Der Koalitionsvertrag steht, nun wird er von den ihn tragenden Parteien begutachtet. Das macht jede Partei, wie sie will. Die SPD befragt ihre 460000 Mitglieder. Das ist weder verfassungsrechtlich bedenklich, noch undemokratisch, sondern einzig und allein Sache der SPD. Die Partei kann ihre internen Spielregeln frei bestimmen. Die Kritik daran ist unsachlich, unbegründet und anlasslos. Demokratie kann eben auch mal mühsam sein.
Das Bundesverfassungsgericht hat schon 2013 festgestellt, dass die Mitgliederbefragung der SPD zum damaligen Koalitionsvertrag mit der Union völlig in Ordnung ist. Auch jetzt wieder haben die Karlsruher Richter Eilanträge zurückgewiesen, die den basisdemokratischen Akt verhindern wollten. Was für ein autoritäres Verständnis von den Parteien kommt in solchen Ansinnen zum Ausdruck! Als gäben Parteimitglieder das Recht auf eine eigene Meinung pauschal an ihren Vorsitzenden ab. So mögen es die Konservativen halten, die Sozialdemokraten nicht. Sie pflegen ihre Streitkultur und tragen – gerade auch jetzt im Ringen um die Regierungsbildung – zur gesellschaftlichen Debatte um die Zukunft des Landes bei. Das ist gelebte Demokratie.
Anders als in den populistischen Parolen, die die politischen Parteien verächtlich machen, weist ihnen das Grundgesetz eine konstitutive Rolle in unserem parlamentarischen System zu. Die Privilegien der Parteien und ihre finanzielle Begünstigung fußen genau darauf. Ohne Parteien funktioniert das ganze System nicht. Hinter der pauschalen Herabsetzung der Politik und der demokratischen Parteien steckt stets auch ein Angriff gegen die parlamentarische Demokratie.
Vollkommen unabhängig davon, ob die Inhalte des Koalitionsvertrages gutzuheißen sind und ob die Aussicht auf eine Große Koalition das Land nach vorn bringt, ist der SPD das Recht auf einen Basisentscheid nicht abzusprechen. Ungeachtet auch der Frage, ob das Mitgliedervotum die Verhandlungen beeinflusst hat, ob der Vorsitzende sein Parteiamt mit in den Ring wirft, oder wie die Bundestagsabgeordneten der SPD den Koalitionsvertrag bewerten. Ihr Recht als Abgeordnete, die in ihren Entscheidungen nur ihrem Gewissen unterworfen sind, wird ihnen nicht genommen. Einen Fraktionszwang gibt es nicht, auch und schon gar nicht durch eine Entscheidung der Partei.
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