Die Rezession kommt auf leisen Sohlen. Seit rund einem Jahrzehnt ging es in der deutschen Wirtschaft ununterbrochen aufwärts. Das Wachstum war solide, die Arbeitslosigkeit ging zurück, Millionen neuer Arbeitsplätze entstanden, es wurde kräftig investiert, die Umsätze im In- und Ausland legten zu, die Erträge der Firmen und die Einkommen der Beschäftigten stiegen. Die Steuereinnahmen des Staates erreichten immer neue Rekorde und sorgten für reichlich Spielraum, um viele neue Sozialprojekte zu finanzieren, aber auch um die „schwarze Null“ zu halten und bei dem Schuldenmachen nicht mehr in die Vollen zu gehen. Vielmehr gab es in den öffentlichen Haushalten Überschüsse. Die Bundesregierung pflegte die Gefälligkeitsdemokratie ganz nach der Strategie „allen wohl, niemand weh“.
Sie profitierte in großem Maße von Gerhard Schröders „Agenda 2010“, die ihm das Amt kostete, die SPD in ein nie erlebtes Tief stürzte und der Union unter Führung von Angela Merkel Profite bescherte.
Ruf nach einer Agenda 2030
Der vielfach erhobene Ruf nach einer Agenda 2030, nach einer Zukunftsstrategie für die Wirtschaft und Gesellschaft verhallte weitestgehend. Damit schwand auch das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Parteien der Großen Koalition;
es bewegt sich auf einem zuvor kaum gekannten Tiefstand. Aus Enttäuschung und Frust wenden sich viele den Alternativen, vor allem den Grünen und der AfD, zu. Während bei aktuellen Umfragen noch 26 % der Befragten für die CDU/ CSU votieren, bringt es die SPD gerade einmal auf 14%. Dagegen bewegen sich die Grünen um die 22 % und die AfD bei 16 %. Auf stabilem niedrigen Niveau liegen mit jeweils 8 % die FPD und die Linke. In den Bundesländern sind immer häufiger Jamaika-, Kenia- und andere bunte Koalitionen für eine Mehrheitsbildung erforderlich. Das führt dazu, dass die einst großen Volksparteien ihre Profile immer stärker abschleifen müssen. Damit gehen ihre klaren Werte und Markenkerne mehr und mehr verloren, ihre Attraktivität für die Wähler sinkt.
Unionsmittelständler in der Offensive
Da ist es ein begrüßenswerter Versuch der Unionsfraktion im Bundestag, der darauf abzielt, das einst so starke wirtschaftspolitische Profil wieder zu schärfen. Angesichts der großen Herausforderungen, die mit dem Brexit, dem Klimapaket, dem schwelenden Handelskonflikt zwischen den USA und China, der Krise im Nahen Osten und insbesondere mit dem Iran, vor allem jedoch vor dem Hintergrund einer drohenden Rezession in Deutschland und anderen Regionen der Welt bestehen, müssen die Weichen um- und vielfach neu gestellt werden – und zwar schnell.
Das Konzept der CDU/ CSU-Fraktion, das unter der Leitung des engagierten Mittelstandspolitikers Carsten Linnemann jetzt erarbeitet wurde, unterscheidet sich in weiten Teilen von der jüngst vom Wirtschaftsminister Peter Altmaier vorgelegten Industriestrategie. Altmaier will vor allem nationale und europäische Konzerne zusammenführen und sie im Wettbewerb mit Konkurrenten aus Amerika und Asien stärken. Das erinnert an die Planification, mit der Frankreich seit ewigen Zeiten die führende Industrienation zu werden versuchte, doch durchweg scheiterte.
Die Mittelständler der Union setzen dagegen auf eine neue Offensive mit den bewährten Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft. Dabei gehen die stärksten Impulse für Innovationen, für neue Produkte und für wettbewerbsfähige Strukturen vom Mittelstand aus. Nicht die Deutsche Bank oder die Commerzbank, nicht Thyssen Krupp und nicht einmal die Automobilkonzerne sind optimal für die Zukunft gerüstet. Vielmehr sind es die sog. hidden champions, die mittelständischen Unternehmen, die flexibler, schneller und ideenreicher operieren. Dafür sind eine neue konsistente Ordnungspolitik notwendig und nicht immer neue Interventionen im Klein-Klein-Format wie zum Beispiel in der Klima-, Umwelt und Energiepolitik!
Steuern senken, Bürokratie abbauen
Die Mittelstandspolitiker der Union fordern von der Bundesregierung ein Sofortprogramm, um die Wirtschaft zu stärken und auf die Zukunft des digitalen Zeitalters auszurichten. An erster Stelle sollte eine Steuerreform stehen, mit der der Solidaritätszuschlag komplett abgeschafft und die gesamte Steuerlast von Unternehmen auf 25 % gesenkt werden sollen. Punkt zwei des Programms ist eine spürbare Entlastung von Bürokratie; dazu schlagen die Mittelstandspolitiker ein digitales Unternehmensregister für alle Abgaben- und Informationspflichten vor. Insbesondere Gründer von Unternehmen sollten alle Behördengänge zur Errichtung der Firma an einer Stelle mit einem one stop-shop erledigen können. Zudem wären die Gründer in den ersten 3 Jahren ihrer Unternehmertätigkeit von Auflagen, Regulierungen und Sanktionen der Behörden befreit.
Wir können es noch schaffen!
Weitere Schritte müssten gemacht werden: wichtig wären eine Ausbildungs- und Weiterbildungsoffensive sowie Anreize zur individuellen Verlängerung der Lebensarbeitszeit. Auch mehr Tempo beim Ausbau der Verkehrsnetze und der Digitalinfrastruktur sollten eine hohe Priorität einnehmen. So wären die Standortbedingungen für Wirtschaft und Arbeit in Deutschland durchaus zu verbessern. Nur muss auf nahezu allen Feldern schnell entschieden und gehandelt werden, damit wir es noch schaffen, im immer schärfer werdenden Wettbewerb ganz vorne mitzuhalten sowie vor allem auch die sich abzeichnenden Konjunktur- und Strukturschwäche zu meistern.
Es bleibt zu hoffen, dass die CDU/ CSU-Mittelständler die Bundesregierung und auch den Koalitionspartner von ihrem wirtschaftspolitischen Konzept überzeugen. Mit weiterem Zaudern und Zögern könnte es nämlich weiter bergab gehen – politisch und wirtschaftlich sowie sozial. Notwendig ist viel, möglich auch, wenn sich die Großkoalitionäre endlich zum entschlossenen Handeln aufraffen. Denn es geht um die Zukunftsperspektiven für die nächsten Generationen – nicht nur beim Klimaschutz, sondern auch auf den Feldern des Arbeitens, der Wirtschaft und der sozialen Sicherungssysteme.
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