Noch läuft die Konjunktur auf hohen Touren. Doch einige Wolken ziehen am Wirtschaftshimmel auf, die nicht schon in Kürze zu Gewittern und Niederschlägen führen werden, die jedoch das ökonomische Klima verschlechtern könnten. Die Stimmung vieler Unternehmer ist jedenfalls nicht mehr so gut wie vor Jahresfrist, als allüberall Sektlaune dominierte.
Angst vor Protektionismus
Die Zahl der Unsicherheitsfaktoren wird größer. Die protektionistischen Maßnahmen des US-Präsidenten treiben insbesondere den exportstarken deutschen Firmen einige Sorgenfalten ins Gesicht. Abwehraktionen mit höheren Zöllen, Kontingenten und anderen Restriktionen könnten schon in Kürze in einen gefährlichen Welthandelskrieg ausarten und vor allem Deutschlands Wirtschaft empfindlich treffen. Nicht auszuschließen sind zudem Währungsmanipulationen wie etwa Abwertungswettläufe. Der Rohölpreis zieht seit einiger Zeit kräftig an und führt zu höheren Energiekosten. Die Phase der Niedrigzinsen geht allmählich zu Ende. Amerikanische Anleihen rentieren sich inzwischen schon wieder mit etwa 3 %. Offen ist, wie lange die Europäische Zentralbank ihre Null-Zinsrunde noch treiben wird.
Politische Risiken
Geprägt wird zudem die Stimmung in der Wirtschaft von den zahlreichen geopolitischen Krisen. Die Politik vieler Staatslenker – von Trump über Putin bis Erdogan – ist einfach unkalkulierbar. Das strahlt negativ auf die Ökonomie aus und erhöht die unternehmerischen Risiken. Die Sanktionen vieler westlicher Staaten gegen Russland sind dafür ein Beispiel, wie ein großer Markt für viele Exportgüter nicht mehr beliefert werden darf. Große Projekte wie etwa die zweite Nordstream-Gasleitung geraten ebenfalls in die politische Mühle; Milliarden-Investitionen könnten so ausgebremst und verhindert werden. Die Folgen des Brexit für Großbritannien und für die EU sind bislang noch nicht vollends klar, doch werden sie für alle eher negativ ausfallen. Ohnehin befindet sich Europa nach wie vor in einer schwierigen Phase. In vielen Mitgliedsländern ist die Neuverschuldung dank der Nullzinsen deutlich zurückgegangen, doch der Altbestand an Schulden wurde bislang nur in wenigen Staatshaushalten nachhaltig abgebaut. Griechenlands Schulden-Krise kann schnell wieder aufflackern.
Belastende Euro-Sklerose
Die Arbeitslosigkeit in vielen EU-Staaten ist immer sehr hoch – vor allem die Jugendarbeitslosigkeit mit Quoten von 20 bis 30 %. Das dämpft fast jede EU-Euphorie. Der französische Präsident Macron kämpft für Reformen und für eine Wiederbelebung Europas. Doch seine Vorschläge finden – auch in Deutschland – nur ein schwaches Echo und keinesfalls die notwendige Begeisterung. Die Achse Paris-Berlin dreht sich eher untertourig. Ohne wirksame Überwindung der Euro-Sklerose wird Europa kaum als starker Partner in den USA und auch nicht in China sein Gewicht in die politische Waagschale werfen können. Präsident Xi Jinping hat wiederholt der EU eine engere Kooperation angeboten und eine weitere Öffnung der chinesischen Märkte angekündigt: Vor allem will China seine Importe ausweiten und die Rahmenbedingungen für Investitionen attraktiver machen.
Wolken am Konjunkturhimmel
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier hat inzwischen die Wachstumsprognose leicht reduziert. Ob angesichts der vielen Risiken und Unwägbarkeiten das Plus von gut 2 % im laufenden Jahr erreicht wird, ist unsicher. Ebenso ungewiss ist, ob die bereits seit 8 Jahren währende Schönwetterperiode auch 2019 anhalten wird. Der Bundeswirtschaftsminister prognostiziert für das nächste Jahr einen weiteren Anstieg des Bruttoinlandsproduktes um 2,1 %. Seine Zuversicht resultiert aus den positiven Wirkungen durch die Senkung der Sozialversicherungsbeiträge, die Investitionen in die Kinderbetreuung, die Erhöhung der Mütterrenten und das weitere Plus bei der gesetzlichen Altersrente. Das könnte zu mehr Ausgaben für den privaten Konsum führen, vor allem weil die Zahl der Beschäftigten 2019 auf einen neuen Rekordstand von 45,3 Mio. klettern dürfte.
Wachsende Skepsis in der Wirtschaft
Die deutschen Unternehmen fordern unterdessen mehr Aktivität von der Bundesregierung, zumal die Koalition in Berlin in ihrem Vertrag die zentralen Anliegen des Mittelstandes „nicht annährend zufriedenstellend berücksichtigt“ habe.
Die mittelständischen Firmen aus Industrie, Handel, Gewerbe und Handwerk sehen im Mangel an Fachkräften eine starke Wachstumsbremse. 90 % der derzeit offenen Stellen entfallen auf mittlere und kleine Unternehmen und können kaum besetzt werden. Es fehlen Mechatroniker, Installateure, Klimatechniker, Sanitärfachleute, Pflegekräfte und viele andere. Immer mehr Jugendliche wollen studieren, immer weniger in die berufliche Ausbildung. 15.000 Lehrstellen sind derzeit unbesetzt. Das von der Großen Koalition geplante Facharbeiterzuwanderungsgesetz wird den Mangel an qualifizierten Arbeitskräften nur in geringem Maße beheben können – und zudem bestenfalls eine Langzeitwirkung bringen.
Neue Belastungen machen dem Mittelstand mehr und mehr zu schaffen. Die Arbeitskosten liegen inzwischen bei 34,10 € pro Stunde. Die Wiedereinführung der paritätischen Finanzierung des Krankenkassenbeitrages wird zusätzliche 5 Mrd. € kosten; die Senkung des Arbeitslosenversicherungsbeitrages gleicht das nicht aus. Insbesondere stöhnen Mittelständler unter der Steuerlast. Steuersenkungen sind im Koalitionsvertrag nicht vorgesehen. Die Einkommensteuer ist für die meisten mittelständischen Firmen die Unternehmensteuer. Nur eine Senkung würde die Spielräume für neue Investitionen verbessern. Auch eine Reduzierung der Gewerbesteuer ist nicht in Sicht.
Zudem klagt der Mittelstand über die nach wie vor überbordende Bürokratie, die jährlich 45 bis 50 Mrd. € kostet.
Bildquelle: pixabay, user diema, CC0 Creative Commons
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