Der 27. Januar ist ein besonderer Tag. Wir gedenken der Opfer des Nationalsozialismus anlässlich der Befreiung des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz durch Soldaten der sowjetischen Armee am 27. Januar 1945. Bis zur Befreiung wurden von den Nationalsozialisten in diesem Vernichtungslager mehr als eine Millionen Menschen ermordet. Ca. 90% von ihnen waren Juden. Die Herkunftsländer waren neben Polen auch Belgien, Deutschland, Frankreich, Griechenland, Italien, Jugoslawien, Luxemburg, Niederlande, Österreich, Rumänien, Sowjetunion, Tschechoslowakei und Ungarn. Seit 1996 ist der 27. Januar in Deutschland ein offizieller Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus, seit 2005 auch durch Beschluss der UN-Generalversammlung internationaler Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust.
Auch in den sozialen Netzwerken wird dieser Tage der Opfer des Holocaust gedacht: Unter dem Hashtag #WeRemember posten Menschen weltweit Fotos von sich, auf denen sie ein Schild mit den Worten „I remember“ bzw. „We remember“ hochhalten. Zu dieser Aktion ruft der Jüdische Weltkongress (World Jewish Congress, WJC), der internationale Dachverband von jüdischen Gemeinden, Organisationen und Verbänden, seit 2017 auf.
Gerade die aktuelle Diskussion um Erinnerungskultur, die fortschreitende Verharmlosung des Nationalsozialismus durch Rechtsextreme und Rechtspopulisten, die beschämenden Vorgänge im Bayerischen Landtag bei der Rede der Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München, Charlotte Knobloch, ist Anlaß genug zum Tag der Befreiung von Auschwitz zu zeigen, dass die Zivilgesellschaft dazu nicht schweigen darf und kann.
Der 27. Januar ist aber auch ein Tag zum Schämen, wenn wir daran denken, dass die meisten Täter ungestraft davon gekommen sind. Es hat fast 20 Jahre nach der Befreiung von Auschwitz gedauert, bis in Frankfurt für die Millionen Morde in Auschwitz Verantwortlichen auch in Deutschland der Prozeß gemacht wurde. Und Adolf Eichmann, der Organisator des Holocausts, wurde erst 1960 gefasst und 1961/62 in Israel zur Verantwortung gezogen, obwohl deutsche, österreichische und US-amerikanische Behörden schon fast 10 Jahre den Aufenthalt des Naziverbrechers kannten und nichts unternahmen.
Und das gilt ganz überwiegend auch für die Erbauer des schlimmsten aller Vernichtungslager der Nazimörder. Die Architekten der Krematorien von Auschwitz, Fritz Ertl und Walter Dejaco, wurden vor Gericht sogar freigesprochen, die Erbauer der Verbrennungsöfen Ludwig Topf und Ernst-Wolfgang Topf kamen ebenfalls ungeschoren davon. Der ältere Bruder Topf beging 1945 Selbstmord, weil ihm die Ungeheuerlichkeit seiner Täter- und Mittäterschaft am Holocaust klar war und er – natürlich – davon ausging, dass er zur Rechenschaft gezogen wurde. Dass in der Ära des kalten Krieges die Kommunisten für schlimmer erachtet wurden als die Naziverbrecher und Mörder, konnte er nicht ahnen. Die Organisatoren der Vernichtungsmaschinerie von Auschwitz, Karl Bischof und Paul Erdmann wurden noch nicht einmal vor Gericht gestellt, um nur einige zu nennen. Auch viele Institutionen der Bundesrepublik, vom Geheimdienst und Verfassungsschutz über das Gerichtswesen oder das Auswärtige Amt bis hin zur Bundeswehr wurden mit Tätern und Helfern des Nationalsozialismus aufgebaut. Das sollten wir nicht vergessen.
Die Verbrechen gegen die Menschlichkeit im und unter dem Nationalsozialismus müssen gerade angesichts der Folgenlosigkeit für die meisten der Täter fester Teil unseres Geschichtsbewußtseins und unserer Verantwortung für Demokratie und Menschenrechte sein. Eine würdige Erinnerungskultur gedenkt der Opfer und schützt vor den Brandstiftern, die mittlerweile wieder in vielen Parlamenten in Deutschland und in der EU sitzen und erneut ihre menschenverachtende Ideologie unters Volk bringen können. Wenn wir nicht jetzt dagegen aufstehen und Gesicht zeigen, wann dann!
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