Symbolbild Hoffnung

Vor der SPD-Entscheidung – kein Aufbruch, nirgends

Der Berg kreißte und wird wohl nur ein Mäuschen gebären, oder zwei, denn die SPD, wenn man sie überhaupt noch mit einem Berg vergleichen kann, will sich ja zwei Vorsitzende geben. Wer von den Genossen Vorfreude auf das neue Führungs-Pärchen empfindet, muss sehr bescheiden sein.

Es war ja schon eine Schnapsidee, der SPD für die Zukunft eine Doppelführung zu verpassen. Offensichtlich eine Primitiv-Kopie der Grünen. Die haben sowas seit langem, sind derzeit erfolgreich, also will’s die SPD damit jetzt auch versuchen. Deutlicher konnte und kann die einstmals große, ehemals Volks- und immer noch älteste Partei ihren Mangel an Selbstbewusstsein nicht demonstrieren.

Die Messe ist gelesen, trotzdem sei es noch mal wiederholt: Die charismatische, fröhlich unbefangene Franziska Giffey hätte als Vorsitzende der SPD vielleicht noch mal Auftrieb geben können. Chance vertan, abhaken.

Was für eine Alternative, über die die Genossen derzeit abstimmen? Olaf Scholz oder Norbert Walter-Borjans. (Deren Polit-Partnerinnen Klara Geywitz und Saskia Eskens seien der Vollständigkeit halber auch noch genannt.)

Walter-Borjans, der sich mit dem Aufkauf von Steuersünder-Dateien auf CD als ehrenwerter Fiskal-Robin-Hood einen Namen machte; er scheint sozialdemokratische Werte hochzuhalten, die in jüngster Zeit verschüttet waren. Aber ein Volkstribun und Ausbund an Charisma, dem die Herzen abgewanderter Wähler nur so zufliegen, ist er gewiss nicht. Man tut ihm wohl nicht unrecht, wenn man prophezeit: Der Aufstieg aus dem Tal einstelliger Wahlergebnisse ist mit ihm keinesfalls garantiert.

Und Olaf Scholz, der doch schon einmal in der Bundes-SPD ganz weit oben war – als Generalsekretär begeisterte er so wenig, dass man ihm den Namen „Scholzomat“ verpasste; Olaf Scholz, der zusammen mit Gerhard Schröder die soziale Kompetenz und Glaubwürdigkeit seiner Partei nachhaltig zertrümmerte, Olaf Scholz, der Garant für den Fortbestand der Groko, die die SPD marginalisierte, Olaf Scholz, der Bewahrer der „schwarzen Null“. Mit Olaf Scholz, diese Polemik sei erlaubt, weiter in den Untergang. Von seinen unzweifelhaften Wahlerfolgen in Hamburg auf ganz Deutschland schließen zu wollen – das ist Logik nach Milchmädchen-Art. Die ist schon bei anderen Politikern nicht aufgegangen.

Bei diesen Kandidaten für den SPD-Vorsitz kommt man im Rückblick ins Schwärmen. Wie der Großvater, der immer von den besseren Zeiten erzählte. Aber war’s nicht so ? Namen wie Brandt, Wehner, Schmidt, Rau, Vogel drängen sich auf. Bloß schnell wieder vergessen, weg damit, sonst wird man als SPD-Sympathisant nur noch schwermütig.

Bildquelle: Pixabay, Rudy and Peter Skitterians, Pixabay License



Teilen Sie diesen Artikel:
Keine wichtigen Nachrichten mehr verpassen!


Christoph Lütgert war Rundfunk-Korrespondent beim NDR, hat für Panorama gearbeitet und war später Chefreporter Fernsehen beim Norddeutschen Rundfunk. Lütgert wurde wegen seiner sozialkritischen Reportagen mehrfach mit Preisen ausgezeichnet.


'Vor der SPD-Entscheidung – kein Aufbruch, nirgends' hat einen Kommentar

  1. 26. November 2019 @ 20:27 Dieter Axel Laube

    Lieber Herr Lütgert,
    über unseren gemeinsamen Freund Dieter Jaschinski wurde mir ihr Bloc „zugespielt“. Als alter SPD Wähler kann ich Ihnen nur uneingeschränkt zustimmen. Neben den programmatischen Ungereimtheiten, kann man den personellen Notstand nur bedauern. Zu Olaf Scholz und NW Borjans
    ist alles gesagt. Ich wohne im Wahlkreis der Saskia Esken im Nordschwarzwald. Die Dame überzeugt mit einigen Sachthemen durchaus; allein
    ihr fehlt jeder gewinnende Charme, jede charismatische Ausstrahlung, die nun mal notwendig sind wenn es um Wählerstimmen geht. Franziska Giffey wäre (wird) Eine, aber das kommt etwas zu früh.

    Antworten


Möchten Sie Ihre Gedanken teilen?

Ihre E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht