In Martin Schmucks Darstellung der SPD sind wesentliche Aussagen falsch. Es beginnt mit der Behauptung in Satz 1, dass sich 2020 entscheiden werde, ob die Sozialdemokratie ohne die SPD überleben werde.
Richtig ist: Ohne SPD gibt es keine nennenswerte organisierte Sozialdemokratie. Ohne die SPD gäbe es gewiss noch kleine Sammlungsbewegungen, die wie die Sekten mit der Sammelbüchse an den Ecken stünden, um für sich zu werben: Hasse mal n´en Euro für de neue EsPeDe? Natürlich würden deren Repräsentanten abends in den Talkrunden ihr warmes Plätzchen finden. Und einige auf sich ziehen: der Rest ginge an die Linke, die sich nicht sozialdemokratisch nennt, weil sie´s mehrheitlich nicht ist.
Ist die SPD weg, überlebt da gar nichts – und manche werden dem Weg Wolfgang Clements folgen, der nun in Lindners Gärtlein arbeitet und guckt, ob da die Äpfelchen allmählich ein wenig Farbe kriegen.
Gleich im zweiten Satz liegt Martin Schmutz auch falsch: „Ihre Funktionäre (also alle ausnahmslos- Anm. des Autors) und die Mehrheit ihrer Mandatsträger haben jedenfalls in den letzten 10 Jahren entscheidend dazu beigetragen, dass die Volkspartei ihre Gestaltungskraft verloren hat.“ Die Mehrheit der Mandatsträger – das ist die Mehrheit der sozialdemokratischen Abgeordneten – Frauen und Männer – in den Parlamenten. Bund, Länder, Kommunen. Und die hätten entscheidend Anteil am Niedergang der SPD, schreibt Martin Schmuck. Der Satz ist ebenso anmaßend wie falsch. Parlamentarier werden an dem gemessen, was sie parlamentarisch zustande gebracht haben. Der Satz ist beleidigend gegenüber Rolf Mützenich, Achim Post, Matthias Miersch, Bärbel Baas und anderen. Wo ist das dicke Buch mit den Fehler- und Versagens- Beispielen der Mandatsträger? Fehlanzeige.
Die Funktionäre politisch in Haft zu nehmen, das ist ein Hammer, wie man heute sagt. Funktionäre sind viele: in den Ortsvereinsvorständen, in der AG 60+. Was haben die getan, was rechtfertigen würde, sie so zu beschimpfen, wie Schmuck es tut? Nichts!
Auch der dritte Satz ist falsch: Die SPD sei mit ihren 410 000 Mitgliedern ein Koloss auf tönernen Füßen. Falsch: die Füße der SPD, die Mitgliedschaft, die sind durchaus intakt. Die Mitglieder sind in großen Teilen arbeits- und aktionsbereit. Kritik lässt sich an manchen anbringen, die von der Mitgliedschaft mit einem „politischen Amt“ im Unterschied zum Mandat ausgestattet wurden. Über ein Mandat entscheiden übrigens letztlich die Wählerinnen und Wähler. Nicht die Mitglieder und die Gremien der SPD.
Was taugt eine Analyse, die bereits mit ihren ersten Sätzen daneben liegt? Und was ist ein Entscheidungsjahr? 2009 war für die SPD gewiss ein Entscheidungsjahr, weil sie mit 23 Prozent nach knapp 35 Prozent 2005 barbarisch abgestraft worden ist. Ein weiteres Entscheidungsjahr war 2017, weil sie mit 20,5 Prozent noch mal barbarisch abgestraft wurde – nach 25,7 Prozent 2013. Seit dem Herbst 2018 pendelt die SPD 15 und 13 Prozent. Diese desaströse Entwicklung werde nun „immer mehr“ sichtbar und spürbar durch das neue Führungsduo der SPD. Das ist infam.
Manches dessen, was das neue Führungsduo während der vergangenen Wochen gesagt hat, halte ich für wenig gut durchdacht. Nun sind die beiden ja noch nicht lange im Amt. Kann also besser werden. Überdies gibt’s Stellvertreter und –innen, von denen wenig zu hören und zu sehen ist. Ich bin für kritische Debatten. Fehler sollen benannt, Schwachstellen ausgebügelt werden. Ich bin aber auch dafür, dass wir ehrlich miteinander umgehen und präzise und genau sagen, was wir für kritikwürdig halten. Und vor allem: bitte keine Vierfruchtmarmelade, die nach Hühnerkacke riecht.
Bildquelle: Tabelle nach Wikipedia, Geschichte der Sozialdemokratie