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Home Politik

SPD-Votum pro Walter-Borjans und Esken

Alfons Pieper Von Alfons Pieper
30. November 2019
Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans

Eine Überraschung war es nur für die, die auf die Stimmen der Prominenz gehört hatten. Als wenn das entscheidend gewesen wäre. Und hat nicht die SPD in ihrer sehr langen Geschichte immer auch den Kampf gegen die Obrigkeit geführt, gegen die da oben?! Warum sollte es dieses Mal anders sein, warum für Olaf Scholz stimmen, weil er Bundesfinanzminister ist und es bleiben will und weil er Kanzlerkandidat der SPD werden will?  Aber beginnen wir mit den Gewinnern: Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans haben die Abstimmung unter den SPD-Mitgliedern gewonnen, verloren hat sie Olaf Scholz, nicht Klara Geywitz.

Die Sozialdemokraten wollten nicht das Weiter-So des Bundesfinanzministers, sie wollen eine Wende. Das heißt nicht das Énde der Groko, aber die Debatten innerhalb der Koalition werden rauher, auch für Angela Merkel kann es ungemütlich werden. Ob Scholz noch lange Bundesfinanzminister sein wird, ist abzuwarten. Die neue SPD wird andere Forderungen stellen, die sie abheben von der Union, damit die Unterscheidbarkeit deutlicher wird. Denn das ist ja das Problem, dass viele Wähler nicht mehr wissen, wer und was sich hinter der CDU, der CSU und vor allem der SPD verbirgt.

Das Votum ist knapp, aber eindeutig genug. Alle die, die wie der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil meinten, vor der Wahl von Esken und Walter-Borjans warnen zu müssen, sind eines anderen belehrt worden.Sie haben ganz offenbar nicht mitbekommen, was sich innerhalb der Mitglieder  der SPD an Stimmungen aufgebaut hat. Dass einer wie Weil sich so eingemischt hat, das hat mich schon gewundert, weil er selber nicht den Mut hatte, in dieser miserablen Situation der SPD Verantwortung für seine Partei zu übernehmen. Ich fand das schwach, gerade jetzte hätte er Gesicht zeigen müssen.

Nowabo ist ein Schüler von Johannes Rau, das hörte man sofort raus, als er auf das Wahlergebnis reagierte. Und richtig reagierte. Solche Siege dürfen keine Verlierer haben, man muss die anderen mit einbinden. Nur zusammen ist die SPD stark, nur gemeinsam können alle Sozialdemokraten das Schiff wieder flott machen, das zur Zeit in schweren Stürmen sich befindet. Nur eine Zahl sei hier genannt: bei der jüngsten Meinungsumfrage landete die SPD hinter der AfD, hinter einer Partei, die Neonazis in ihren Reihen hat, Rassisten, Fremdenfeinde, Antisemiten, eine rechtspopulistische Partei, die das System sprengen, unsere parlamentarische Demokratie auf den Kopf stellen will. Die Leute scheinen vergessen zu haben, wer diese Republik aufgebaut hat, wer das Fundament, auf dem dieses Land ruht, geschaffen hat: neben der CDU und der CSU auch die SPD. Dieses System, wie es die Gegner abschätzig nennen, dürfen wir uns nicht einfach aus den Händen reißen lassen, wir müssen es verteidigen, dafür kämpfen. Nichts ist selbstverständlich. Gerade eine Partei wie die SPD weiß doch um die Gefahren für unser Land, sie hat das doch erlebt und erlitten, was Nationalisten anrichten können.

Im Stile von Johannes Rau hatte dessen ehemaliger Pressechef und späterer Finanzminister von NRW, eben jener Nowabo erklärt, die SPD sei für alle die da, die Solidarität benötigten, und die SPD sei die Partei, die diese Solidarität ausübe. Das entspricht im übrigen dem Kern unseres Systems, der sozialen Marktwirtschaft. Die Jungen sind da für die Alten, die Gesunden für die Kranken, die Starken für die Schwachen. Eigentlich ganz einfach. Ich will damit überhaupt nicht die Fehler ausschließen, die es gibt und die Schwächen schönreden. Aber sie sind alle zu korrigieren. Wir müssen nur zusammenhalten. Zusammen sind wir stark.Es gilt, die zurückzugewinnen, die sich enttäuscht abgewendet hatten von der SPD, die bei Wahlen zu Hause geblieben waren, weil sie ihre alte Partei nicht mehr verstanden. Es ist viel zu tun für die neue Führung der SPD.

