Mit viel Zustimmung habe ich kürzlich den polemischen Essay-Band von Karen Duve gelesen: „Warum die Sache schiefgeht“ und: „Wie Egoisten, Hohlköpfe und Psychopaten uns um die Zukunft bringen“. Im Unterschied zu der verehrten Karen Duve würde ich allerdings dabei den Konjunktiv bevorzugen und meine Antwort auf den faschistisch konnotierten Angriff auf den demokratischen und sozialen Rechtsstaat in … „schiefgehen könnte“ und die Unterzeile in: Wie Egoisten, Hohlköpfe und Psychopathen uns um die Zukunft bringen verändern „wollen“.
Anders als Karen Duve halte ich das Ergebnis der vor uns liegenden Auseinandersetzung noch nicht für entschieden, geschweige denn für verloren. Noch bin ich überzeugt, dass die übergroße Mehrheit im Land den Rechtsstaat erfolgreich verteidigen und die gegenwärtige Krise der Demokratie bewältigen kann. Mithin teile ich alles in allem die Analyse der Gefahren, aber erwarte, dass sich die Mehrheit endlich regt und dem wieder erwachenden neonationalistischen Egoismus den Kampf ansagt. Also für mich ist es noch fünf vor und noch nicht fünf nach 12.
Aber die derzeit matte Reaktion etwa der demokratischen Parteien auf die Krise der Demokratie, die sie zumindest mit verursacht haben, hat Folgen. Unter anderem gilt das für die mangelnde Bereitschaft, sich mit dem neonazistischen politischen Rand in der Gesellschaft auseinanderzusetzen, der sich auch im rechtsextremistischen „Flügel“ der AfD wiederfindet. Diese programmatische Schwäche auch noch mit dem Hinweis zu begründen, man wolle der AfD keine unnötige Aufmerksamkeit verschaffen, hat schließlich dazu geführt, die AfD zur stärksten Opposition im Bundestag werden zu lassen.
Statt klare Kante zu zeigen und im Bundestag die AfD zu stellen und ihre auf Flüchtlinge fixierte menschenfeindliche Einsilbigkeit nicht durchgehen zu lassen, kann die AfD ihren geradezu pathologischen und immer wieder vorgebrachten rassistisch begründeten Vorwurf von der „Umvolkung“ und Zerstörung der Nation vortragen und im Bundestag und vor allem über ihre Seiten im Netz wirken lassen.
Kein Wort zur Ignoranz der AfD gegenüber der wachsenden Klimakatastrophe, wo uns der aktuelle UN-Klimabericht ein über das andere Mal vorrechnet, sollte der Planet sich um 1.5 Grad oder gar zwei Grad und mehr im Jahresdurchschnitt erwärmen, eine weitere Völkerwanderung in Gang käme, die den Erdball zerstören würde. Derzeit hungern 120 Millionen Menschen weltweit bedingt durch den Klimawandel, bei zwei Prozent Erwärmung würden weitere 9OO Millionen dazu kommen.
Wer wie die AfD und unter Horst Seehofer die CSU die Migration von rund 800 000 Flüchtlingen nach Deutschland schon mit Rückkehrpflicht und Grenzen dicht und mit dem Massengrab Mittelmeer und Konzentrationslager in Libyen beantwortet, wird dann noch teurer bezahlen müssen, wenn er jetzt die notwendigen Maßnahmen zum Klimaschutz versäumt. Fridays for future wäre nur eine matte Erinnerung, sollten unsere Kinder als Erwachsene in den Bombenkellern der Zukunft auf diese Jahre zurück blicken.
Was zum Beispiel mag sich der Ministerpräsident von Brandenburg, Dietmar Woidke, SPD, dabei gedacht haben, als er davor warnte, die Braunkohleregionen in Brandenburg im Stich zu lassen, und dabei den Eindruck machte, das Ende der Braunkohleförderung möglichst noch über das Jahr 2037 hinaus zu verlängern. Wer das versäume, stärke nur die AfD, so bei einem Besuch von Andrea Nahles, damals noch in Amt und Würden, hatte der Ministerpräsident gewarnt.
Nun ist bei der Landtagswahl im September nicht ausgeschlossen, dass die AfD in Brandenburg zur stärksten Partei avanciert. Es wäre wohl an der Zeit, die Auseinandersetzung in den Landtagswahlkampf zu tragen. Das steht allerdings noch aus.
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