Er kann’s nicht lassen, zündelt weiter, treibt ein in des Wortes wahrer Bedeutung lebensgefährliches Spiel – der FDP-Vorsitzende Christian Lindner. Für einen erhofften Vorteil seiner Klein-Partei kopiert er die Methode der rechtsradikalen AfD: mit populistischen Parolen diffuse Ängste und Hoffnungen bedienen, ohne Rücksicht darauf, ob das, was er von sich gibt, verantwortbar ist.
Vor zweieinhalb Jahren hätten Lindner und seine Freidemokraten in einer Jamaika-Koalition in Berlin mitregieren können. Aber Lindner lief im letzten Augenblick vor der Verantwortung davon, drückte sich. Jetzt aus der bequemen Position des faktisch bedeutungslosen Oppositionspolitikers fährt er den Verantwortungsträgern in die Parade und erschwert denen das Geschäft, das in Corona-Zeiten schwer genug ist. Mit perfidem Kalkül nutzt er aus, dass er unverantwortliches Zeug daherreden und dafür Beifall einheimsen kann, weil er keine Verantwortung für sein Geschwätz übernehmen muss.
Dieser Tage mussten in Berlin die Regierungsvertreter von Union und SPD dem Volk die Zumutung verkünden, dass die harten Einschränkungen für jedermann noch wochenlang so weitergehen. Ostern, sonst das Fest für Familientreffen und schöne Reisen, wird wegen Corona ziemlich trist, eintönig und wegen der Kontaktsperre für viele einsam. Weil es um Menschenleben geht, ist das alternativlos. Und jeder Politiker mit Verantwortungsbewusstsein ist gefordert, unabhängig von der Parteizugehörigkeit die bittere Notwendigkeit zu erklären und dafür zu werben, dass jede und jeder diszipliniert auf Liebgewordenes verzichtet.
Aber Christian Lindner schert aus; andere auch, aber keiner agiert so hartnäckig und so lautstark wie der FDP-Chef. Jetzt wieder in einem Zeitungsinterview. Besonders gerissen: Lindner tarnt sich erstmal, als spüre auch er Verantwortung. Verbal erkennt er an, das Land müsse den Stillstand „so lange aushalten, wie es keine verantwortbare Alternative gibt“. Eine pure Selbstverständlichkeit, sehr vernünftig und zugleich so banal, dass man dafür kein Interview geben muss. Aber dann kommt sein Spiel mit dem Feuer, mit den Sehnsüchten der Bürger. Christian Lindner als Möchtegern-Befreier. Es sei „die Aufgabe einer liberalen Oppositionspartei, die Regierung zu hinterfragen: Wird wirklich alles unternommen, um das Leben so schnell wie möglich zu normalisieren ? Der aktuelle Zustand darf keine Minute länger dauern als nötig.“
Welche infamie !!! Als säßen in unserer Regierung welche, die mit teuflischer Freude den Menschen möglichst lange den Spaß am Leben nehmen wollen und als bräuchte unsere Gesellschaft die wackere FDP, die das verhindert. Welche Unverschämtheit !!! Als seien Kanzlerin, ihre Minister und die vielen Berater aus der Wissenschaft nicht allesamt darauf aus, auch ohne den Herrn Lindner „das Leben so schnell wie möglich zu normalisieren“.
Lindner mit seiner AfD-Light-Methode nutzt den Frust, die Enttäuschung und die Ängste vieler Bürger und gaukelt denen vor, er würde schon dafür sorgen, dass sie möglichst schnell wieder ins gelobte Land der Normalität aufbrechen können. Dabei hat er außer Floskeln nichts zu bieten. Beim naiven Wähler soll hängen bleiben: Die Regierung quält Euch, die Freien Demokraten aber wollen dafür sorgen, dass es Euch gut geht.
Apokalyptische Vorstellung: Wenn die Disziplin der Bürger nicht so lange hält, wie es medizinisch nötig ist, wenn immer mehr Menschen gegen Verzicht und Abschottung aufbegehren, wenn Dämme brechen und deshalb die Zahlen der Infizierten immer weiter steigen, wenn auch in Deutschland das Gesundheitssystem zusammenbricht und die Corona-Todesrate nach oben schnellt, dann hätte auch Christian Lindner dazu beigetragen. Aber der Oppositionspolitiker Lindner wird dann vielleicht fragen, was die Regierung mal wieder falsch gemacht habe. Eben: Methode AfD.
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Sehr geehrter Herr Lütgert,
Sie schreiben : „Als säßen in unserer Regierung welche, die mit teuflischer Freude den Menschen möglichst lange den Spaß am Leben nehmen wollen und als bräuchte unsere Gesellschaft die wackere FDP, die das verhindert.“. Ich bitte Sie mal auf den Bundesinnenminister Horst Seehofer zu schauen. Schon vor der Corona-Krise nutze er seine Position aus um gegen seine „Parteifreunde“ in Bayern zu arbeiten in dem er am Grenzübergang Salzburg Autobahn den härtesten Grenzübergang seit dem Vertrag von Schengen aufziehen ließ. Die gleichen Erfolge hätten auch Kontrollen im Hinterland gebracht. Doch diese wären von der bayrischen Polizei und nicht von der Bundespolizei erzielt worden. Nit seiner Aussage, dass er nach der Legislaturperiode kein weiteres oder neues Amt anstrebe entzieht er sich der demokratischen Kontrolle. Er ist kein Mitglied des Bundestages, sondern nur Bundesminister. Ohne einen Beschluss der CSU kann er nicht abgesetzt werden. Der Koalitionsvertrag schützt ihn und seine letzten politischen Freunde. Wenn er Probleme in der Koalition sieht meldet er sich nicht bei der Kanzlerin, sondern bei der CSU in München. Seehofer hat keine eigene (persönliche) E-Mail-Anschrift, kein social media, kein Wahlkreisbüro, keine eigene Internetseite. Es wartet auf das Ende der Koalition und geht dann ungestraft für seine Fehler nach hause in den Ruhestand. Es grüßt Sie Harald Hau
Diese Regierung hat uns durch völlige Ignoranz und Dummheit erst in diese Lage gebracht. Seit 40 Jahren wird das Gesundheitssystem von mafiösen Strukturen betrogen und das Alles mit dem Segen von Politikern, Krankenkassen, Pharma und Ärzteschaft. Das es jetzt überall klemmt geht auf diese Unfähigkeit für wichtige Dinge zurück.
Lieber Christoph Lütgert, danke für Ihre klaren kritischen Worte,
ich glaube, Lindner hat seinerzeit die Biege gemacht, weil er sich zu Recht den intellektuellen grünen Kompetenzen unterlegen fühlte. So viel seiner notorisch hohlen Schaumschlägerei – das zumindest ahnte er wohl – wäre blöd aufgefallen. Irgendwie sind jedoch Spahn und er ähnlich, zumindest, was ihren dumpfen Ehrgeiz betrifft: sie versuchen es immer wieder, Spahn allerdings wesentlich rigider, da müssen wir auch schön aufpassen!
Lieber Herr Lütgert,
Ihre Beurteilung zu Herrn Lindner möchte ich nicht ändern, auf ihn können wir gut verzichten, aber wie Sie auf diesen Satzteil kommen: „Als säßen in unserer Regierung welche, die mit teuflischer Freude den Menschen möglichst lange den Spaß am Leben nehmen wollen …“, das ist mir, wenn Sie die Konsequenzen bedenken, nicht ganz klar. Richtig ist, dass die bestimmt keine teuflische Freude empfinden, sie täten bestimmt lieber etwas anderes. Aber ausgeführt werden die Ausgangsbeschränkungen und alles, was dazu gehört, „unten“ an der Basis von Ordnungsämtern und Polizei. Wenn Sie sehen wollen, wie da die zur Zeit notwendigen(!) Regeln umgesetzt werden, sicher bisher nur Einzelfälle, aber erschreckend, diese Jagdlust und diese unverhältnismäßigen Strafen, die man beschönigend Bußen nennt, dann schauen Sie doch mal in die taz:
https://taz.de/Bussgelder-in-Corona-Krise/!5673463/
Und wer sich noch ein wenig mehr gruseln möchte, der klickt auf dieser Seite in der rechten Spalte mal auf Polizei oder Bußgeld.
Es sind insgesamt betrachtet sicher noch eher Einzelfälle, aber trotzdem wird mir schlecht, wenn ich an die Demokratie denke.
Wie können sich Menschen, die von Geburt an nur Demokratie erlebt haben, so entwickeln? Macht ist ein süßer Saft, aber ist er so süß? Wohlverstandene Macht hat sehr viel mit Verantwortung bezüglich des eigenen Handelns zu tun.
Apokalypse kann ich mir auch noch ganz anders vorstellen, als Sie in ihrem letzten Absatz beschreiben.
Der Staat, liebe BürgerInnen, ist handlungs- und durchsetzungsfähig, macht euch keine Sorgen. Das ist die Botschaft.
Doch!
Ich habe Sorgen, weil es bei aller Schwierigkeit der Lage „unten“ bei der Durchsetzung an der Verhältnismäßigkeit fehlt, nicht an Intelligenz, aber an der gemeinwohlorientierten Anwendung.
MfG