Für gerechte Lastenverteilung

Norbert Walter-Borjans hatte Wochen vor der Wahl um den künftigen SPD-Vorsitz im Blog-der-Republik aufgezeigt, worauf es ihm ankommt. Der wichtigste Punkt: eine gerechtere Lastenverteilung. Das schließt Steuerveränderungen ein, aber nicht im Stil der FDP. Er will die Vermögenssteuer wieder einführen, er will die Erbschaftssteuer verändern, was nicht bedeuten würde, dass er an Oma ihr klein Häuschen will, überhaupt meint er damit die wirklich großen Vermögen. Er hat sich in unserem Blog für massive Investitionen ausgesprochen, damít die marode Infrastruktur nicht nur nicht weiter Schaden nimmt, sondern saniert wird: Schulen, Hochschulen, Straßen, Brücken sollen repariert werden, in die Bildung soll mehr Geld gesteckt, es sollen mehr Lehrer eingestellt werden. Die schwarze Null, die Scholz wie sein Amtsvorgänger Schäuble wie eine Monstranz vor sich her trägt, soll ein Ende haben, da Geld billig ist, sollen auch Kredite aufgenommen werden.

Der Schwerpunkt Bildung  soll keine Sonntagspredigt mehr sein, sondern er soll mit Inhalten gefüllt und Deutschland wieder an die Spitze herangeführt werden. Dies ist nur ein Auszug aus dem Forderungskatalog des früheren NRW-Finanzministers, der sich einst einen Namen damit gemacht hatte, dass er CDs ankaufte, die die Daten von Steuersündern enthielt, von schwervermögenden Deutschen, die den Staat um Millionen Steuern betrogen hatten. Dafür musste er sich manche Kritik anhören, weil der Staat sich als Hehler betätigt habe. Dass Norbert Walter-Borjans mit diesen CDs Milliarden Euro einnahm und zwar von den Steuersündern, das wurde dann fast verschwiege

Der SPD-Parteitag muss dieses Wahlergebnis noch absegnen. Es ist zu erwarten, dass auf dem Berliner Parteitag am 6. Dezember über das neue Führungs-Duo Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans diskutiert wird.  Die beiden werden sich dort als Personen und mit Inhalten präsentieren müssen. Es geht schlicht und einfach um die Frage, ob die älteste deutsche Partei, die SPD, noch eine Zukunft hat. Da müssen alle  mitmachen, nicht nur die Gewinner der Abstimmung, sondern auch die Verlierer wie Olaf Scholz und Klara Geywitz und all die anderen, die sich beworben hatten. Sie haben eine Mammutaufgabe zu bewätigen, die zu schaffen ist, wenn sie sie gemeinsam anpacken und allen internen Streit vergessen. Es geht um die SPD, nicht um private Wünsche eines Herrn Walter-Borjans, oder Herrn Scholz oder Frau Esken oder Frau Geywitz. Die SPD ist wichtiger, anderes muss hintanstehen.

Mit dem Votum ist der Streit um das umständliche Verfahren und alles, was dazu gehört, Geschichte. Das neue SPD-Führungs-Duo findet große Schuhe vor, in denen sie das Laufen erst noch lernen müssen. Darunter die eines Willy Brandt, der vor den Nazis das Land verlassen und sich später dafür rechtfertigen musste, eines Willy Brandt, dem auch manche Demokraten in der neuen Bundesrepublik übel mitspielten. Der es aber geschafft hatte, Bundeskanzler zu werden und Friedensnobelpreisträger. Dieses Erbe ist keine Last, sondern eine Ehre. Aber es ist eine schwere Aufgabe. Dafür müssen alle die Ärmel hochkrempeln und vor allem mit Stolz auf die eigene Geschichte und Selbstbewusstsein für die SPD kämpfen. Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken und all die anderen Sozialdemokraten haben keinen Grund, in Sack und Asche zu gehen, sondern mit dem aufrechten Gang für mehr Gerechtigkeit in diesem Land zu arbeiten.

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Tags: #SPDERNEUERNArbeiterparteiGeschichte der SPDMitgliederentscheidNorbert Walter-BorjansSaskia EskenSoziale GerechtigkeitSPDSPD-Vorsitz
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