Angela Merkel und Horst Seehofer

Gegen christsoziale Provinzialität

 

Mehr als zwei Stunden haben sie also im Kanzleramt erneut gesprochen, mal laut, mal leise. Angela Merkel und Horst Seehofer drinnen und draußen vor der Tür Sigmar Gabriel, ehe er herein gebeten wurde. Seehofer ging es drinnen vor allem darum, den sozialen Fortschritt zu bremsen, den Andrea Nahles, Arbeitsministerin, erneut auf das SPD-Konto wuchten will. Es geht dabei unter anderem auch um die Erbschaftssteuer, die endlich dem Urteil des Verfassungsgerichts angepasst werden soll. Ihr Entwurf  ist der CSU allerdings zu wirtschaftsfeindlich, so wirtschaftsfeindlich vermutlich wie schon zuvor ihr die Einführung des Mindestlohns war, der die Lage von vier Millionen Arbeitnehmern ein wenig verbessern konnte. Ebenso geht  der CSU der von Frau Nahles vorgelegte Gesetzentwurf gegen Missbrauch von Leiharbeit und Werkverträgen zu weit, der den Status von Arbeitnehmern deutlich verbessern würde.

Streit innerhalb der Union

Vermutlich noch einmal angefeuert von der von „Bild“ in Auftrag gegebenen Umfrage zur Lage der Union, könnte der Streit innerhalb der Union sogar in Richtung Trennung eskalieren. Der CSU werden bundesweit 19 Prozent voraussagt, würde sie die Union mit der CDU aufkündigen. Die CDU würde sich danach bundesweit ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit der SPD liefern. Ihr werden etwas über 23 Prozent prophezeit.

Die CSU also als Sammelbecken für rechtsgewendete Wähler/innen, was Seehofer ohnedies anstrebt und was die AfD besorgt machen müsste und sie noch weiter nach rechtsaußen treiben könnte. Vor diesem Hintergrund sind die kritischen Reaktionen aus der SPD verständlich, nur ändern werden sie nichts. Sowohl Seehofers Kritik an der Aufhebung der Grenzkontrollen nach Östereich und die Blockade wichtiger Vorhaben der Koalition durch die CSU schaden nicht nur Angela Merkel, sie schwächen auch die SPD, wenn sie sich in der Großen Koalition als nicht durchsetzungsfähig erweisen sollte.

SPD muss Haltung zeigen

Jetzt geht es für die SPD vor allem darum, Haltung zu zeigen und sowohl in der Flüchtlingspolitik als auch beim Thema soziale Gerechtigkeit standhaft zu bleiben. Die Spaltung der Gesellschaft darf nicht noch tiefer werden. Das gilt auch für den Kurs, den unser Land halten muss, um nicht den Zerstörern der europäischen Idee das Feld zu überlassen, die mal so eben knapp über dem Quorum in Holland gegen die angestrebte Assoziation der Ukraine mit der EU ein Volksbegehren mit 60 Prozent dominiert haben.

Es ist Zeit, angeschoben von der SPD, für eine Regierungserklärung, die diesen Spuk rechtsgerichteter Spielchen der CSU und Teilen der CDU beendet. Ihnen darf  nicht der Taktstock einer nationalistischen Abkehr Deutschlands von Europa überlassen bleiben. Noch hat Angela Merkel die Kraft, Deutschland nicht der selbstzerstörerischen Provinzialität der CSU auszuliefern. Ein weltoffenes und selbstbewusstes Deutschland in Europa will  erhalten und muss verteidigt werden.

Bildquelle: CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestagm CC BY-SA 3.0

 

 

 

Teilen Sie diesen Artikel:
Keine wichtigen Nachrichten mehr verpassen!


Der Print- und Fernsehjournalist arbeitete unter Gerhard Schröder als Regierungssprecher bevor er als Generalkonsul nach New York ging. Heye ist Autor mehrerer Bücher und bloggt vor allem zu den Themen Rassismus und Antisemitismus.


'Gegen christsoziale Provinzialität' hat keine Kommentare

Als erste/r kommentieren

Möchten Sie Ihre Gedanken teilen?

Ihre E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht