Emmanuel Macron

Stichwahl wird kein Selbstläufer für Macron

In der Stichwahl um das Präsidentenamt in Frankreich kommt es zur Neuauflage des Duells von 2017. Amtsinhaber Emmanuel Macron geht den Hochrechnungen zufolge klar als Erstplatzierter aus der ersten Wahlrunde hervor, die Rechtsextreme Marine Le Pen bleibt deutlich dahinter auf Platz zwei. Die Umfragen hatten ein engeres Rennen erwartet; doch Umfragen sind eben keine Ergebnisse.

Richtig spannend wird es in der Stichwahl nach zwei Wochen. Die große Unbekannte ist, wer von den beiden noch wie viele Wählerinnen und Wähler aus den anderen Lagern gewinnen kann. Das Reservoir, aus dem Macron schöpfen könnte, ist äußerst schwach. Von Sozialisten und Republikanern, die über Jahrzehnte die französische Parteienlandschaft dominierten, ist kaum mehr etwas übrig. Der Mann der Mitte ist von Extremen umgeben. Die große demokratische Front, die vor fünf Jahren zur Abwehr von Le Pen noch überzeugend stand, ist nicht mehr selbstverständlich.

Neben Macron und Le Pen gab es in Runde eins zwei Kandidaten von Gewicht: der äußerst Rechte Eric Zemmour, ein furchtbarer Hetzer, der deutlich unter dem Potenzial blieb, das ihm die Demoskopen zugeschrieben hatten. Und Jean-Luc Melenchon, der streitbare Linke, der im ersten Wahlgang als Dritter durchs Ziel ging und erheblich besser abschnitt als erwartet. Wie sich nun deren Wähler im zweiten Wahlgang entscheiden werden, ist kaum vorhersehbar. Ein Selbstläufer jedenfalls wird der Kampf um eine zweite Amtszeit für Macron nicht.

Da kommt es auf die Mobilisierung an. Macron wird seine staatsmännische Zurückhaltung aufgeben und um die Enttäuschten werben müssen. Le Pen wird versuchen, neben den Anhängern von Zemmour auch radikale Linke zu gewinnen. Eine abenteuerliche Ausgangslage, in der es durchaus zu einer weiter sinkenden Wahlbeteiligung kommen kann. Und neben all den Unwägbarkeiten herrscht noch Krieg in Europa. Da mag man sich nicht ausmalen, was eine extrem rechte Nationalistin im Elyseepalast für den Zusammenhalt in Europa bedeuten würde.

Bildquelle: Wikipedia, Gouvernement français, CC BY-SA 3.0 FR

Teilen Sie diesen Artikel:
Keine wichtigen Nachrichten mehr verpassen!


Über  

Die promovierte Medienwissenschaftlerin arbeitete mehr als 20 Jahre in der Politikredaktion der Westfälischen Rundschau. Recherchereisen führten sie u. a. nach Ghana, Benin, Bosnien-Herzegowina, Kroatien, China, Ukraine, Belarus, Israel und in das Westjordanland. Sie berichtete über Gipfeltreffen des Europäischen Rates, Parteitage, EKD-Synoden, Kirchentage und Kongresse. Parallel nahm sie Lehraufträge am Institut für Journalistik der TU Dortmund sowie am Erich-Brost-Institut für Internationalen Journalismus in Dortmund wahr. Derzeit arbeitet sie als freie Journalistin.


'Stichwahl wird kein Selbstläufer für Macron' hat keine Kommentare

Als erste/r kommentieren

Möchten Sie Ihre Gedanken teilen?

Ihre E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht