Bedford-Strom, Kardinal Marx sich bisher nicht zu Wort gemeldet hat. Ob er sich traut, nach Weihnachten die Krippe in der rassistischen und diskriminierenden Form aufzustellen?
Damit nicht genug, der Kollege Heil wagt sich mitten im Herbst auf ein anderes Glatteis: Gender genannt. Die Meldung hat mich vor Tagen auch erreicht, dass das Justizministerium einen Gesetzentwurf ausschließlich in weiblicher Form verfasst hat. Es heißt dort nur noch Arbeitnehmerinnen, Gläubigerinnen, Inhaberinnen von Absonderungsanwartschaften, was immer das heißen mag. Typisch SPD muss ich hier eigenhändig ergänzen, das Ministerium wird ja von einer SPD-Ministerin geleitet, deren Mitarbeiter vorpreschen, modern sein, vor den Grünen da sein wollten. War nix, denn das CSU-geführte Innenministerium, das zwar sonst wenig auf die Beine kriegt, hat hier höllisch aufgepasst und sein Veto eingelegt. Jawohl, lese ich in der wunderbaren Kolumne aus Bielefeld, bei Gesetzen gelte die männliche Form als allgemein gültig. Wäre ja noch schöner, wenn es anders wäre. Gut, dass es den alten Horst Seehofer gibt, da herrscht noch Ordnung im Laden. Männer machen doch die Geschichte, aber das ist wieder eine andere Sache. Gender-Mainstreaming, lese ich im Duden, hat was mit der Verwirklichung der Gleichstellung von Mann und Frau zu tun. Und ich dachte immer, das Wesentliche an der Gleichstellung wäre die gleiche Bezahlung und Behandlung von Mann und Frau, die Beförderung in Spitzenpositionen. Aber das ist dann wohl eher Nebensache.
Noch eins zur Political Correctness. Wieder dreht es sich um das Beherbergungsverbot, was laut dem „Streiflicht“ der „Süddeutschen Zeitung“ eine „Schnapsidee ist“, weil der Mensch aus Köln zwar nicht im Hotel in Stuttgart übernachten dürfe, aber der Mensch aus Stuttgart durchaus in Köln. Im übrigen sei das Beherbergungsverbot eine pazifistische Idee, bedeute Herberge doch im Althochdeutschen Heerlager, also der Aufenthaltsort einer Armee. Aber das gilt nur etymologisch. Und bei unserem Streit um Beherbergungsverbot wird zwar auch scharf geschossen zwischen Düsseldorf und München, aber es geht eigentlich gar nicht um eine Herberge wegen Corona, sondern um eine Beherbergung im Kanzleramt, wo es ja eine bescheidene Wohnung gibt für den Chef. Halt die Chefin. Sie wissen schon, hier muss gendermäßig ein Stern hin. Eins noch, weil ich gerade bei der SZ bin. Dem famosen Streiflicht entnehme ich eine Wortschöpfung aus der aktuellen Debatte über das Beherbergungsverbot. Demnach müsste der Gesetzesvorschlag des Justizministeriums um mindestens ein Wort ergänzt werden: Beherbergungsverbotsverfechterinnen. Das wiederum müsste der nächste Duden dann ergänzen.
Wir haben Probleme!
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